Mueller, Carin
Italien hätte fahren können. Katia gab sich für alles die Schuld – schließlich waren es doch ihr Hund, ihr blöder toter Ehemann, der das verdammte Halsband gekauft hatte, ihr bösartiger Stiefsohn und sein komplett vertrottelter Assistent gewesen, die so viel Elend über die Menschen gebracht hatten, die ihr am nächsten standen. Doch von denen machte ihr keiner Vorhaltungen, das übernahm sie ganz alleine. Nicht einmal Antonella hatte irgendetwas dazu gesagt.
Und was auch? Hugo würde es auch nicht mehr lebendig machen. Antonella war untröstlich und konnte es selbst kaum fassen, wie sehr sie den kleinen Mops vermisste. Ursprünglich hatte sie ihn ja nicht mal ausstehen können, doch in den letzten Monaten war er ihr sehr ans Herz gewachsen, und jetzt fehlten ihr sein asthmatisches Geschnaufe, seine schlechte Laune, seine fröhlichen Spiele mit Elisa und überhaupt seine ganze Anwesenheit ganz enorm. Und es brach ihr schier das Herz, wenn sie mit ansehen musste, wie unglücklich Elisa nach ihrem geliebten »Udo« suchte. Die Kleine konnte einfach nicht verstehen, warum ihr pelziger Freund nicht mehr an ihrer Seite war. Als sie sich schließlich dazu durchringen konnte, Georgia in New York anzurufen, um ihr die schlimme Nachricht mitzuteilen, erfuhr sie von Tim, dass seine Frau gerade wieder in Hamburg war, weil ihr Vater einen Herzinfarkt erlitten hatte. 4
Georgia war natürlich ebenso erschüttert, versprach aber, sofort zu kommen, wenn es eine Beerdigung geben sollte. Adrian hatte nämlich Hugo in einem Tierkrematorium einäschern lassen, und jetzt überlegten sie, was sie mit der Asche anfangen sollten.
»Giovanni kann doch einen kleinen Schrein bauen, und dann stellen wir die Urne ins Loft neben einem Foto von ihm. So ist er immer in unserer Nähe«, schlug Jenny vor.
»Also ich finde, dass wir ihn zuhause im Vorgarten neben Frodo beerdigen sollten«, meinte Katia, »und nächstes Jahr pflanzen wir einen Rosenstrauch darüber.«
»Oder wir verstreuen die Asche im Park, wo er am liebsten rumgelaufen ist.« Das war Giovannis Idee.
Doch Antonella hatte andere Pläne. Sie beorderte Freunde und Familie für den nächsten Sonntagnachmittag zum Haupteingang des Frankfurter Hauptfriedhofs. Um kurz nach vier war der ganze Trupp – inklusive einer sehr blassen und schmalen Georgia – versammelt. Es dämmerte bereits leicht, aber da es der Tag vor Allerheiligen war, brannten fast überall flackernde Grablichter.
»Möchtest du uns jetzt vielleicht mitteilen, was du vorhast?«, fragte Giovanni leicht irritiert.
»Ich möchte, dass Hugo neben seiner geliebten ersten Besitzerin seine letzte Ruhe findet, und ich bin mir ganz sicher, dass Tante Elsa sich das auch gewünscht hätte. Deshalb sind wir heute hier!«
»Das ist aber ganz schön gruselig«, sagte Jenny scheu, als sie sich alle auf den Weg zu Elsa Frieds Grab machten. Nebel zog auf.
»Ich finde es unglaublich romantisch«, stellte Georgia fest und kämpfte schwer mit den Tränen.
»Und es ist vor allem verdammt illegal«, murmelte Adrian. »Schon mal was von Störung der Totenruhe gehört?«
Doch Antonella ließ sich nicht beirren. Am Grab ihrer Großtante angekommen, zog sie aus dem Buggy eine Schaufel hervor und buddelte ein kleines Loch in die dunkle Erde. Dann nahm sie die kleine emaillierte Dose aus ihrer Handtasche und setzte sie in die Kuhle. »Wir sind hier, weil wir uns von einem ganz besonderen Wesen verabschieden wollen«, begann sie mit trauriger, aber fester Stimme. »Hugo war ein Hund, der viele Besonderheiten hatte. Einige waren nicht so schön, andere sogar ausgesprochen unerfreulich, aber in der Hauptsache ist es ihm doch gelungen, viele, sehr unterschiedliche Menschen sehr glücklich zu machen. Seine erste Besitzerin, Tante Elsa, hat ihn mehr geliebt als den Rest ihrer Familie – was wirklich nicht für uns spricht. Dann hat er Georgia aus einer schweren Krise geholfen und ihr im Grunde den Weg in ihr neues Leben geebnet. Weißt du noch, sein Auftritt beim Eishockey?« Georgia hatte damals darauf bestanden, den Hund mit in die Eishalle zu schmuggeln. Der Mops war ausgebüxt, und bei der Suche nach ihm hatten sie Tim kennengelernt. »Er war ein echter Mopsillon d’Amour.«
»Wie könnte ich das jemals vergessen?« Georgia tupfte sich die Tränen von der Wange.
»Für Elisa war er bester Freund, geliebtes Schmusetier und einzig wirklich kompetenter Tröster«, sprach Antonella weiter. »Und für mich?« Jetzt wurde ihre Stimme
Weitere Kostenlose Bücher