Mueller und die Tote in der Limmat
Molinari, bergen die grünen Fluten leider ein trauriges Geheimnis.
Sie alle, Bürger und Vereidigte, Privatleute und Amtspersonen, merken: Hey, da geht etwas vor. Und nur wer’s wissen soll, weiss was.
Die Fahndung nach dem Sänger Mark Huber läuft.
Frage/Vorwurf/Kritik: Hat sich der Müller und die Polizei jetzt zu früh auf einen Täter verengt? Und auf seine Personalien? Gut, aber muss man schon sehen: Meist tummelt sich der Täter in unmittelbar nahem Umfeld vom Opfer. Entweder Onkel, Vater, Sohn, Geliebte, verschmähte Nachbarin und so. Die Nahen sind oft die Bösen, statistisch gesehen. Das weiss der Müller, er kennt das. Die Polizei auch.
Bucher Manfred war heute Morgen eindeutig zum Müller: «Du tust jetzt nichts.» Aber der kann das nicht. Was hilft ihm jetzt, um die Zeit niederzumachen? Ein Gang in die Clearingzentrale von Franz Schubert.
Müssen wir schon erzählen, weil Franz Schubert ist neben Polizeimann Bucher Manfred dem Müller sein zweiter und auch bester Freund. Und hättest du auch der Freunde wie Sand am Meer, damit ginge nur Lug einher (frei nach Falco de la Motte-Radis). Zwei reichen. Oder neuerdings drei. Wenn man Christoph Weiss, den Neuzugang aus dem ehemaligen Stahlgebiet dort draussen in Deutschland, mitzählt. Also, ab in die Clearingzentrale, Bäckerstrasse 40. Auch im magischen Triangel Helvetiaplatz-Stauffacher-Schmiede Wiedikon. Da drin kann sich ein ganzes Leben abspielen. Bei Franz Schubert und neuerdings auch seinem Compagnon Christoph Weiss aus Deutschland von «Bretzeli.ch» verbringt der Müller im Büro gerne Zeit. Das gibt ihm eine feste Tagesstruktur. Braucht er. Wenn er sonst nirgends hin kann, in der «Internationalen Clearingzentrale» ist er willkommen. Gegründet vor fünfzehn Jahren, höchst erfolgreich. Franz Schubert, der eine kaufmännische Grösse ist neben seiner Körpergrösse von 193 Zentimetern. Und Franz Schubert sitzt hinter Papierbergen und cleart noch stundenweise nostalgisch Auftrag um Auftrag am Computerbildschirm, obzwar mindestens achtundfünfzig Stunden pro Woche er sonst international vernetzte Clearingkonzepte und –strategien mit Partnern auf mehreren Kontinenten und in allen Branchen, die man sich nur vorstellen kann, erarbeitet – auch dank der Marktpertinenz des «ShooToo» (das «Schubert-Tool»). Und CEO Schubert hat Müller angelernt, sind Freunde seit dem Pleistozän und mögen sich wortlos, das heisst grosse Ruhe, fast himmlische Stille, wenn auch der Müller in der «Internationalen Clearingzentrale» am Clearen ist. Er macht das nicht so schnell und sicher wie der andere und seine vierzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber Fragen kostet nichts, und Franz (wenn wir ihn so nennen wollen, wie Müller ihn nennt, aber Franz nennt Müller Müller, obwohl Müller ja Benedikt heisst, aber die Verwendung des Familiennamens deutet auf Bekanntschaftsschliessung zur Schulzeit, und so ist es auch wirklich) antwortet immer auf seine Fragen.
Und der Müller prozediert gerade hobbymässig einen kniffligen Clearingprozess. Achtung, ich erkläre es: Singapur, besonders komplex, diese ostasiatischen Clearing-Daten. Haben ein ganz anderes System. Ein Algorithmus zum Abwinken radikal. Ist noch dieses System von diesem australisch-amerikanischen Doppelbürger, ich weiss den Namen gerade nicht. Aber wenn man das weiss und das «ShooToo» zu Hilfe nimmt, genau gesagt: die ganze Sache, all diese verflixt vertrackten Daten durchs «ShooToo» jagt, klappt das problemlos, und du bekommst ein sauberes, korrektes Produkt. Das übermittelst du dem Transmitter, der die Konfiguration abschliesst. Der finale Filter (im Jargon: «FiFi»), auch eine Entwicklung von Franz Schubert, macht das dann fertig.
Singapur, sagte ich, bedeutet also besonders komplexe Datenkonstellationen und umfangreichste Zahlenreihen. Und Clearing bedeutet überhaupt: Harmonisierung. Das kommt zuallererst. Aber du musst wissen, wie. Und wenn du das weisst, werden die Kürzel von unverständlichen Zahlen- und Buchstabenreihen inklusive Leerschläge und Gedankenstriche und andere stöchiometrische Zeichen fast wie Kalligrafie. Nur sind sie nicht nur schön, sondern auch ökonomisch wichtig. Das macht Umsatz, du siehst die Rauchzeichen rund um den Globus. So ist das eben beim Clearen. Aber ist trotz des Riesenbusinesses immer bescheiden geblieben und unauffällig. Das ist eben Zürich. Hier bist du wer, du protzt nicht. Und wenn ich vorher sagte «Singapur», merkst du schon die
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