Muenchen - eine Stadt in Biographien
und die Trends. Hier sind die Redaktionen der Mode-, Politik-, Herz- und Schmerzmagazine untergebracht: »Bunte«, »Focus«, »Cosmopolitan« und andere. In der Mittagspause hetzen dynamische Gestalten mit angespannten Gesichtern zum Supermarkt, um sich einen Magerjoghurt zum Lunch zu holen. Vor dem Hypobank-Glaspalast stehen ein paar bleiche junge Männer im dunklen Anzug und ziehen, um den Stress zu lindern, an ihren Zigaretten.
Im Arabellapark gibt es einen Rosenkavalierplatz, eine Arabella-, Elektra- und eine Daphnestraße. Ob der Komponist der gleichnamigen Opern hier gern herumspaziert wäre? Als er starb – von manchem wurde ihm naserümpfend nachgerufen, er sei »der letzte Spätromantiker« gewesen –, waren die inzwischen rührend altmodisch anmutenden Hochhäuser der Parkstadt Bogenhausen noch lange nicht gebaut, da konnte man hier durch Schafwiesen streifen und Kornblumen und Klatschmohn am Wegesrand pflücken. Park war hier eigentlich nie, klingt aber gut.
Richard Strauss, ein Wunderkind, einer, der sein produktives Leben lang, bei allem künstlerischen Tun, Glück hatte und mit Erfolg – auch finanziellem – belohnt wurde. Natürlich war er fleißig wie alle großen Künstler, denen dennoch oft der Erfolg versagt war. Existenzsorgen, Schaffenskrisen, Jahre des Darbens, des lähmenden Zweifels und der Unsicherheit hat es bei ihm nie gegeben. Der Vater
Franz
war erster Hornist am Hoforchester und Akademieprofessor, ein kantiger, unbequemer Mann, der keinen Hehl daraus machte, dass er Richard Wagner verabscheute. Die Mutter
Josephine,
Sprössling der schwerreichen Münchner Bierbrauerdynastie Pschorr, garantierte finanzielle Unabhängigkeit.
Der hochbegabte Richard lernte früh Klavier, dann Geige, mit sechs komponierte er die ersten kleinen Stücke. Der Junge war ein Sonnenschein, hübsch und charmant, von allen geliebt und hofiert. In einem Brief schrieb der Vater: »Ich bitte den lieben Gott alle Tage, dass er uns an unsern Kindern das Unglück nicht erfahren lasse. Denn das Einzige, was im Leben Stich hält, ist eine solide, gesunde Erziehung, welche auf einer liebevollen Strenge ruht.«
Das war der Boden, auf dem sich das außerordentliche Talent des Sohnes ungestört entwickeln konnte, bald entstanden größere Kompositionsstücke, ein Streichquartett und zwei Symphonien. Sein offizielles Opus 1 komponierte er im Alter von 12 Jahren, einen Festmarsch für großes Orchester. Das Gymnasium schaffte er spielend, nach dem Abitur studierte er Geschichte und Philosophie. Doch spürte er rasch, dass es allein die Musik sein würde, der er sich mit Haut und Haar widmen wollte und sollte.
AUF DEM WEG ZUM WELTRUHM
Während einer Künstlerreise nach Berlin und Dresden lernte er den Dirigenten
Hans von Bülow
kennen, der erkannte das künstlerische Potenzial, das in dem jungen Münchner steckte, und holte ihn als Kapellmeister an den Meininger Hof. Die neue Umgebung, die Bekanntschaft mit
Johannes Brahms, Franz Liszt
und
Gustav Mahler,
der Einfluss der Wagnerianer, waren für seine musikalische Orientierung in den folgenden Jahren prägend. Man traute Strauss zu, als Komponist von Musikdramen die Nachfolge
Richard Wagners
anzutreten – und ließ ihn machen.
Und er machte. Zuerst noch ein wenig schüchtern, mit drei Tondichtungen, einsätzig programmatische Orchesterwerke, dann wagte er sich an seine erste Oper, »Guntram«, eine selbstgedichtete Rittergeschichte, ganz im Stil des großen Meisters. Dessen Frau
Cosima
betrachtete den jungen Mann, der eine Art Praktikum bei den Festspielen in Bayreuth absolvierte, mit Wohlwollen. Strauss leitete fünf »Tannhäuser«-Aufführungen und konnte seine spätere Ehefrau, die Sängerin
Pauline de Ahna,
als Elisabeth besetzen. Doch er wollte weiter: Nächste Stationen seiner Karriere waren Hofkapellmeister in München – mit weiteren Tondichtungen wie »Also sprach Zarathustra« und »Till Eulenspiegels lustige Streiche« –, Nachfolger seines verstorbenen Mentors, des Dirigenten Hans von Bülow, als Leiter der Berliner Philharmoniker, schließlich Erster königlich preußischer Hofkapellmeister in Berlin, wo er 1898 mit dem Dirigat von »Tristan und Isolde« debütierte.
Strauss kümmerte sich auch um Komponisten- und Musikerkollegen, die ökonomisch nicht so gut abgefedert waren wie er selbst. Er setzte sich dafür ein, dass auch die Werke der im Verborgenen arbeitenden Tondichter nicht in der Schublade blieben, sondern an die Öffentlichkeit
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