Mueller und die Tote in der Limmat
écrit?» und «Merci encore une fois, je te tiendrai au courant». Was bedeutet: «Du schreibst mir einen Rapport, ich stehe zum Informationsaustausch zur Verfügung.»
Und der Müller zeigt ein grosses Fragezeichen im Gesicht.
Hört Namen, die wir schon wissen. Schau an, schau an, Sebastian Fuhrer am Steuer und im Auto und in der Schlucht. Jetzt tot. Und der Müller erinnert sich an den vierschrötigen Kleiderschrank und dessen Prügelfäuste bei der Post 8036 Zürich-Wiedikon. Und im Müller nagt es, dass er da vielleicht (?) ziemlich (?) überreagiert (?) hat, als er Sebastian an die Mauer gestellt und bodysearched hat. Der ist vielleicht Opfer und nicht Täter?
Hypothese und Gegenhypothese und sobald Synthese, schnappen die Handschellen zu und fertig lustig. Dialektisches Prinzip.
Sie besprechen das jetzt zu zweit, der Müller und Bucher. Das heisst «Vier-Augen-Prinzip». Weil nur vier Augen dabei und kein anderer hört und sieht und spioniert und erfährt auch nur irgendetwas. Amtsgeheimnis. Darum ist es gut, jetzt nicht im Restaurant zu sein, auch nicht im biologischen Restaurant «Sumatra», weil Vertraulichkeit gewährleistet sein muss. Und Vier-Augen-Prinzip hier brandnötig, weil alles ist noch Ermittlung, nichts gesichert, alles im Fluss und Hypothese. Da hast du schnell eine Klage am Hals.
Und der Müller Benedikt hört die Namen – Gabathuler, Krstic, O’Toole, Meyer, Sollberger, eben Fuhrer – und ihm fällt gleich auf, dass die Zahl nicht stimmt. Denn wo sechs Rock ’n’ Roller versammelt sind, wovon ein Tontechniker und ein Fahrer, da müsste ein Sänger sein mitten unter ihnen.
Aber ist nicht.
Was ist mit ihm? Was ist mit Mark Huber?
Und deshalb kommt jetzt endlich das Gespräch auf Mark Huber, wohnhaft in der Elisabethenstrasse. Sie erinnern sich an das Türschild «Molinari, Huber, Krstic». Mark Huber = Sänger Spitfire , einst (?) tatsächlich oder angeblich oder vielleicht mutmasslich Sandra-Molinari-Liebhaber. Klar ist: Er war nicht im Auto. Nicht tot in der Schlucht. Keine DNA aufgespürt von lieben Kollegen von Kantonspolizei und Police cantonale. Keine lose Doppelhelix irgendwo in der zerquetschten und ausgebrannten Bandbusruine.
Folgerung: Mark Huber, wo war er? Wo ist er? Schnell ermitteln. Jetzt vielleicht schon Fahndung?
«Wir haben kaum Leute zur Verfügung», sagt Manfred. «Ferienzeit», und (so sinngemäss weiter) darum jetzt mehr Zürcher Polizei am Mittelmeer als in der strebsamen Stadt am Seebecken und Uetliberg. «Aber ich kann es den Streifenwagen ja mal sagen. Ja, ich sag es ihnen jetzt gleich.» Und ruft an und sagt’s, und die Streifenwagen sagen: «Wir schauen, falls wir ihn sehen. Dann bringen wir ihn rein.» Und Manfred Bucher sagt: «Danke», und drückt auf das rote Telefönchen.
Und zum Müller sagt der Bucher jetzt: «Ich schaue, was ich tun kann. Ob der Chef eine richtige Fahndung bewilligt. Du kennst ja den Dienstweg. Der dauert. Und die meisten Kollegen sind wirklich in den Ferien. Und die anderen haben Überstunden bis zum Abwinken. Die Sozialdemokraten kontrollieren das Polizeibudget genau.»
Er seufzt sorgenvoll und sagt zum Müller noch: «Und du wartest jetzt, bis ich weiss, was der Dienstweg entscheidet.»
Bucher steht langsam auf vom Küchentisch, wo die Gemüsevertilgung erfolgreich absolviert worden ist.
Und der Müller sagt zum Freund und Polizisten: «Danke. Du meldest dich, wenn du mehr weisst?» So als ob er nicht vom Dienst befreit wäre.
«Ja, aber du tust jetzt nichts», sagt der Freund und geht, weil die Arbeit ruft. Und selbst wir bei der Polizei müssen unsere Arbeit einer bestimmten Fall-Nummer zuordnen, sonst jammert das Controlling, und zwar nicht zu knapp.
Müller Beni bleibt allein in der Küche, merkt jetzt, dass er noch immer nackt ist. Und Bucher Manfred hat weder ein Wort noch einen Blick darüber verloren. Wir sehen: Dieser hat zu heiss, jener ist mit dem Kopf zwar schon beim zu ermittelnden Verbrechen, hingegen doch sehr stark, wir müssen’s eingestehen, obwohl es kein optimales Licht auf die Polizeimethoden von Zürich wirft: geistig etwas in den Ferien. Aber bei Bucher Manfred drücken wir gerne ein Auge zu. Wo die Liebe hinfällt, ist kein Kraut mehr gewachsen. Das ist etwas Schönes, wie der Frühling, der immer wieder zu uns herkommt, nach der Festnahme und Verurteilung des Winters.
Und Bucher Manfred – wieder auf der Strasse – greift jetzt zum Mobiltelefon und ruft Hamburg an, genauer gesagt, Dr.
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