Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
Vom Netzwerk:
Befürchtung, dass es jemand auf sie abgesehen hatte. Irgendwelche Leute machten sich daran, die Vergangenheit auf ihre Art zu bewältigen. Aber wer? Und warum jetzt?
    Vogtländer stand auf, ging mit schleppenden Schritten in die Küche und setzte Teewasser auf. Seit seiner Erkrankung hatte er zwanzig Kilo Gewicht verloren. Der Krebs verbrauchte eine Menge Kohlehydrate für sein überflüssiges Wachstum. Man sollte ihn einfach aushungern, der Gedanke war ihm schon öfter gekommen. Draußen kam Wind auf, er sah es an den Fahnen am Hafen. Oben im Haus schlug eine Tür zu. Vogtländer zuckte zusammen. Dann musste er lachen. Hatte er etwa Angst, ermordet zu werden? Wie albern war das denn? Eigentlich konnte ihm doch nichts Besseres passieren.

[zur Inhaltsübersicht]
Elf
    Bastian stieg die Treppe hinauf. An der vergleichsweise lächerlichen körperlichen Anstrengung lag es allerdings nicht, dass sein Herz weit über dem gesunden Normalmaß pochte und er feuchte Hände bekam. Nein, er war aufgeregt. Genau genommen handelte es sich um einen Gefühlscocktail aus Vorfreude, banger Erwartung und schlichtem Misstrauen. Mal überwogen die positiven Vorzeichen, mal stellte er sich auf ein im Streit endendes Desaster ein. Die ganze Zeit über, während er mit Susanne in den Baumbergen herumgefahren war und sie die Nachbarn der Weigolds danach gefragt hatten, ob ihnen etwas Verdächtiges aufgefallen sei oder ob man einen Wagen mit zwei männlichen Insassen gesehen habe, der in der Nähe von Weigolds Haus parkte, hatte er nur an den Abend denken können.
    Im Präsidium war es natürlich nicht möglich gewesen, mit Yasi zu reden. In jedem Moment hätte einer seiner Kollegen aus dem Sitzungssaal kommen und mithören können, wie sie ihre letzte Liebesnacht aufarbeiteten. Nein, als Yasi ihn fragte, ob er sie am Abend besuchen wolle, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als ja zu sagen. Die Einladung abzulehnen, hätte er sich nie verziehen. Er musste einfach wissen, was mit der Frau los war, was zwischen ihnen beiden ablief, sonst würde ihn die verpasste Chance noch ein paar Jahre verfolgen.
    Die Tür zu Yasis Wohnung war angelehnt. Bastian stieß sie auf: «Yasi?»
    Indirektes Licht im Wohnungsflur. Wieder der Geruch von Blumen und Räucherstäbchen. Irgendwo plätscherte gefälliger Asien-Pop. «Yasi? Wo bist du?»
    Sie kam aus dem Schlafzimmer und trug einen dünnen, drachengemusterten Bademantel.
Nur
einen Mantel, vermutete Bastian, denn überall da, wo der Stoff nicht hinreichte, schimmerte Yasis braune, matt glänzende Haut.
    «Schön, dass du da bist.» Sie streckte sich ihm entgegen.
    Bastian wich zurück. «Yasi, wir …»
    «Du willst reden, ich weiß.» Sie drängte ihn an die Wand und zog sein T-Shirt hoch. «Sagt ihr nicht: Reden ist Silber, Schweigen ist Platin?»
    Er spürte, wie sich ihre Hand unter seinem T-Shirt auf die Reise machte. «Nein, ich …»
    Weiter kam er nicht. Mit der anderen Hand zog sie seinen Kopf zu sich herunter und presste ihren Mund auf seinen. Eine unglaublich lange Zunge erforschte seine Mundhöhle. Als sie von ihm abließ, schnappte er nach Luft.
    Ihr Blick wanderte abwärts. Er wusste, dass sich eine verräterische Beule abzeichnete.
    «Ich sehe, du bist überzeugt», lachte die Rechtsmedizinerin.
    Er gab sich geschlagen. «Nur wenn du versprichst …»
    «Ich verspreche alles.» Sie zog ihn ins Schlafzimmer. Mit einer einzigen Bewegung entledigte sie sich des Drachenmantels. Er hatte richtig vermutet, unter dem Mantel war sie nackt. Und er mit ihrer Hilfe ein paar Sekunden später auch.
    Falls er jemals die Absicht gehabt hatte, den Ablauf des Abends bewusst zu steuern, dann war ihm dieser Wille am Eingang zu Yasis Wohnung abhandengekommen. Sie machten da weiter, wo sie vor drei Tagen aufgehört hatten. All die Gefühle und Gedanken, die Bastian in der Zwischenzeit durch den Kopf gegangen waren, die Wut, die bittere Sehnsucht, die Zweifel, die Fragen, wurden durch Küsse und Liebkosungen betäubt. Sie pressten ihre Leiber aneinander, ließen ihre Finger über und in den Körper des anderen gleiten, sie lagen über- und untereinander, hockten und knieten, stöhnten und keuchten, bis sie beide total erschöpft waren.
    |||||
    Schweigend lagen sie nebeneinander. Yasi wandte sich ihm zu, strich über seine Brust. «Du bist phantastisch. Ich schlafe gern mit dir.»
    Da waren sie wieder, die Gedanken. «Du meinst, fürs Bett bin ich ganz okay, aber zum Frühstücken reicht’s nicht.»
    Sie drehte

Weitere Kostenlose Bücher