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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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jetzt noch), die Stimme ging einfach hinein, weil meist nicht abgeschlossen, weil Johnny oder Angelica manchmal keinen Schlüssel zur Hand hatten oder verloren. Die offene Tür war nicht so schlimm, weil wer hätte hier etwas stehlen wollen. Und die Stimme ging einfach hinein. Bisschen schauen, bisschen unverfroren, bisschen indiskret. Und was liegt da auf dem Tisch, im Büro von Johnny? Papiere. Papiere von Presswerk im Osten. Damals gerade Ukraine. Vor fünf Jahren ungefähr. Und die Stimme weiss: Johnny ist ab und zu dort. Fährt mit dem Auto. Der Kofferraum ist voll, wenn er zurückkommt. Aber nimmt keine Hilfe beim Ausladen an. Und auf dem Tisch, im Büro von Johnny, liegen auch Kontoauszüge. Er stellt fest: Das Geld der Veranstalter, das bei Johnny ankommt, ist nicht das, was die Musiker meinen, ist die Gage fürs Konzert. Die Stimme stellt fest: Das sind völlig andere Zahlen. Ist nicht sauber. Stimmt nicht mit den zwanzig Prozent überein, die Johnny zustehen. Die achtzig Prozent für die Band wären anders. Sie wären höher. Und die Stimme addiert: eins + eins = Betrug! Und das Presswerk im Osten reimt er sich auch zusammen mit dem vollen Kofferraum und den Dokumenten auf dem Bürotisch. Und trotz Freundschaft und eigentlich ein bisschen Herz für Angelica stellt die Stimme fest: Brauche auch Geld, weil Lebensstil. Ist wie Bingo. Und hat, obwohl Oberarmmonster Goran Krstic und andere Spitfire -Mitglieder nicht eben immer so gaaaanz zufrieden mit ihm, den Sängerplatz von Spitfire erpresst – und garantiert. Solange die Band existiert, wird die Stimme der Sänger bleiben. Johnny kann nicht anders. Und wenn es in der Konstellation kriselt, läuft dieses Szenario ab: Die Stimme macht Druck auf Johnny Maurer macht Motivierungsarbeit hinsichtlich Goran Krstic schürt Begeisterung der übrigen Bandmitglieder. Weil Goran ist das Mastermind, seit Sandra Molinari von der Band Spitfire weg ist. Und das war 1999.
    Merke: Geld tötet Freundschaft. Manchmal.
    Und so kam es, dass die Stimme Rockmanager Johnny Maurer erpresst. Die Stimme ist nicht dumm. Hat damals alle Dokumente fotografiert. Gab schon diese gestochen scharfen Digitalkameras mit vielen Pixeln. Und alles irgendwo auf externem Server parkiert, die Stimme weiss, wo, Johnny Maurer nicht. Darum kam Johnny Maurer nie auf die Idee, die Stimme abzumurksen. Weil wenn, dann grosser Erklärungsbedarf. Nicht nur gegenüber Spitfire und den anderen Schwarzgepressten aus dem In- und Ausland, sondern auch: Verwertungsgesellschaft «Suisa», Steueramt, Polizei. Angelica weiss von den Ungereimtheiten in Johnnys Geschäftsleben nichts. Darauf hat Johnny geachtet, weil der Unterhalt prozentual gekoppelt ist an seine offiziellen Einnahmen: Wenn er zum Krösus wird, muss er mehr bezahlen. Johnny ist also auf dem Papier ein armer Schlucker; inoffiziell jedoch ein ziemlicher Krösus. War ein reicher König in Kleinasien anno dazumal.
    Also Johnny befindet sich völlig im Schraubstock eingespannt. Bezahlt und bezahlt und rudert und rudert und blutet.
    Aber diese Hintergründe sind dem Müller zurzeit noch nicht bekannt. Eine Frage der Zeit, bis die Polizei sie der Reihe nach herausfindet. Und sie wird sie herausfinden. Weiss nicht, wann. Jetzt gerade nicht, weil der Müller schläft. Es ist auch spät. Nacht. Und im Schulhaus gegenüber ist Ruhe, egal, ob nun Ferien sind oder nicht. Die Fenster beim Müller stehen jetzt offen, weil nach Mitternacht jetzt endlich eine Spur lauer. Die Glutofenhitze verdampft nach oben ins Weltall. Darum schläft er. Jetzt kein böser Traum.

Mittwoch
    Was war das für ein wilder Dienstag gewesen. Und pünktlich um Mitternacht beginnt der liebe Mittwoch. Man merkt ja, ehrlich gesagt, eigentlich gar nichts, ob jetzt Dienstag ist oder Mittwoch oder, sagen wir ganz verwegen: Freitag. Und kurz vor Mitternacht lag der Müller müde im Bett. Licht gelöscht. Das Fenster offen. Die verhältnismässig niedrige Kühle kam herein. Die Schulkinder von vis-à-vis würden erst in acht Stunden und einigen Wochen wieder eklig glücklich jauchzen, und er schlief sofort wie ein Stein. Obwohl, wie schläft ein Stein? Und schlafen Granit, Gneis und Verrucano gleich?
    Lassen wir das, müssen ja nicht alles hier beantworten, sondern eigentlich nur eine Sache: Wer tötete Sandra Molinari, so sie denn wirklich ermordet wurde? Autopsie-Ergebnisse wohl heute.
    Wer tötete die Tote in der Limmat?
    Aber der Müller, ein Klasse-Spürhund, der Müller, hat fast weibliche

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