Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
Vom Netzwerk:
einer Tomate: In jedem Lebewesen steckt die Information übers Erbgut in der DNS . Die sieht aus, das wissen Sie, wie eine Doppelhelix, ganz verdreht. Und da drauf und drin sitzen ganz klein und von blossem Auge unsichtbar diese Informationen, die alles beinhalten: Beim Müller wäre das, dass er gern Kaffee mag, gerne liest, eigentlich gerne schläft, nicht sooo kontaktfreudig ist, aber neugierig, und 182   Zentimeter gross ist und dunkelbraunes Haar hat, das sich in den letzten Jahren ziemlich ausgedünnt hat. Das alles und viel mehr weiss die DNS quasi als Festplatte des Lebens. Aber die einzelnen Teile davon sind ganz klein und nicht so farbig wie auf den Modellen. Das sieht man natürlich nicht mit blossem Auge. Darum braucht Hofstetter das Supermikroskop. Und er hat auch eine dieser japanischen Hightech- DNS -Schablonen: Die legt er an das Fleischstück, das er analysieren will, schaut sich das ganz genau an, beschiesst es mit einem konvexen Laserstrahl aus dem Ionenspektroskop, und nach einer Weile erscheinen im Display in Kurvenform und durch Zahlen- und Buchstabenkombinationen ausgedrückt die Informationen, die sagen, wie das Schwein ausgesehen hat, aus dem der Rollschinken hergestellt wurde, und was es zuletzt gegessen hat. Erwin Hofstetter tut das, und er erfährt, was er wissen will. Das geht recht schnell, weil als früher Anwender dieser Technik hat er sehr viel Übung mit der japanischen Hightech- DNS -Schablone. Es ist wie mit allem: Wenn man es einmal intus hat und sich immer weiterbildet, dann kann eigentlich nicht mehr viel anbrennen. Unterdessen macht sein Kollege Robert Kuhn im Nebenraum die toxikologische Analyse. Die Polizei macht keine halben Sachen, wir wollen immer allem auf den Grund gehen. Und Bucher Manfred, dem Müller sein Freund, wertet in der Zwischenzeit in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten von einem besonderen Dienst in Bern (der darf hier namentlich nicht genannt werden) die Fotos vom Tatort aus. Das ist recht schwierig, weil man ja am besagten Rollschinken mit blossem Auge keine Spuren erkannt hat, aber im Detail sind bei der Polizei, versteht sich, etliche hochauflösende Hilfsmittel und Werkzeuge und wissenschaftliche Geräte im Einsatz. So ein Ding wächst nicht einfach aus dem Boden. Die Täterschaft muss es an seinen Auffindungsort verfrachtet haben. Wie?
    Die Systematik der Polizeiarbeit ist so bestechend, dass wir alle ahnen: Das Verbrechen mag sich vorübergehend in Sicherheit wähnen, es hat jedoch längerfristig keine Chance. Es wird garantiert gefasst und der Justiz zugeführt werden. Der oder die noch unbekannten Schweinemörder wird beziehungsweise werden sich nicht mehr lange der Freude über ihr leidbringendes Handwerk hingeben können. Die Analysen im Grossen Polizeihaus sind im Gang.
    Und der Müller? Ist in Oberlunkhofen geblieben, um die leere Stelle in der hintersten Ecke des Schweinestalls zu sichern. Eine Leerstelle bewachen! Was nicht alles zur Polizeiarbeit dazugehört. Ist ehrlich gesagt nicht interessant: stundenlang aufmerksam sein, nichts passiert, unsichtbar bleiben und doch in nächster Nähe, um sofort einzuschreiten, falls nötig.
    Weswegen könnte das hier nötig sein?
    Wer könnte den Ort des abtransportierten Fleischstücks aufsuchen wollen?
    Das weiss der Müller noch nicht. Hat sein Telefon auf lautlos gestellt. Falls jemand anruft, es würde nur in seiner Hosentasche vibrieren. Ein Rest Räucherfleischgeruch hängt noch im Stall. Wie lange kann dieses Warten dauern? Antwort ungewiss. Was tust du, wenn du dich nicht ablenken darfst, aber unbestimmt viel Zeit totschlagen musst? Der Müller denkt nach. Spekuliert zuerst über ein Täterraster, pflügt sich darauf geistig durch das U-Bewusste aller potenziellen Täter, er treibt sie zuerst physisch, dann mental, dann auch psychologisch in die Enge, bis sie reif sind. Der Müller hat ein untrügliches Gespür für die menschlichen Schwächen. Auch wenn er sich in dieser Geschichte bisher häufig getäuscht hat und er zudem reduziert ist, hat er das Grundvertrauen in seine Polizeifähigkeiten nicht verloren. Ich meine: Die Idee vom Safran und dem Dylanologen war absurd, herbeiphantasiert, das stimmt schon, aber so ist es manchmal: Man wandelt nicht immer auf der direkten Gerade von A nach B, genau genommen ist es meist viel komplizierter.
    Als Polizist musst du auch warten können. Das ist ein bisschen wie Zen. Wenn scheinbar nichts passiert, nur Gedanken.
    Und der Müller ist in Gedanken. Er

Weitere Kostenlose Bücher