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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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Schimpfwörter, die besonders Männer gern einflechten:
    â€“ He, he, ma Å¡ta hoćeÅ¡, jebem ti mater , pusti bre loptu! ‹Hey, was willst du denn, ich fick deine Mutter, lass bloß den Ball!› (Fußballspiel).[ 22 ]
    Solche Wörtchen (und viele Schimpfwörter) tauchen vermehrt auch in Migrantensprechs und vor allem im Jugendslang auf, weil sie einen hohen emotionalen Gruppenwert haben. Ihre Entsprechungen haben sie im Türkischen ( siktir ‹verpiss dich›), im Arabischen ( moruk ‹Alter›, yallah ‹bei Gott›), im Russischen ( bljad’ ‹ Hure ›, tvoju mat’ ‹[ fick ] deine Mutter ›) und Polnischen ( kurva ‹Hure›). In der vulgären Tonlage verstärken sich Migrantensprachen oft gegenseitig.
Der Wortschatz des Jugoslavischen
    Der Basis-Wortschatz ist natürlich überall slavisch. Alle drei ‹Sprachen› unterscheiden sich noch am deutlichsten durch bestimmte Wortschichten. Serben sind offener gegenüber Fremdwörtern: Wörter wie ekspanzija, infrastruktura, kontaktirati, apstraktan etc. werden ‹selbstverständlich› gelernt und gehören durchaus der Alltagssprache an. In Kroatien tendierte man langedazu, Fremdwörter zu kroatisieren: Man machte aus fast-food ein brzogriz , ein helikopter wurde über Nacht zu einem obskuren vrtolet , worüber sich das Volk eher lustig machte: ‹ gut für einen Scherz, aber schlecht zu gebrauchen .›[ 23 ] Die Bosnier pflegen besonders ihre Orientalismen. Amira und Senahid sagen einander merhaba ‹Guten Tag›, man übernachtet in Pudin han (Herberge), arbeitet für ein vakuf (Stiftung), singt abends eine sevdalinka (Liebeslied) und trinkt dann eine rakija (Schnaps) oder seinen kahva (Tasse Kaffee) aus einer findžan (Kaffeeschwenker).
    Seit Jahrhunderten gibt es im Jugoslavischen auch deutsche Lehnwörter. Sie gehen in die Tausende und haben bis heute ihr ‹deutsches› Gepräge nicht verloren. Ihre Quellen sind das alte Österreich-Ungarn, die Zeit der sogenannten Militärgrenze gegen die Türken, das deutsche Handwerkertum in Serbien, das Prestige des Deutschen und die neuen Sprachkontakte der Gastarbeiter. Oft muss man kaum übersetzen: anÅ¡lus, bina ‹Bühne›, cilj, dinstati, escajg, faliti, gelender, hala, iÅ¡ijas, kasa, lajtmotiv, moleraj, nudla, orden, peglati ‹bügeln›, pop, puder, rukzak, senf, Å¡nicla, truba, urlop, vaga, zabremzati .
    Das neue Codeswitching Jugoslavisch-Deutsch (Abschnitt 19) hat also weit zurückliegende Vorläufer und ist für Migranten etwas vollkommen Geläufiges. Viele deutsche Wörter kamen ja einst auch erst durch Codeswitching in die Muttersprache! Noch heute kann man im Serbischen aufs Geratewohl einen deutschen Begriff aus der Arbeitswelt einflechten und mit einigem Recht hoffen, dass er verstanden wird: Moram joÅ¡ jedamput da idem na bauÅ¡tele ‹ich muss nochmal zur Baustelle fahren›.
Shining a light on : Migrantensprache Jugoslavisch
    Nach Türkisch und Russisch die größte Migrantensprache; Jugoslavisch ist näher am Deutschen und Deutschland seit langem eng verbunden. Wird als eine Migrantensprache wahrgenommen, und zwar sowohl von den Migranten als auch (sowieso) von den Deutschen. Alle Migranten sprechen untereinander ihre Sprache – nämlich das Jugoslavische. Das Bosnische ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie intensivster türkischer Einfluss von einer europäischen Sprache auf lange Sicht verarbeitet wird. Dies kann für Europas Zukunft schnell relevant werden. Das Jugoslavische ist in Deutschland bereits in der dritten oder vierten Generationheimisch, und die Remigration hat das Deutsche in den jugoslavischen Ländern weit verbreitet. In jeder zweiten Familie gibt es jemanden, der Deutsch spricht oder versteht.

9. PORTRAIT ALBANISCH
    Fokus. Isolierte Sprache ohne nähere Verwandte, Mythos von der ältesten Sprache auf dem Balkan; eine der jüngsten Literatur- und Standardsprachen Europas. Flektierend-analytischer Typ, aber mit fünf Kasus, Balkansprache mit ausgeprägter Balkanität. Hat als ‹Ausweis› der albanischen Nation einen überragenden Stellenwert. Der Wortschatz – ein Sprachenmuseum. Den albanischen Text und die albanische Rede beherrschen kleine unveränderliche Partikeln.
    Ein kurzer albanischer Text
    Vera dhe Teuta shkojnë me taksi në

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