MUH!
versuchte, gegen den undankbaren Gedanken anzugehen, sie als ein bisschen penetrant zu empfinden.
«Du wärst total gegrillt worden ohne mich», lachte sie.
«Das kann gut sein», nuschelte ich und versuchte, gegen den Gedanken anzugehen, dass ich sie ohne Selbstbewusstsein netter fand.
«Ich hab es echt mehr drauf als du!», lachte sie laut.
«Hmm …», biss ich mir auf die Zunge.
«Komm schon, komm schon, gib’s zu!»
Ich schwieg weiter und versuchte, gegen den Gedanken anzugehen, dass es vielleicht schöner gewesen wäre, wenn sie mich nicht gerettet hätte. Oder wenn sie spontan an einer Stimmbandentzündung erkrankte.
In diesem Moment machte es peng.
«Peng?», fragte Susi.
«Peng?», fragte ich mich auch und blieb stehen.
Was war das für ein Knall gewesen?
Und was war das für eine Flüssigkeit, die da an meinem Bein hinab in den Schnee lief?
Radieschen lachte, während die anderen ebenfalls stehen blieben: «Ich weiß, was das ist.»
«Und was?», fragte ich, mit einem Mal sehr unsicher, ob ich es wirklich wissen wollte.
«Über das, was dir gerade passiert ist», lächelte sie, «kannte meine Oma Hamm-Hamm ein Lied. Möchtest du es hören?»
«Nein!», antwortete ich.
«Es geht so», sagte Radieschen unbeirrt und begann zu singen:
Fruchtblas has broken,
like the first Fruchtblase …
The Kalb has spoken,
like the first Kalb …
Ach du Scheiße, war es etwa so weit?
Lobet den Muttermund,
lobet die Wehen …
Die Wehen???
Lobet das Kälbchen, seine Geburt.
Die erste Wehe setzte ein. Bei Naia, es war wirklich so weit!
Süß das neue Leben,
es findet die Welt
von dem Moment,
wo’s zu Boden fällt.
Mein Kalb kam früher.
Lobet das Kalb,
bestrahlt vom Himmel.
Es wird ein Mädchen,
oder es hat ’nen …
Immerhin sang Radieschen die Zeile nicht zu Ende.
Dein wird die Wehe,
dein wird der Schmerz.
Das wird kein Spaß,
keine Kuh, die das mag.
Ich würde es wohl auch nicht mögen.
Lobe die Wehe,
beweise dein Herz.
Freu dich aufs Leben,
es wird ein großer Tag!
Zumindest würde es ein sehr, sehr interessanter Tag werden.
Kapitel 57
Das tat so weh!
Warum nur, warum nur tat das so unfassbar weh?
Wir Kühe bekamen ja stehend unsere Kälber, aber am liebsten wäre ich vor lauter Schmerz in den Schnee gesunken und da für immer liegen geblieben.
Die anderen standen um mich herum, wollten mir im wahrsten Sinne des Wortes beistehen.
«Du schaffst das!», spornte mich Hilde an.
Es tat so unfassbar weh, dass ich das nicht glauben konnte.
«Wir sind bei dir!», sagte Radieschen lieb.
Ich war mir nicht ganz sicher, ob es schön war, vor so vielen Zeugen zu gebären. Es war doch eher unangenehm, dass alle mir dabei zusahen, wie ich langsam, aber sicher die Kontrolle über mich verlor.
«Wenn man das so sieht», meinte Susi, «möchte man eigentlich keine Kälber bekommen.»
In Susis Fall war ich mir ziemlich sicher, dass ich sie gerade nicht dabeihaben wollte.
«Und ich seie froh, dass ich bin eine Manne», meinte Giacomo.
Eine besonders schwere Wehe durchfuhr mich, und ich muhte vor Schmerz laut auf.
«Soll ich dir was zur Beruhigung singen?», fragte Radieschen mich lieb.
«Bloß nicht!»
«Ich kenn da aber ein aufmunterndes Lied.»
«NEIN!!!!»
«Es geht so …
Here comes my baby …»
Zwischen zwei Wehen schrie ich sie an: «WENN DU NOCH EINE SILBE WEITERSINGST, BRINGE ICH DICH UM!»
Für eine Sekunde war sie still.
Dann sagte sie: «Ich kenne da auch ein gutes Gedicht …»
Ich sah sie böse an.
«… das du, glaube ich, nicht hören willst», schluckte sie darauf.
«Du biste sehr einfühlsame», meinte Giacomo ironisch.
«Danke», erwiderte Radieschen, die die Ironie mal wieder nicht verstand.
Der Einzige, der dankenswerterweise die ganze Zeit über seine Schnauze hielt, war Champion.
Die Wehen wurden immer stärker, ich hatte das Gefühl, mein ganzer Unterleib würde zerreißen. Dabei dachte ich daran, wie es kam, dass wir Kühe bei der Geburt so unkuhliche Qualen zu durchleiden hatten.
Warum Naia die Wehen erfand
Der Regenwurm kam zu Naia, die just in der Sonne graste. Die göttliche Kuh staunte ob der Tatsache, dass der Wurm ganz grün im Gesichte war. Sie begehrte zu wissen, was mit ihm geschehen sei, und er antwortete: «Deine Kühe sind mir geschehen.»
Naia verstand diese Replik nicht, und der Regenwurm begann mit seiner Wehklage:
«Naia, die Kühe verehren dich und nehmen dich zum Vorbilde. Sie machen die ganze Zeit Liebe, genau wie du und Hurlo.»
Naia musste
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