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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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auflauf , kotoryj ja sdelala . ‹Das ist ein Auflauf, den ich gemacht habe.›
    â€“ Ja kogda rabotal v Manchajme, ėtot hausmajster prichodil … ‹Als ich Mannheim gearbeitet habe, da kam dieser Hausmeister …›.
    â€“ Ėto naÅ¡a vot bolezn›, kogo fest voz’mut, a kogo vremenno, vot ėto fest u nas mečta . ‹Das ist ja unsere Krankheit, wen nehmen sie unbefristet, und wen befristet, und unbefristet, das ist ja unser Traum.›
    Oft werden deutsche Fachausdrücke wörtlich ins Russische übertragen: Sozialversicherung wird zu social’naja strachovka oder Kindergeld zu detskie den’gi – es entstehen neue Wörter, die ‹echten› Russen durchaus Kopfzerbrechen bereiten können, weil es diese Wörter oder diese Bedeutungen im Russischen nicht gibt.
    Das Russische belegt schließlich eindeutig die (auch schon aus dem Türkischen bekannte) Tendenz von Mehrsprachlern, viele Arten von ‹Gesprächswörtern› einzuswitchen (‹tag-switching›). Dazu zählen die typisch deutschen ach, ach so, doch, nicht wahr, na klar, sowieso und viele andere[ 17 ] (ein Prinzip, das Vladimir Nabokov in seinen Romanen virtuos vorgeführt hat). Russische Aussiedler lieben es, sie in die russische Rede einzustreuen:
    â€“ Značit, tuda nel’zja v brjukach ? ‹Also kann man da nicht in Hosen hin?›
    â€“ Vot čto, zoviso . ‹Aber klar, sowieso .›
    â€“ Da, do ėtogo urovnja, koÅ¡mar, ajnfach koÅ¡mar . ‹Na bis zu dieser Stufe, ein Alptraum, einfach ein Alptraum.›
    â€“ Esli zvonjat tam kakie-nibud’ umfragen oder zo , po telefonu . ‹Wenn Sie anrufen, dann gibt’s irgendwelche Umfragen oder so, per Telefon.›
    â€“ Ja tože medlenno čitaju . ‹Ich lese auch langsam. – Ne verju . ‹Glaube ich nicht›. – Doch, doch , medlenno čitaju . ‹Doch, doch, ich lese langsam.›
Grammatisches Codeswitching
    Codeswitching kommt aber auch auf allen anderen sprachlichen Ebenen vor, z.B. auf der Satzebene als Nebensatz:
    â€“ Kompjuter my tože kupim, aber das kann noch warten . ‹Einen Computer werden wir auch kaufen, aber das kann noch warten.›
    CS dringt sogar in die Mikrostruktur von Wörtern ein:
    â€“ Ty uže s gekoch ala ? ‹Hast du schon gekocht?›
    â€“ Kogda ty anmel’d ueÅ¡sja ? ‹Wann meldest du dich an?›
    Dem entspricht, dass viele deutsche Wörter eine russische Kasusendung angehängt bekommen, die sie ‹russischer› machen: Rathaus’ a , Rent’u, Angebot-y, Socialamt-om, Gemeind-oj, Heim’e usw.
    Russischsprecher weisen das Geschlecht für ein Wort meistens intuitiv nach dem Endbuchstaben zu, wodurch im CS ein falsches Genus entstehen muss: mediciniÅ¡er begrjundung ‹medizinischer Begründung›, kakoj gechal’t ‹welcher Gehalt›; novyj austauÅ¡jar ‹neuer Austauschjahr›. Da es im Russischen keinen Artikel gibt, wird er im Deutschen oft weggelassen:
    â€“ Včera večerom v stolice Germanii otkrylsja _ evangeliÅ¡e kirchentag . ‹Gestern abend wurde in der deutschen Hauptstadt der evangelische Kirchentag eröffnet.› Genauso ist es mit dem Hilfsverb haben :
    â€“ Ty uže _ geÅ¡pajchert na diskete ? ‹ Hast du’s schon auf der Diskette gespeichert?›
‹Deutschland-Russisch›
    Durch die lange Codeswitching-Praxis in Deutschland ergeben sich mit der Zeit auch Verwerfungen im Russischen der Aussiedler und Deutschland-Russen, die wir, analog zum ‹Deutschland-Türkischen›, hier unter ‹Deutschland-Russisch› verbuchen können. Es sind deutsche Spuren im Russischen, die unweigerlich auf das russische Migrantendeutsch zurückstrahlen und letztlich auch im Deutschen auftauchen werden. Sie ergeben sich erst nach intensiverem Sprachkontakt zwischen zwei Sprachen und schlagen dann bei den grammatischen Formen durch (‹Morphologie› und ‹Syntax›) (Brehmer 2007). So zeigen Russlanddeutsche bereits in der Kasussprache Russisch Schwankungen im richtigen Gebrauch der Fälle:[ 18 ]
    Kasus werden einfach weggelassen: on vzjal odin den’ otpusk . ‹Er nahm einen Tag Urlaub› (Akkusativ statt Genitiv otpusk a ).
    Kasus werden verwechselt: ja vižu raznicy ‹ich sehe einen Unterschied› (Genitiv statt echtrussisch Akkusativ raznicu ); ona zamužem

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