MUH!
Renn woandershin!»
Für einen kurzen Augenblick wollte ich dies sogar tun, um meine Freundinnen zu schützen. Da knallte der Stab, und ich fühlte einen unfassbar scharfen Wind neben meinem Fell vorbeisausen, und so rannte ich panisch zu den anderen in das Feld.
«Na, super!», stöhnte Susi auf.
Sie drehte sich um und hastete einen Weg, der zwischen den Pflanzen hindurchführte, entlang. Hilde und Radieschen ihr hinterher, gefolgt von mir. Hinter uns hörten wir den Bauern mit hoher Stimme fluchen: «Ihr könnt mir nicht entwischen!»
«Warum fiept der Bauer denn so?», fragte Radieschen.
«Seine Nüsse sind kaputt», erklärte ich keuchend.
Radieschen blickte mich kurz irritiert an, dann seufzte sie: «Es gibt Zusammenhänge, die ich einfach nicht verstehe.»
Wir vier Kühe rannten um unser Leben. Zwischen unseren Füßen flitzte, so schnell es ihm mit seinem verletzten Bein möglich war, Giacomo und fluchte: «Diese Bauer iste mir eindeutig zu unausgegliche.»
«Bleibt stehen!», fiepte der Bauer.
«So sehen wir aus!», schnaufte Hilde und rannte noch schneller.
Wir hörten einen weiteren Knall, diesmal weiter entfernt. Anscheinend hatten wir schon etwas Entfernung zwischen ihn und uns gebracht.
«Ich krieg euch!», schrie der Bauer kieksend.
Aber ich bekam erste Zweifel, ob dies auch wirklich stimmte, schienen wir ihn doch langsam, aber sicher hinter uns zu lassen.
«Ich krieg euch … Ich krieg euch … Ich krieg euch … nicht …» Und dann hörten wir ihn verzweifelt weinen: «Ich hab so ein beschissenes Leben.»
«Frag mich mal!», motzte Susi.
Wir Kühe liefen nun etwas langsamer, das Jammern des Bauern wurde immer leiser, und schließlich gingen wir im Schritttempo durch das Maisfeld. Überraschenderweise hatte ich jetzt wieder Mitleid mit dem Bauern, und ich hoffte für ihn, dass es auch für Menschen so etwas wie ein Indien gibt.
Als wir unseren Verfolger nicht mehr hören konnten, schnauften wir durch. Bis auf Susi, die schnaufte nicht durch, sie drehte.
Kapitel 14
«Ich will nach Hause!», schrie Susi hysterisch. «Ich will nach Hause, ich will nach Hau…»
«Wir können nicht nach Hause», erklärte ich so ruhig wie möglich, was nicht sonderlich ruhig war, wollte ich mich doch auch am liebsten wieder in meine kuschelige Stallbox verkriechen.
«Ich will aber nach Hause!»
«Das geht nicht.»
«Ich will, ich will, ich will!»
Mit meinen Worten bekam ich Susi nicht beruhigt, so musste ich wohl oder übel meine Hufe einsetzen: Ich trat ihr volle Kanne gegen das Schienbein. Etwas, das mir, wie ich beschämenderweise feststellen musste, sogar Freude bereitete.
Susi schrie auf: «Auuuu!!!»
Ich wünschte mir in diesem Augenblick fieserweise, dass sie weiter rumschreien würde, denn dann hätte ich eine Ausrede, noch mal zuzutreten. Doch Susi tat mir diesen Gefallen nicht, sie legte sich nur auf den Boden des Maisfeldes, rollte sich zusammen und wimmerte wie ein kleines, verlorenes Kalb.
Radieschen sah mich streng an: «Musste das jetzt sein?»
«Eigentlich schon», antwortete ich, wollte ich mir doch kein schlechtes Gewissen einreden lassen.
«Nein, musste es nicht!», befand Radieschen, für ihre Verhältnisse ungewöhnlich streng, und legte sich zu Susi. Sie schlabberte ihr sanft über das Maul, sodass Susis Wimmern leiser wurde.
Hilde kommentierte dies mit: «Whao, Radieschen ekelt sich ja auch vor nix.»
Das war gemein, dennoch musste ich grinsen. Dann sah ich mir Hilde genauer an: Auch sie war mitgenommen. Wir alle waren fertig. Daher schlug ich vor: «Lasst uns hier pausieren. Wir sollten ein bisschen die Augen zumachen, bevor wir weiterziehen.»
«Ich brauche etwas die Schönheitsschlafe», stimmte Giacomo mir zu.
Hilde schmunzelte: «So viel, wie du davon brauchst, kannst du gar nicht schlafen.»
«Signorina, Sie habe keine Haare auf die Zähne, sondern Stacheldrahte.»
«Das ist halt mein Charme», kam es zurück.
«Sie habe eine interessante Definitione von Charme.»
«Das sagen alle Männer», grinste Hilde. Und ich fragte mich, ob sie mit ihrer harschen Art wohl jemals einen Stier finden oder ob sie ihr ganzes Leben ungeschnäuzelt bleiben würde.
Auch Hilde legte sich nun auf den Boden des Maisfeldes. Ich gesellte mich dazu. Der Boden war zwar vom Regen des Vortags noch ein bisschen feucht, aber wir waren viel zu müde, als dass uns das stören könnte. Nur Giacomo wollte sich nicht auf den nassen Boden legen, sondern lieber auf meinem Rücken schlafen:
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