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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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gar nichts.
    Aber vielleicht war das einfach so, vielleicht wusste man einfach nicht mehr über die anderen? »Der Mensch ist ein Rätsel«, hatte Edward – ihr Edward – immer mal wieder gesagt. Ein verfluchtes, unlösbares Rätsel (denn er scheute sich nicht, ab und zu einen Kraftausdruck zu verwenden)!
    Als sie so weit in ihren Überlegungen gediehen war, ging Emmeline von Post in die Küche und goss sich großzügig einen Whisky ein. Trank ihn stehenden Fußes, stellte fest, dass sie immer noch eine Gänsehaut auf den Unterarmen hatte und genehmigte sich noch einen. Es war halt einer dieser Abende, da konnte man nichts machen.
     
    Am Montagmorgen riefen dann die Kinder an.
    Ruth und Mauritz – einer nach dem anderen, mit nicht einmal fünfzehn Minuten Abstand. Marie-Louise ging ins Schlafzimmer, während sie mit ihnen sprach, sodass Emmeline kein Wort hätte hören können, selbst wenn sie es gewollt hätte.
    Aber so viel wurde gar nicht gesagt. Insgesamt dauerten die Gespräche nicht länger als fünf Minuten – als ob Marie-Louise Angst hätte wegen der Telefonrechnung, obwohl sie es doch gar nicht gewesen war, die angerufen hatte.

    »Du musst darüber reden«, erklärte Emmeline der Freundin, als diese zum Frühstückstisch zurückkam, nachdem sie mit ihrem Sohn gesprochen hatte. »Es ist nicht gut, alles in sich hineinzufressen.«
    Marie-Louise Leverkuhn sah sie mit müden, leeren Augen an.
    »Was um alles in der Welt soll ich denn sagen?«, fragte sie.
    Dann vergingen drei Sekunden, bis sie plötzlich in heftiges Weinen ausbrach.
    Endlich, dachte Emmeline von Post und legte schützend einen Arm um die hochgezogenen Schultern der Freundin. Endlich.

8
    »Kommentare?«, fragte Münster und breitete die Fotos auf dem Tisch aus, sodass sie jeder nach Lust und Laune betrachten konnte.
    Die Variationen waren nur gering: Waldemar Leverkuhns zerstochener Körper aus einem Dutzend verschiedener Winkel und aus verschiedenem Abstand. Blut. Zerwühltes Bettzeug. Wundflächen in Großaufnahme. Bleiche Haut mit Leberflecken. Ein absurd bunter Schlips, der unter einem Kissen hervorstach. Blut. Noch mehr Blut ...
    Moreno schüttelte den Kopf. Inspektor Heinemann nahm die Brille ab und begann sie mit Hilfe seines eigenen bedeutend diskreter gemusterten Schlipses zu putzen. Rooth unterbrach den Verzehr eines Schokoladenkekses und drehte dem Tisch demonstrativ den Rücken zu. Nur der junge Krause fuhr pflichtbewusst und mit gerunzelter Stirn fort, die makabren Details zu betrachten.
    »Nimm sie weg!«, sagte Rooth. »Meine Verdauung erhebt Anspruch auf ein kleines bisschen Respekt. Außerdem war ich vor Ort und habe alles schon live gesehen.«
    Live?, dachte Münster. Nennt er das live? Es ist lange her,
seit ich etwas so absolut Mausetotes gesehen habe. Er seufzte und sammelte die Fotos ein, ließ jedoch zwei liegen, als Erinnerung daran, worum es bei dieser Besprechung eigentlich ging.
    »Zuerst die Fakten«, sagte er. »Übrigens, wo ist Jung?«
    »Wollte mit diesem Bonger reden«, erklärte Moreno. »Wird bestimmt gleich auftauchen.«
    »Die Fakten«, wiederholte Münster. »Leider nichts Neues, nur die Bestätigung des Bekannten. Waldemar Leverkuhn ist durch achtundzwanzig mehr oder weniger tiefe Stiche in Bauch, Brust und Hals getötet worden. Vor allem in den Bauch. Was übrigens ein ziemlich sicheres Ziel ist ... aber wenn man so oft zusticht, dann kommt es natürlich nicht mehr so genau darauf an. Also, worauf deutet das hin?«
    »Ein total unbesonnener Typ«, sagte Krause mit unterdrücktem Enthusiasmus. »Muss vollkommen wahnsinnig gewesen sein ... zumindest, als er die Tat ausgeführt hat.«
    »High«, sagte Rooth und schluckte den letzten Bissen Schokolade hinunter. »Ein Junkie, der high war. Die kommen doch auf alles Mögliche. Was sagt Meusse zu den Stichen?«
    Münster nickte.
    »Doch, könnte schon sein. Sie haben überall getroffen. Ein paar ziemlich tief – zehn oder fünfzehn Zentimeter –, andere nur oberflächlich. Einige haben nur Schrammen verursacht. Rechtshänder übrigens, daran scheint es keinen Zweifel zu geben.«
    »Gut«, sagte Moreno. »Also ein rechtshändiger Drogenabhängiger, davon haben wir nur dreitausend hier in der Stadt. Könnten wir nicht eine ein wenig witzigere Theorie finden? Wenn es etwas an diesem fantastischen Job gibt, das ich absolut nicht ausstehen kann, dann ist es die Aussicht, unter Junkies herumschnüffeln zu müssen.«
    Münster faltete die Hände und

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