Mum@work: Roman
Der berühmte Feuchtigkeitsfühler in den speziellen MAMA.Com-Windeln melde sich erst, wenn die Windel ohnehin schon übergelaufen sei, berichten Nutzer der Software, die namentlich nicht genannt werden wollen. Der Wecker, der die telearbeitende Mutter an den nächsten Stilltermin — oder auch den Vater an das nächste Fläschchen für den kleinen Liebling - erinnern soll, klingelt den Nutzern zufolge bei jeder eintreffenden E-Mail.
»Wir arbeiten unter Hochdruck und werden diese doch eigentlich völlig unerheblichen Probleme in Kürze in den Griff bekommen«, sagte BetterMedia-Sprecherin Katharina Stein gegenüber Computer Heute. »Das sind noch Kinderkrankheiten, wie sie jedes neue Programm hat.«
Doch diese von BetterMedia verharmlosten Schwierigkeiten umfassen auch jenes Problem, das Marion E, die für ein großes Versandhaus arbeitet, entdeckte. »Neulich ging MAMA.Com einfach gar nicht an«, erzählt die Siebenundzwanzigjährige. »Ich startete meinen Computer, aber wenn ich auf das Schnuller-Icon auf meinem Desktop klickte, öffnete sich kein Programm.«
Es handelte sich also um Error 1 bei Funktion 01.0, wie Experten wissen und Marion E ebenfalls erfuhr. Allerdings erst, nachdem sie eine weitere Tortur hinter sich gebracht hatte: »Als ich den Schnuller noch einmal anklicken wollte, flog er plötzlich über den Bildschirm, so alswollte er sich vor meinem Cursor verstecken«, berichtete die Versandhandelsfachfrau. »Immer wenn ich mich ihm näherte, rutschte er in eine andere Ecke des Bildschirms.« Nach einer halbstündigen Jagd gab Marion E auf, zog den Netzstecker und rief die MAMA.Com-Hotline an.
Ergebnis: negativ. Die Hotline war noch nicht in Betrieb und ist es - den Computer-Heute-Recherchen zufolge - bis dato immer noch nicht. Geistesgegenwärtig kontaktierte Marion E ihren Vorgesetzten in der Firmenzentrale, der schließlich den allgemeinen BetterMedia-Kundendienst anrief. Hier wurde nach einer Wartezeit von mehr als einer Woche bestätigt, dass es sich um Funktion 01.0 und Error 1 handelt, doch behoben wurde das Problem bisher nicht.
»Ich kann nicht mehr von zu Hause arbeiten«, sagte Marion R, die den Tränen nahe war. »Dabei dachte ich doch, dass nach der Geburt meiner kleinen Chantal mit MAMA.Com alle Probleme gelöst sind.«
Ein Drama, das sich in Deutschland schätzungsweise tausendfach abgespielt hat. Dazu BetterMedia-Sprecherin Katharina Stein: »Uns sind bisher fünfzig solcher Fälle bekannt, was bei unserer fantastischen Nutzerzahl von 250.000 eine Fehlerquote von 0,02 Prozent macht. Damit sind wir sehr zufrieden.«
Diese Ansicht teilen allerdings nicht alle IT-Verantwortlichen in den Konzernen, die MAMA.Com mit großen Erwartungen und hohen Kosten angeschafft haben. Wie Computer Heute aus zuverlässigen Quellen erfuhr, denken bereits zwei Großunternehmen darüber nach, MAMA.Com wieder abzuschaffen und BetterMedia auf Schadenersatz zu verklagen.
»Oh-oh, das klingt aber wirklich überhaupt nicht gut«, meint Carola.
»Was? Der Malzbecher-Artikel?«, rufe ich ins Wohnzimmer.
»Ja, da hast du aber eine Menge Ärger, oder?«
»Na ja, geht so. Komm doch mal rauf, dann muss ich nicht so schreien.«
Zu spät. Max ist von seinem Mittagsschläfchen aufgewacht. »Ich gehe mal zu Max«, sagt Carola. »Okay?«
»Gern. Ich schicke noch schnell eine Mail an meine Chefin, dann bin ich fertig. Die denkt übrigens, dass alles ganz normal verläuft undwir uns einfach auf die Kampagne für das neue Internetportal konzentrieren sollen.«
Carola hat inzwischen Max auf dem Arm, der jetzt hellwach ist und ziemlich Hunger haben dürfte. Die Bestellung für den Nachmittagskaffee lautet also voraussichtlich: zwei Latte Macchiato und ein Milchfläschchen.
Date: 8. August
To: Trish Curtis
From: Katharina Stein, Head of German PR
Re: Mum@Work
Trish,
im Anhang das Konzept für die Pressemappe. Die Pressekonferenz ist jetzt für den 18. August terminiert. Deadline einen Monat vor Launch damit eingehalten.
Die negativen Kommentare zu MAMA.Com häufen sich. Auch Anfrage von besonders kritischer Regionalzeitung. Organisiere Interviewtermin mit Sub-Sub-Head of Regional IT. Alles im Griff. Schaden nach gefürchtetem Artikel in Massenblatt Computer Heute hält sich bisher in Grenzen.
Katharina Stein
Head of German PR
»So, fertig. Kannst du Max noch einen Moment nehmen? Dann mache ich uns mal einen Kaffee, okay?«
»Klar, ich hätte gern einen mit viel Milch.«
»Macchiato
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