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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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    Â Â 3. Ausfall der Kopula: das Modell München _ weit weg
    Â Â 4. Falsches Geschlecht: Das Modell Ich frag mein Schwester
    Â Â 5. Existenz-Setzer: Das Modell gibs Leute
    Â Â 6. Die Konjunktur von MACHEN plus X: Das Modell Machst du rote Ampel
    Â Â 7. Falsche Wortfolge: Das Modell Dann isch geh nach Hause.
    Alle Züge sind Reduktionen, Vereinfachungen unter dem Dach des grammatischen Abbaus . International renommierte Linguisten lassen denn auch keinen Zweifel daran, dass es sich bei Kiezdeutsch[ 25 ] genetisch um ein neues deutsches Pidgin handelt. «Im Hinblick auf seine Entstehung und seine sprachliche Infrastruktur ist das Kanaken-Deutsch [= ‹Kiezdeutsch›, U. H.] ein Pidgin. (…) Die Strukturen des Kanaken-Deutsch lassen deutlich Züge einer Pidginisierung erkennen.» (Harald Haarmann) Kiezdeutsch diente zuerst einer rudimentären Verständigung zwischen Sprechern vieler exotischer Fremdsprachen über begrenzte Inhalte in einer Sondergruppe mit sehr einfachen Kommunikationszielen: Dies ist Pidgin par excellence .[ 26 ] Sprecher folgender Sprachen waren an seiner Entstehung beteiligt: Türkisch, Griechisch, Arabisch, Kroatisch, Spanisch, Deutsch, Persisch, Kapverdisch, Russisch (Dirim/Auer 2004, 209f.). Nehmen wir eine geringe Dunkelziffer hinzu, sind es rund ein Dutzend.
    Natürlich hat das Kiezdeutsch bis heute einige Etappen durchgemacht und sich vom reinen Pidgin emanzipiert: Es wird in den Medien als Spott-, Komik- oder Zitatvarietät inszeniert und kehrt dann zurück auf die Straße, natürlich in veränderter Form (sogenannter ‹primärer, sekundärer, tertiärer Ethnolekt›, Peter Auer). Der Ethnolekt ist in seiner Funktion erkannt und wird relativiert. Die Klientel differenziert sich mit der Zeit, wird aufwärtsmobiler, in-groups lösen sich auf, andere Varietäten (auch das Englische) mögen hinzutreten, und heute beherrschen die meisten Kiezdeutsch-Sprecher auch das Standarddeutsche.
Die sprachlichen Züge des ‹Kiezdeutsch›
    Nach Wiese (2012) gehen alle Sprachzüge des Kiezdeutsch auf das Deutsche, genauer: auf wechselnde Existenzformen des Deutschen zurück, die zeitlich und räumlich oft weit vom Kiezdeutsch entfernt liegen, also Dialekte oder historische Sprachzustände sind. Durch relativierende Argumentationsfiguren geraten alle anderen Erklärungen wie durch Zauberhand in den Hintergrund. Dies ist offenbar zu einem guten Teil ideologisch motiviert, weil es den Anteil der Migrantensprachen am deutschen Sprachwandel ausblendet. Vielleicht spielen auch einfach fehlende Sprachkenntnisse eine gewisse Rolle, das Fremdsprachenlernen dauert zu lange und eine effektive Zusammenarbeit mit Turkologie oder Arabistik ist noch nicht wirklich in Sicht.
    Wie um solchen Einwänden zuvorzukommen, werden in Wieses Kiezdeutsch-Buch einige Vorzeigewörter präsentiert, die man nicht wegretuschieren kann wie türkisch lan ‹Alter!›, haydi ! ‹los!› oder arabisch moruk ‹Alter!›. Und oft trifft man auf die wiederholte Redefigur, die immer wieder gleichsam mantrahaft besagt, einige Merkmale des Kiezdeutschen könnten natürlich auch zusätzlich (!) vom Türkischen oder Arabischen gestützt werden . Hinter dem ‹Feigenblatt› einiger orientalischer peanuts verschwindet dann der eigentliche, innersprachliche mächtige Einfluss der Migrantensprachen und der Mehrsprachigkeit – dieser aber ist der eigentliche Motor des Kiezdeutsch.
    Summa summarum wird der Einfluss von Migrantensprachen gleich vorab minimalisiert. Hier muss eine persönliche Bemerkung erlaubt sein: Meine Tochter Sophia (28), die mit türkischen und arabischen Kiezdeutsch-Sprechern aufgewachsen ist, würde sich, zusammen mit ihren Freunden aus dem Milieu, verwundert die Augen reiben, wenn man ihr erzählen wollte, dass die Sprache ihrer Jugend so gut wie nichts mit der Herkunftssprache ihrer arabischen und türkischen Freunde zu tun haben sollte. Und wer weiß, ob die Buchautorin ihrer Klientel, die ihr ja ans Herz gewachsen ist, nicht letzten Endes einen ordentlichen Bärendienst erwiesen hat, nämlich damit, dass sie alles Fremde am Kiezdeutsch so erfolgreich eingedeutscht hat. Wenn dies den Jungs nun gar nicht recht wäre?
    Der zentrale Punkt wird deshalb hier der mögliche Einfluss des Türkischen, Arabischen, Russischen, Bosnischen, Kurdischen oder der

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