Mum@work: Roman
dachte ich, oder?«
»Sehr gut.«
»Gluck, gluck«, sagt Max und reibt sich den Bauch. »Ja, du bekommst natürlich auch was. Einmal Latte Flacchiato, der Herr?« »Gluck!«
»Was ist das denn da?«, brüllt Carola aus meinem Büro, während ich mich in der Küche gerade mit dem Programmieren dieses Hochleistungsrechners (unserer neuen Kaffeemaschine) beschäftige.
»Was denn?«
»Na, diese drei Uhren an der Wand und diese Riesenweltkarte.« »Die brauche ich, sonst komme ich mit der Uhrzeit meiner zahlreichen Kollegen durcheinander.«
»Wieso, weil die in Chicago arbeiten?«
»Ja, und in Indien und ein paar auch in London, aber die zählen nicht so richtig, ist ja einfach nur plus eine, äh, warte, minus eine Stunde.« »Aha.«
»Also, die ganz linke Uhr da ...«, sage ich kurze Zeit später, während ich das Tablett mit dem Kaffee und der Milch ins Büro balanciere, »... ist für Hamburg, die daneben für Chicago und die ganz rechts für Mumbai.«
»Mumbai?«
»Ja, hieß früher Bombay. Da sitzt unsere IT-Abteilung. Hab ich dir doch aber schon mal erzählt, oder?«
»Ja, ich glaube schon. In Indien halten sich doch inzwischen alle ihre Softwaresklaven, aber die meisten wohl in Bangalore und Cyberabad.«
»Hyderabad. Genau.«
»Und für London brauchst du wirklich keine Uhr?« War das jetzt ironisch gemeint?
»Ah ... nein. Und sieh mal, wenn ich unterwegs bin, hab ich die hier.«
Ich stelle das Tablett ab und strecke Carola meine Arme entgegen.
»Zwei Uhren fürs Ausland hier«, sage ich und zeige auf mein rechtes Handgelenk. »Eine Uhr für Hamburg«, das linke Handgelenk. »So hab ich MESZ, Central-Daylight-Time und Indien-Irgendwas-Zeit einigermaßen im Griff.«
»Aha. Und wie klappt deine Telearbeit, wenn du doch mal einen richtigen Termin hast und dein Home-Office verlassen musst?«
»Bisher sehr gut. Mareike ist ja sowieso im Kindergarten. Und um Max kümmern sich entweder Tobias oder meine Eltern.«
»Deine Eltern? Sind die immer noch so vorbildliche Babysitter? Um die hab ich dich ja schon immer beneidet.«
»Ja, die machen das eigentlich immer noch ganz toll. Jetzt haben sie auch gerade ihr FitFifties verkauft, sind also richtige Rentner und haben noch mehr Zeit. Nur im Moment sind sie auf Reisen. Sollte eigentlich bloß ein kurzer Städtetrip werden, aber es scheint sich irgendwie zu einer Weltreise auszuweiten. Wenn sie erst mal wieder da sind, kann ich voll auf sie zählen.«
»Das ist ja toll. Und dann diese Organisation mit einem Riesenkonzern. Wirklich nicht schlecht.«
»Hm. Das einzige Problem ist, dass die ganzen Uhren und die Karte auch nichts daran ändern, dass ich eigentlich ununterbrochen im Einsatz bin.«
»Wieso? So viel Stress wegen MAMA.Com?«
»Ja, schon ein bisschen, und wegen Mum@Work, aber auch, weil ich ja praktisch in meinem Büro schlafe und eigentlich einfach nur wegen dieser Zeitverschiebung. Blöde Globalisierung.«
»Na, ob du als PR-Frau eines multinationalen Konzerns gerade darüber schimpfen solltest?«
»Wieso, ich könnte doch beim nächsten Weltsozialforum inkognito ein bisschen gegen den Kapitalismus demonstrieren. Nein, aber im Ernst, wenn meine Kollegen in Mumbai voller Arbeitseifer ihre Computer starten und meinen BlackBerry mit E-Mails bombardieren, dann ist hier noch nicht einmal Max aufgewacht. Und in der ganz wichtigen Zentrale, also in Chicago, zögern Randy und Trish auch nicht damit, um 18:00 Uhr ihrer Zeit mal schnell ein bisschen Input zu erfragen. Dann ist es bei uns ein Uhr nachts!«
»Du siehst, ehrlich gesagt, auch ein bisschen müde aus.«
Danke.
»Na ja, manchmal kann ich selbst dann nicht einschlafen, wenn gerade mal kein Telefon oder Handy klingelt.«
»Hast du es schon mal mit autogenem Training versucht?«
»Ja, zuletzt an der Uni. Da bin ich immer schon zu Beginn des Kurses auf der Matte eingeschlafen. Aber jetzt funktioniert das irgendwie nicht mehr.«
»Und Yoga?«
»Hat Swapnil auch vorgeschlagen und mir gleich eine PDF-Datei mit den besten Positionen geschickt. Hab ich mir sogar ausgedruckt. Aber ich hab noch nicht rausgefunden, wo auf dem Blatt oben und unten ist.«
»Oh.«
Der Blick ist aber nun entschieden zu mitleidig!
»Ach, aber eigentlich bin ich sehr zufrieden mit meiner Telearbeit. Ist doch genial. Ich kann bei Max sein, brauche nicht im Stau zu stehen ...«
»Ich weiß nicht, ich bin manchmal ganz froh, dass ich aus unserem Irrenhaus mal verschwinden kann.«
»Wirklich? Die sind doch so süß,
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