MUH!
lachen: «Wunderbar! Dann haben sie doch Freude!»
«Oh ja, das haben sie, aber wir nicht!», gab der Regenwurm bitter zurück. «Die Kühe vermehren sich schlimmer als die Karnickel. Nun gibt es mehr Kühe als alle anderen Wesen. Sie essen ihnen das Futter weg, aber das ist noch nicht das Schlimmste.»
«Was denn dann?», fragte Naia besorgt.
«Die Gase.»
«Die Gase?» Naia war verwirrt.
«Deine Kühe sind so viele, dass sie uns anderen durch ihre Verdauung die Luft zum Atmen nehmen.»
Jetzt verstand sie, warum er so grün im Gesichte war. Mit einem Male vernahm Naia aus einiger Entfernung einen lauten Knall und sah einen Feuerball. Sie begehrte, vom Wurme zu erfahren, was geschehen sei, und der antwortete: «Da ist wieder mal ein Glühwürmchen in eine Gaswolke geflogen.»
Naia war still vor Schreck, und der Wurm verriet: «Von allen Tieren hassen die Glühwürmchen die vielen Kühe am meisten.»
Dies konnte Naia recht gut verstehen. Sie bat den Regenwurm um einen Rat, was sie tun solle. Doch was er empfahl, verschlug ihr schier die Sprache: «Du und Hurlo machen am besten keine Liebe mehr.»
Das war für Naia undenkbar. So erfand sie lieber jene innere Bewegung, die dafür sorgte, dass Kühe nicht allzu oft Kälber bekommen mochten … die Wehe. Und obwohl die Wehe für das große Wohl der Welt so wichtig war, mochte Naia sich wegen ihrer Schöpfung selber nicht leiden.
Leiden war ein verdammt gutes Stichwort. Die Schmerzen waren für mich nicht mehr zu ertragen. Und ich konnte Naia jetzt noch viel weniger leiden als sie sich selbst. Hätte die blöde Nuss nicht einfach irgendeine Pflanze erfinden können, die die Empfängnis verhindert, wenn eine Kuh sie futtert?
Ich litt unendlich und muhte und muhte und muhte, so laut wie noch nie in meinem ganzen Leben. Giacomo sah dabei auf die schneebedeckten Berge und meinte: «Hoffentlich löse das Gemuhe nicht aus eine Lawine.»
«Was ist eine Lawine?», fragte Hilde.
«Eine Gelato, die uns alle mache platto!»
Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen, und ich brüllte noch lauter.
«Ich befürchte», meinte Hilde zu dem Kater, «Lolle wird in den nächsten Minuten nicht unbedingt leiser.»
Ich schrie nun aus vollen Lungen, kurz davor, dem Wahnsinn zu verfallen. Da sagte Champion leise und dennoch mit fester Stimme zu mir: «Ich bin bei dir, für immer.»
Es war ein Satz.
Nur ein einziger kleiner Satz.
Doch er ließ mich mit einem Mal alle Schmerzen ertragen.
Kapitel 58
Das Kalb platschte unter mir in den Schnee und begann gleich nach dem Aufprall zu muhen, damit seine kleinen Lungen sich das erste Mal mit Luft füllen konnten. Ich hörte mein Kind also, bevor ich es sehen konnte. Kaum vernahm ich sein süßes, unbeholfenes Gemuhe, waren all meine höllischen Schmerzen wie weggeblasen.
Ich trat zur Seite, um mir mein Kleines anzusehen: Es richtete sich auf seinen dünnen wackeligen Beinchen auf und muhte mit seinem schwachen Stimmchen. Obwohl es ganz verklebt war und seine Augen daher noch nicht mal richtig öffnen konnte, war es wunderschön anzusehen. Sofort ging ich wieder auf das Kleine zu, um es mit meiner Zunge abzuschlabbern. Darauf beruhigte es sich sogleich und hörte auf zu muhen. Es genoss meine Nähe und schenkte mir von der ersten Sekunde an seine unbedingte Liebe. Und ich ihm die meine.
Während ich gerade seine Augen säuberte, meinte Giacomo leise: «Die Abgeschlabbere iste schon ein bisschen ekelige …»
Susi ergänzte angewidert und ohne sich dabei auch nur ansatzweise zu bemühen, leise zu sprechen: «Jetzt weiß ich ganz bestimmt, dass ich keine Kinder bekommen will.»
Doch nicht mal sie schaffte es, mir diesen wunderschönen Moment kaputtzumachen.
Hilde lachte: «Es ist ein Mädchen …»
Ja, es war ein Mädchen. Ein wunderschönes kleines Mädchen mit ganz weißem Fell, ohne einen einzigen schwarzen Fleck, als sei es aus Schnee gemacht. Dieses Kalb war etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil es meins war.
Auch Champion sagte leise: «Ein Mädchen.» Dabei lagen in seiner Stimme Liebe und Ehrfurcht vor dem neugeborenen Leben.
Stolz, glücklich, aber auch vorsichtig trat er auf uns zu. Als ich fertig damit war, die Kleine zu säubern, schlabberte er meine Schnauze ab. Liebevoll und behutsam. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass er so sanft sein konnte.
«Das werde ja immer ekeligere», kommentierte Giacomo.
Die ersten Schneeflocken wirbelten umher, und die Kleine zitterte im Wind. Instinktiv hoppelte sie
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