Mueller und die Schweinerei
ein Verdacht.
»Weiterverfolgen«, sagt der stellvertretende Staatsanwalt, »gute Arbeit«, sagt er zu den Polizisten. Dann grinst er. Weil auch im öffentlichen Dienst Bonuszahlungen und Ruhm möglich. Die Polizei wird nämlich den Verdacht erhärten und der Staatsanwaltschaft kistenweise geordnete Dokumente in den Flur stellen, damit die Anklage nur so knallt. Sie hat den Vorteil, dass Walter Hauenstein, wohl nicht nur Mitinhaber der »International Gastro Finance SA « mit Sitz auf Blue Rock Island, bereits in Florida einen orangefarbenen Overall trägt. Schweiz wird also ein Rechtshilfegesuch an USA stellen und ein Auslieferungsbegehren. Müller ist froh, dass diesmal nicht er mit den USA verhandeln muss.
»Über Paul Meierhans haben wir herausgefunden: Er hat vor vier Tagen auffällig viele Lieferantenrechnungen bar bezahlt. Die Geschichte mit den 50’000 Franken fürs Giftattentat dürfte also stimmen«, sagt Buljubasic.
»Fragt sich, in wessen Auftrag Paul Meierhans das Gift in den Bohneneintopf getan hat«, sagt der Müller.
»Im Auftrag der ›International Gastro Finance AG ‹, hat er doch vorgestern ausgesagt«, sagt Peter Wunderli.
»Richtig, aber das müssen wir noch überprüfen«, sagt der Müller. Beim Wort »Wir« überläuft Bucher Manfred und Wunderli ein warmer Schauer. Kein »Das muss noch überprüft werden« oder »muss man noch«. Er hat wir gesagt. Der Müller hat es nicht einmal bemerkt, war automatisch. Und auch Baumgartner und Buljubasic blicken von ihrem Stapel ausgedruckter Printscreens und zusammengepuzzelter Datenfragmente auf. Gehört er wieder ganz und voll zur Polizei?
»Warum sollte sich eine internationale Finanzgesellschaft ausgerechnet Paul Meierhans ausgucken, um einen eigenen Mann, Joachim Scharpf, auszuschalten?«, sagt der Müller, und Bucher Manfred steht auf. Ist ein Signal: Wir wissen, was zu tun ist.
Der stellvertretende Staatsanwalt, heisst, ich bin ziemlich sicher, tatsächlich Vogt, packt seine Papiere zusammen, ermuntert die Mannschaft mit einem Blick, leert seine dickwandige Tasse, er besteht auf echte Tassen, verachtet die Pappbecher, aber auch die Tasse ist kalt geworden, und er sagt: »Sehr gut, meine Herren, ich danke Ihnen.«
Alle ab aus Sitzungszimmer 203 und der Müller und Bucher Manfred zwei Stockwerke hoch zum Verhörzimmer 419. Weiermann treibt mit seinem Atem Paul Meierhans vor sich her. Ist immerhin umgezogen und geduscht, der Wirt, obwohl sein Gesicht schon wieder schweissnass glänzt.
»Zehn Uhr fünfundvierzig, Vernehmungsraum 419, Befragung Paul Meierhans, Wirt. Anwesend: Müller Benedikt, Bucher Manfred, Weiermann Gustav, Meierhans Paul, Rechtsanwalt Dr. Burkhalter.« Das sagt der Müller ins Mikrofon.
Ziel des Gesprächs: Herausfinden, ob wirklich die »International Gastro Finance AG « den Auftrag für den Giftanschlag gegeben hat.
Im Raum 419 surrt, weiss nicht genau, eine fette schwarze Stubenfliege in völlig ageometrischen Figuren von Wand zu Wand, von Nase zu Wange, vom geschlossenen Oberlicht zum Plastikbecher mit dem Mineralwasser. Sie setzt sich auf Meierhans’ Hand, auf Bucher Manfreds Ohrläppchen, auf Weiermanns Hauthorn auf der Stirn, auf den Nacken des Wirts, von Müllers Oberlippe trinkt sie Schweiss. Das Tier scheint die Polizei und den Beschuldigten miteinander verweben zu wollen. Es stellt u-bewusst eine Verbindung zwischen den Parteien her in diesem ungleichen Ringen um die Wahrheitsfindung.
Der Müller holt ein Blatt hervor und legt es vor Paul Meierhans auf den Tisch. Da steht Folgendes:
»Ich, Paul Meierhans, gestehe, dass ich mich am 3. August um einundzwanzig Uhr dreissig in die Küche des biologischen Restaurants Sumatra an der Josefstrasse geschlichen habe. Unter dem Jackett, das ich mir speziell dafür beschafft hatte, trug ich eine Ampulle . * Ich schüttete sie in die erstbeste Pfanne, die ich auf dem Herd stehen sah. Es handelte sich um einen rotbraunen Bohneneintopf. Ich beging die Tat aus folgendem Motiv: Der Besitzer des Sumatra will seit längerer Zeit mein Lokal übernehmen, dessen Pachtvertrag auf Ende September ausläuft. Ich hoffte, ihm mit dem vergifteten Bohneneintopf zu schaden. Wären Gäste wegen seiner Speisen zu Schaden gekommen, hätte ihm das öffentliche Aufsehen finanziell geschadet, sodass er auf die Übernahme meines Pachtvertrages hätte verzichten müssen. Mehrmals suchte ich das Gespräch mit ihm. Er hat mich immer
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