Mueller, Carin
Männerkörper wohl an ihren weichen Rundungen anfühlen würde … Sie seufzte und wollte sich jetzt wirklich von diesem Anblick losreißen, doch …
»Kathi, welch Glanz in meiner staubigen Hütte.« Giovanni hatte sie schließlich doch entdeckt und zog mit einem leicht ironischen Blick eine Braue hoch, setzte seine Arbeit aber ansonsten ungerührt fort.
»Ich sollte … äh … ich wollte … also, ja, dann … äh … Wiedersehen.«
»Ciao, war schön mit dir geplaudert zu haben.« Er polierte weiter.
»Ebenso.« Katia merkte, wie sie wieder wütend wurde. Was für ein arroganter Kerl, und sie stellte sich an wie ein hypnotisiertes Kaninchen vor der Schlange. Und wie ebenjenes dumme Nagetier war sie unfähig, sich einfach aus dem Staub zu machen.
»Streng genommen haben wir eigentlich gar nicht geredet.« Die Schlange Giovanni konnte offenbar noch 1a quatschen. »Hast du denn vielleicht irgendwas auf dem Herzen, Bellissima?«
»Ja! Nein! Ich …« Meine Güte, wo war ihre Eloquenz, wenn sie sie am nötigsten brauchte? Er hatte seine Arbeit beendet und fuhr prüfend und beinahe zärtlich mit einer Hand über die seidig-schimmernde Oberfläche des Tischs. Dann sah er sie spöttisch an, und sie brachte endgültig keine Silbe mehr heraus. Ihr schien, als würden sich seine dunklen Augen wie Laserstrahlen durch ihre Haut bohren. Solche Blicke gehörten eindeutig verboten! Und sie musste sich jetzt schleunigst zusammenreißen!! »Äh, ja also. Adrian und du, ihr habt doch gesagt, dass ich Bescheid geben soll, wenn sich Damianos wieder meldet. Und Adrian ist ja nicht da …«
»Und da hast du dich auf den ›primitiven italienischen Schreiner‹ besonnen, den du nicht ›mit der Kneifzange anfassen würdest, auch wenn er der letzte Mann auf diesem Planeten‹ wäre.« Giovannis Stimme triefte vor bitterem Sarkasmus. Waren das tatsächlich ihre Worte gewesen? Mist! Trotzdem – musste er ihr das jetzt so wenig charmant unter die Nase reiben? Schließlich hatte sie ihm nur klarmachen wollen, dass sie gute Freunde waren und sonst nichts.
»So ähnlich«, antwortete sie deshalb schnippisch. »Und du musst mir auch nicht helfen, wenn du nicht willst. Ich komme sehr gut alleine klar!«
»Dann ist’s ja gut.«
Katia drehte sich um, konnte sich dann aber doch nicht entschließen zu gehen. »Giovanni …«
»Ja?« Er kam auf sie zu, baute sich mit verschränkten Armen vor ihr auf und beobachtete ihr eindrucksvolles Mienenspiel, das in rascher Folge zwischen wütend, ratlos und hilflos wechselte.
Am liebsten hätte sie nämlich diesem selbstgefälligen Typen ordentlich eine reingehauen. Aber abgesehen davon, dass sie sich mit einem Gewaltausbruch endgültig lächerlich machen würde, hätte sie schon gerne seine Hilfe bei ihrem Damianos-Problem. Und auch sonst … Es war verhext, sie konnte bei dieser Hitze keinen klaren Gedanken fassen, und dass Giovanni jetzt immer näher kam und sie buchstäblich in die Ecke drängte, machte das Denken auch nicht gerade einfacher.
»Was ist los, Kathi? Spuck’s aus.« Er hatte seine Hände rechts und links von ihr an die Wand gelegt und sah sie mit einem leichten Lächeln an.
»Nenn mich nicht immer Kathi!« Sie versuchte vergeblich, sich aus dem Armgefängnis zu befreien.
»Macht der Gewohnheit. Ich sage Kathi zu dir, seit du vor über dreißig Jahren mit meiner kleinen Schwester durch den Sandkasten gekrochen bist.«
»Seitdem hat sich aber eine Menge geändert, und ich habe nichts mehr mit dem naiven Mädchen von damals gemeinsam.«
»Das ist wirklich jammerschade, denn die kleine Kathi war viel netter als die verwöhnte, überhebliche Katia von heute.« Ihre Handtasche rutschte im Zeitlupentempo von ihrer Schulter, und sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können. »Aber wenn ich dich jetzt so sehe«, fuhr er fort, »erinnerst du mich doch wieder an Kathi Fuchs aus München. Mit den lustigen Sommersprossen«, er strich ihr mit einem rauen Daumen zart über die Wange, »und den wirren Locken …« Sie atmete schwer und merkte, wie ihre Widerstandskräfte merklich schwanden. Sie war schließlich auch nur ein Mensch. Und ein Mensch, der in den letzten Monaten nicht allzu viel Positives erlebt hatte – von Komplimenten oder Zärtlichkeiten ganz zu schweigen. Sie schloss die Augen. Ihr war jetzt alles egal. Sie würde sich von ihm küssen lassen und dann vielleicht auf dem frisch polierten Tisch … O Gott, er roch so verdammt männlich. Was
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