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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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hatte Krystyna Gravenstein über das Sekretariat der Doggers Oberschule gefunden, wo sie bis zu ihrer Pensionierung vor drei Jahren gearbeitet hatte.
    Sie empfing Moreno in ihrer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung in der Palitzerstraat, ganz oben unter dem Dach mit Blick über den Fluss und Megsje Bois. Wohnten heutzutage eigentlich alle Leute mit so einer Aussicht?, fragte Moreno sich, als sie in die Wohnung trat und sich an Ruth Leverkuhns Panoramafenster erinnerte. Es schien so, zumindest was das schöne Geschlecht betraf. Frau Gravenstein war eine dünne kleine Frau mit einer kreideweißen Haarpracht und Eulenaugen hinter dicken Brillengläsern. Tweedkostüm und gestricktem Tuch über den Schultern. Sie hob einen Buchstapel von einem Metallrohrsessel und bat die Inspektorin, doch Platz zu nehmen, sie selbst nahm auf einem Drehstuhl vor dem Schreibtisch Platz und wirbelte herum. Das eine der beiden Zimmer fungierte offenbar als Schlafzimmer, das andere als Arbeitszimmer. Weiter war nichts vonnöten, schätzte Moreno. Der Schreibtisch, der auf die Baumwipfel und den Himmel hinausging, war vollbepackt mit Papieren, Büchern und Lexika und einem Computer. Die Bücherregale gingen vom Boden bis zur Decke und bogen sich unter ihrer Last.
    »Ich habe angefangen, ein wenig zu übersetzen, nachdem ich in der Schule aufgehört habe«, erklärte Krystyna Gravenstein mit der leichten Andeutung eines Lächelns. »Irgendwas muss man ja tun. Italienisch und Französisch, außerdem stockt das die Pension ein wenig auf.«
    Moreno nickte aufmunternd.
    »Belletristik?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte Krystyna Gravenstein. »Vor allem Lyrik, aber der eine oder andere Roman war auch schon dabei.«
    »Sie haben in romanischen Sprachen unterrichtet?«
    »Siebenunddreißig Jahre lang«, bestätigte Krystyna Gravenstein. »Siebenunddreißig ...«

    Sie zuckte mit den Schultern und schaute etwas entschuldigend drein. Moreno verstand, dass sie sich wohl kaum zum Katheder zurücksehnte. Sie verstand außerdem, dass es an der Zeit war, zur Sache zu kommen.
    »Sie waren eine Kollegin von Else Van Eck?«, fing sie an. »Deshalb möchte ich mich gern ein wenig mit Ihnen unterhalten. Wissen Sie, was passiert ist?«
    »Sie ist verschwunden«, sagte Krystyna Gravenstein und schob ihre Brille zurecht.
    »Genau«, bestätigte Moreno. »Sie ist jetzt seit fast sieben Wochen wie vom Erdboden verschluckt. Es gibt triftige Gründe für den Verdacht, dass sie nicht mehr am Leben ist. Hatten Sie näheren Kontakt zu ihr über die Arbeitszeit hinaus?«
    Ihre Gastgeberin schüttelte den Kopf und sah betrübt aus.
    »Nein«, sagte sie. »Absolut nicht. Aber das hatte niemand. Entschuldigen Sie, dass ich das sage, aber so war es nun einmal. Wir haben uns nie in unserer Freizeit gesehen ... höchstens, wenn der Französische Verein etwas Interessantes auf seinem Programm hatte.«
    »Wie lange haben Sie zusammen gearbeitet?«
    Krystyna Gravenstein rechnete nach.
    »Fast zwanzig Jahre«, sagte sie. »Else Van Eck ist eine ... merkwürdige Frau. Oder war es.«
    »Inwiefern?«, fragte Moreno.
    Frau Gravenstein zupfte ihr Tuch zurecht, während sie überlegte.
    »Ungesellig«, sagte sie schließlich. »Sie hatte kein Bedürfnis, mit den anderen Lehrern in Kontakt zu treten oder sich auch nur mit uns zu unterhalten. Sie war nicht direkt unangenehm, aber sie kümmerte sich irgendwie nicht um andere Menschen. Hatte anscheinend an sich selbst genug, wenn Sie verstehen?«
    »Wie war sie als Lehrerin?«
    Krystyna Gravenstein verzog hastig den Mund.
    »Ausgezeichnet«, erklärte sie. »Das mag eigenartig klingen, aber so war es. Wenn die Schüler ihre Art verstanden haben, mochten sie sie. Ich glaube, Jugendliche können auch eher etwas
schrullige Existenzen akzeptieren. Und sie liebte die französische Sprache. Sie unterrichtete nie ein anderes Fach und ... ja, sie war ein wandelndes Lexikon, ganz einfach. Auch was die Grammatik betraf. Sie hätte sonst natürlich nie an der Schule bleiben können, wenn sie nicht diese Qualitäten gehabt hätte. Nicht so, wie sie war.«
    Moreno dachte eine Weile nach.
    »Und warum war sie so, wie sie war?«, fragte sie dann.
    »Da habe ich nicht den blassesten Schimmer. Ich habe sie wie gesagt nie richtig kennen gelernt und weiß nichts über ihr Privatleben.«
    »Und der Beruf?«, probierte es Moreno. »Wissen Sie, warum sie Französischlehrerin geworden ist?«
    Krystyna Gravenstein zögerte.
    »Da gibt es eine Geschichte«, sagte sie.
    »Eine

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