MUH!
keiner von uns zurück.
«Sonst», ergänzte Lick seinen Bruder, «reißen wir euch Kühen eure Hintern auf!»
«Weißt du», fragte ich ihn nun, «wie dein Bruder dich nennt?»
Lick stutzte.
«Lick mit F am Anfang.»
«Flick?»
«Nicht ganz.»
Es dauerte etwas, bis er begriff, was ich meinte, doch dann stürzte er sich umso wütender auf seinen Bruder.
«Hunde zu überliste», kommentierte Giacomo, «iste einfacher als nehme Futter von Maulwurf, der habe die Alzheimer.»
«Der Kater redet echt wirres Zeug», meinte Susi, während die Hunde miteinander rauften, «im Vergleich zu dem wirkt Lolle echt normal.»
«Sag mal, Susi», verteidigte Hilde mich, «hast du nicht einen Elektrozaun, in den du laufen musst?»
«Hast du nicht einen Trecker, vor den du laufen kannst?», kam es zurück.
«Hast du nicht eine Zunge, die du in den Melksauger halten solltest?»
«Mamma mia», seufzte Giacomo auf meinem Rücken, «ich verstehe nicht, warum es heisse ‹stutenbissig›, es müsse heisse ‹kuhebissig›.»
Eigentlich hätte ich die beiden auseinanderbringen müssen, aber da gab es noch ein dringlicheres Problem: Lick hatte seinen zweiten Bruder bewusstlos geprügelt und kam auf uns zu. Wie sollte ich den jetzt loswerden? Ich konnte ihn ja kaum auf sich selber hetzen, indem ich zu ihm etwas sagte wie: «Weißt du, wie du dich selber nennst? Janus ohne J.»
Es gab nur eine Chance. Auch wenn die der helle Wahnsinn war. Ich musste die verbliebene Bulldogge gegen mich aufbringen!
«Weißt du», fragte ich, «was mich an deiner Stelle ärgern würde, Lick?»
«Was?», grollte er undeutlich, weil der Schaum, der aus seinem Mund quoll, schon sein halbes Gesicht bedeckte.
«Dass du mir das alles geglaubt hast und deine Brüder niedergeprügelt hast.»
Aus Licks Gesicht entwich alle Farbe.
«Ich nehm alles zurück», schluckte Susi, «Lolle ist doch irrer als der Kater.»
Hilde antwortete ihr: «Scheiße, ich würde dir jetzt so gerne widersprechen …»
Aber sie konnte es nicht. Kein Wunder, es war auch zu verrückt, was ich da tat. Lick war kurz davor, zum Berserker zu werden und mich zu reißen. Dennoch brachte ich ihn immer weiter gegen mich auf: «Da würde ich mir an deiner Stelle wirklich ganz schön blöd vorkommen.»
Giacomo hielt den Zeitpunkt für gekommen, von meinem Rücken runter in Sicherheit zu hüpfen, und landete auf einem der Pfosten, an die die Drähte des Elektrozauns gebunden waren.
Radieschen jammerte: «Lolle, er wird dich nicht verschonen wie gestern Old Dog.»
Damit hatte sie recht: Lick, dessen Schaum vor dem Mund nach unten hin schon vom Kinn tropfte und nach oben hin bereits bis über die Nase quoll, besaß keinerlei Kontrolle mehr über sich.
Ich stellte mich nun genau vor den Elektrozaun, betete kurz, dass ich schnell genug sein würde für das, was ich nun vorhatte, und stichelte weiter: «Als du geboren wurdest, hat deine Mutter bestimmt gesagt: ‹Hoppla, da kommt die Nachgeburt.›»
«Wruaahh!!!», schrie Lick und setzte zum Sprung an.
Jetzt galt es: Ich musste, während er auf mich zuflog, schnell beiseitehasten. (Wir Kühe können ja, wenn es darauf ankommt, unfassbar schnell rennen, jedenfalls wenn wir in der Masse panisch werden. So gab es einmal auf unserem Hof eine beeindruckende Stampede, als die Bäuerin auf die Idee gekommen war, uns mit etwas zu beschallen, das sie «Die besten Hits von Wolfgang Petry» nannte.)
Lick flog auf mich zu. Gleich würde er mich packen und seine Riesenzähne in mein Fleisch jagen. Doch im Gegensatz zu der Begegnung mit Old Dog zeigten meine Beine diesmal keine Lähmungserscheinungen. Zum einen, weil diese Bulldogge nicht so furchterregend wie der Höllenhund war, und zum anderen, weil es diesmal nicht nur um mein Leben ging. Hier ging es auch um das Leben meiner Freundinnen und um das von Susi Schlampe.
Dieser Umstand verlieh mir die Kraft, die ich brauchte: Ich lief im Stampeden-Tempo zur Seite, und Lick flog und flog und flog … direkt in den Elektrozaun.
Es knisterte. Funken sprühten in alle Richtungen, es roch unangenehm nach angesengtem Fleisch, Lick landete auf dem Boden, zitterte am ganzen Körper und verlor das Bewusstsein. Alle drei Bulldoggen waren somit außer Gefecht gesetzt, und Radieschen gab mir das größte Lob, das eine Kuh einer anderen überhaupt nur verleihen kann: «Voll kuhl!»
Hilde stupste Susi mit der Schnauze an: «Das musst selbst du zugeben, oder?»
Susi zögerte etwas, dann nickte sie schließlich
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