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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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sa Saltykovym byla ‹sie war mit Saltykov verheiratet› (Instrumental statt echtrussisch Akkusativ za Saltykova ).
    Es tauchen falsche Kasus auf: u menja (…) massa akvarelev ‹ich habe Massen von Aquarellen› (statt echtrussisch: akvarelej ).
    Auflösungen der grammatischen Korrekheit gibt es auf vielen Gebieten:
    Falsches Geschlecht: choroÅ¡aja fem.[ 19 ] golos ‹eine gute Stimme› (statt echtrussisch: choroÅ¡ ij mask. golos );
    Falsche Einzahl/Mehrzahl: nado mebeli smotret’ ‹wir müssen Möbel angucken› (Plural) (statt echtrussisch: mebel’ (Singular));
    Fehler beim Aspekt: on načal popit’ ‹er begann zu trinken› (statt echtrussisch: on načal pit’ );
    Fehler beim Reflexiv: my ponimaemsja ‹wir verstehen uns› (statt echtrussisch: my ponimaem drug druga ).
    Einschlägige Phänomene gibt auch im Bau der Sätze – und auch das belegt die Tiefenwirkung des Sprachkontakts. Hier setzt sich die allgemeine Tendenz der Kasusschwankungen weiter fort, die oft neudeutsche Veränderungen kopieren:
    â€“ Ja sosredotočus’ na svoej rabote ‹ich konzentriere mich auf meiner Arbeit › (statt echtrussisch: na svoju rabotu (Akkusativ));
    Typische Strukturen des ‹Deutschland-Russisch› sind ferner:
    â€“ S busom priedete ‹Ihr werdet mit dem Bus kommen› (Präposition statt echtrussisch reiner Instrumental: avtobusom priedete );
    â€“ V četverg ja imeju general’nuju probu ‹Donnerstag habe ich Generalprobe› (statt echtrussisch bei mir ist …: u menja budet general’naja proba );
    â€“ Togda oni zapretili razvodit’ korov ‹da verbot man es Kühe zu halten› (mit Pronomen sie statt echtrussisch ohne: togda _ zapretili razvodit’ korov );
    â€“ odin čelovek priÅ¡el ‹ ein Mann kam› (unbestimmter Artikel statt echtrussisch ohne: čelovek priÅ¡el ).
    Dies ist für sich schon allerhand, besonders bei ständiger Frequenz; es macht das Russische ‹deutscher›. Es handelt sich um «eine generelle Tendenz zum Formenabbau, die durch den ungesteuerten Spracherwerb des Russischen in fremdsprachiger Umgebung begünstigt wird.» (Bernhard Bremer) Auch hier scheint sicher, dass diese ‹Fehler› in irgendeiner Form wieder auf das Deutsche zurückwirken und den Abbau seiner Grammatik stützen. Die Überlappungen mit dem Deutschen, die besonders von Heinrich Pfandl, Elena Zemskaja und Katharina Meng untersucht wurden, betreffen noch eine Reihe weiterer Phänomene, die hier nicht mehr diskutiert werden können.[ 20 ] Wie intensiv die Beeinflussung insgesamt schon sein muss, zeigt sich zuletzt auch daran, dass Russischsprechende in Deutschland sogar deutsche Aussprachegewohnheiten ins Russische übernehmen, von denen bis jetzt ein Dutzend bekannt sind (Brehmer 2007).[ 21 ]
Das Modell einen Kurs machen
    Das (schon aus dem Türkischen bekannte) Modell ‹MACHEN plus X› statt komplizierter deutscher Verben wird zu einem zentralen Zug des Codeswitching-Russisch: z.B. delat’ kurs ‹einen Kurs machen›. Während es aber im Türkischen immer schon einen festen Platz im Lexikon hatte ( telefon etmek ‹telefonieren›), ist es im Russischen als lexikalisches Modell eine junge Schöpfung des Sprachkontaktes und rein kommunikativ bedingt.[ 22 ] Im Russlanddeutschen steht delat’ ‹machen› als ein leeres Allzweckverb pauschal für die komplizierteren deutschen Verben erledigen, durchführen, studieren, veranstalten, erstellen, ausrechnen, absolvieren u.a. Im Russischen werden aber nicht zwei Verben verwendet (wie oft deutsch-türkisch versprechen yapmak ‹versprechen›), sondern nur eines. Der Typus ∗ versprechen delat’ für ‹versprechen› begegnet im russischen Material nicht. Typisch sind diese Beispiele:
    â€“ … tam ja … delaju praktiku . ‹Ich mache da ein Praktikum.›
    â€“ Prosto nikto ne budet delat ’ tvoju rabotu . ‹Es wird einfach keiner deine Arbeit machen.›
    â€“ On delaet slavistiku i germanistiku . ‹Er macht Slavistik und Germanistik.›
    â€“ Ja sdelal kurs . ‹Ich habe einen Kurs gemacht.›
    â€“ Ty Å¡tojern uže sdelala ? ‹Hast du die Steuern schon gemacht?›
    â€“ Tol’ko takoj partnerÅ¡aftstest sdelali . ‹Sie haben nur so einen

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