Mürrische Monster
bitte?«, fragte Sandy, verärgert über die Unterbrechung.
»Es heißt doch, dass immer drei Unglücke nacheinander geschehen.«
»Das ist ein Märchen«, sagte Sandy. »Nate, warum sitzt sie immer noch hier herum?«
»Sie hilft mir«, antwortete er. »Sie gehört jetzt zum Team.«
Sandy schäumte vor Wut. »Wer hat das beschlossen? Wieso war ich nicht bei der Abstimmung dabei?«
Nate ignorierte die Fragen. Er war viel zu sehr mit seinen Selbstvorwürfen beschäftigt, weil es ihm nicht gelungen war, die zerstörerischen kleinen Dämonen des Dürren Mannes nach der Schlacht der Gehilfen wieder einzufangen. Und er nahm an, dass sie inzwischen auch längst nicht mehr so klein waren. Er schlug die Zeitung auf und betrachtete ein Foto von dem Chaos im Stadtzentrum – das lodernde Feuer im Lagerhaus. Auf einem anderen Foto sah man Betontrümmer und zerquetschte Autos vor dem eingestürzten Viadukt am Hafen. Nate zuckte zusammen. Auf dem Bild konnte er die verborgenen Dämonen des Dürren Mannes erkennen.
Richie schaute ihm über die Schulter. Nate wusste, dass sein Lehrling sie ebenfalls sehen konnte. Für den ungeübten Betrachter fügten sie sich perfekt in das Bild ein, aber für die jungen Hüter stachen sie heraus wie Figuren in einem 3-D-Film.
»Da sind sie«, sagte Nate mürrisch. »Kommt, wir können sie nicht einfach mitten unter der Menschheit wüten lassen – sie sind jetzt zu gefährlich.«
»Das könnte meine erste Gefangennahme in freier Wildbahn werden«, grinste Richie.
»Du bist noch nicht so weit, es mit Zunder oder Kail aufzunehmen«, sagte Nate. »In der Freiheit sind sie zu lebensgefährlicher Größe angewachsen. Sie gehören jetzt zur ersten Ebene. Ich werde mich um sie kümmern. Du bleibst einfach in meiner Nähe und beobachtest mich, und bitte tu, was ich sage.« Nate wandte sich um. »Gehilfen! Alle sofort zu mir!«
Nik und Pernikus kamen ins Zimmer geflitzt.
»Richie, steck Pernikus in die Tasche. Nik packe ich in die Box.«
Nate zog die viereckige apfelgroße Knobelbox heraus und drehte den Deckel erst in die eine, dann in die andere Richtung. Nik schaute stirnrunzelnd zu. Es gefiel ihm nicht besonders, sich in den kleinen Kasten hineinzwängen zu müssen, aber Nate konnte ihn auf diese Weise leicht transportieren. Die Knobelbox war ein machtvolles Dämonenhüter-Werkzeug zum Fangen und Aufbewahren von Chaos, aber man konnte darin auch gut seine Gehilfen herumtragen. Nik trat heran und verzog das Gesicht. Die schwarze Leere im Deckel zupfte an seinem Fell, dann saugte sie ihn plötzlich auf wie ein Staubsauger.
»Wow«, staunte Lilli.
»Ein unbezahlbares Artefakt«, erklärte Nate. »Es zieht Chaos hinein, verdichtet es und bewahrt es auf.«
»Ich möchte dich begleiten, Nate«, sagte sie. »Ich kann dir helfen. Ich nehme Zoot mit.«
»Wer ist das denn?«, fragte Sandy.
Das Muster ihrer Bluse verschwamm. Plötzlich löste Zoot sich mit einem leisen Plopp aus dem Stoff, sprang zu Boden und lächelte zu Sandy hinauf.
»Hat mir dieses hässliche fette Ding etwa die ganze Zeit auf der Brust geklebt?«, fragte sie und tastete sich fieberhaft ab, um sicherzustellen, dass nicht weitere sonderbare Wesen an ihr hafteten.
Stirnrunzelnd blickte Zoot in den Wandspiegel. Er reckte den Kugelbauch vor, wackelte mit den Augenbrauen und schien dann zu dem Schluss zu kommen, dass er weder fett noch hässlich war. Er richtete den Dreizack auf Sandy.
»Nicht, Zoot«, sagte Lilli, und er ließ die Waffe widerwillig sinken.
»Okay, Lilli, du kannst mitkommen«, sagte Nate.
»Was ist mit mir?«, fragte Sandy.
»Du bleibst hier«, antwortete Nate.
»Warum?«
»Du bist kein Hüter.«
»Ich habe dir mit dem Troll geholfen.«
»Du hast nur eine Ziege über die Brücke geführt«, sagte Nate.
»Ja«, fügte Richie hinzu, »das war Hirni-Arbeit.«
»Du bist ein Hirni«, murmelte Sandy.
»Wir bekommen es mit zwei Dämonen der ersten Ebene zu tun«, fuhr Nate fort. »Ich möchte nicht, dass du verletzt wirst.«
»Aber ich habe dir schließlich Bescheid gesagt!«
»Genau. Und es wäre schön, wenn du hierbleiben und weiter aus dem Kompendium übersetzen würdest, so dass wir vielleicht noch etwas Wissenswertes erfahren.«
»Ihr wisst doch gar nicht, wo ihr anfangen sollt, nach ihnen zu suchen.«
»Am eingestürzten Viadukt?«, schlug Richie vor.
»Im Lagerhaus?«, sagte Lilli.
»Die sind beide schon zerstört«, sagte Sandy. »Ich wette, eure Dämonen sind längst über alle
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