Mum@work: Roman
den Keller wanderte, als die Billy-Ikea-Phase anbrach. Schließlich folgte Buche im Wohnzimmer und nun auch wieder Kiefer fürs Zimmer der eigenen Kinder, aber diesmal bitte geölt. Der Umwelt und Gesundheit zuliebe, von Andreas und Olivers Registratorregal von MANUFAKTUM aber so weit entfernt wie ein Wickelrucksack von einem Hermes-Täschchen.
»Hallo, Kathi, bist du noch dran?«
»Ja, klar. Wie konnte das denn passieren mit der Karaffe? Hast du denn nicht aufgepasst?«
»Natürlich hab ich aufgepasst. Aber ich war gerade mit deinem BlackBerry beschäftigt. Deshalb rufe ich ja auch an.«
Tanja hat mich in der Zwischenzeit in den Jeans-Laden dirigiert und sucht mit gewohnter Expertise die ersten Modelle für mich aus.
»Was ist denn mit dem BlackBerry?«
»Wir müssen dringend die Massen-Mail stoppen.«
»Welche Massen-Mail?«
»Meiki hat es irgendwie hinbekommen, dass dieses Gerät alle zwei Sekunden eine Mail abschickt, offenbar an alle Namen in deinem Adressbuch. Jedenfalls sind wir schon bei B.«
»O nein. Und was ist das für eine Mail?«
»Nichts Schlimmes, keine Sorge. Sie hatte als Hausaufgabe auf, alle Telefonnummern von allen unseren Angestellten aufzuschreiben. Hat sie auch gemacht. Mit Che zusammen, sagt sie. Sind ja nicht so viele Nummern. Nur Che selbst und die Putzfrau, je zwei Nummern.«
»Wie kommen die denn bei den Schlauen Füchsen auf diese Idee?«
»Nun, ihre Kindergarten-Kollegen haben wohl zu Hause mehr Personal. Und diese Martens ist ja sowieso ein bisschen durchgedreht. Aber das spielt doch jetzt eigentlich keine Rolle, oder? Auf jeden Fall hat Meiki die Nummern nicht nur aufgeschrieben, sondern per E-Mail an dich geschickt. Dann muss die Mail auf deinem BlackBerry angekommen sein, sie hat darauf ein paar Knöpfe gedrückt und nun arbeitet dieses Ding alle 250.000 Adressen ab.«
»Wie viele Adressen? So viele hab ich gar nicht gespeichert. Da übertreibst du aber ein bisschen.«
»Nein, ehrlich! Da steht irgendetwas von MAMA.Com ... und hier noch, warte mal, Nutzerverteiler. Bereits verschickt an 2000 Adressen. Ist ganz schön schnell, das Gerät.«
»O nein, du musst das stoppen!!! Das sind alle Nutzer von MAMA. Com. Ich wusste gar nicht, dass ich diesen Verteiler in meinem Adressbuchhabe. Ich dachte, das wäre Sache der Technik. Tobias, das musst du sofort stoppen!« »Sag ich ja.«
»Stress?«, flüstert Tanja mir zu, während sie mir eine Jeans an die Hüften hält, die mir irgendwie oben zu kurz und unten zu lang erscheint. Ich nicke.
»Tobias, bitte, tu was!«
»Oh, Kathi! Genau deshalb rufe ich ja an ... Wenn du mir sagst, wie, dann stoppe ich das.«
»Keine Ahnung. Wir könnten Swapnil in Indien anrufen. Aber, warte mal, dafür ist es jetzt eigentlich noch zu früh.«
Ich sehe auf meine beiden Armbanduhren. Leider habe ich vergessen, welche für Chicago und welche für Mumbai ist. Kein Glückstag heute.
»Zu spät, meinst du?«
»Nein, zu früh, denn die sind ja ...«
»Jetzt hat er schon 4000 Adressen abgearbeitet. Außerdem ist heute Samstag, da ist wahrscheinlich ohnehin keiner von denen erreichbar, oder?«
»Doch, natürlich, also, ich rufe Swapnil an und melde mich dann wieder bei dir.« »8000 Adressen.«
»Wir vergessen Swapnil. Mach einen Neustart, sofort.«
»Okay. Kein Problem. Jetzt sagt das Gerät: Wollen Sie wirklich alle 250.000 Adressen, 400 Aufgaben und 600 Termine löschen? - Willst du?«
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragt ein Jeans-Verkäufer, so um die zwanzig, der beängstigend zielstrebig auf Tanja und mich zusteuert. »Nein«, brülle ich ihn an.
Tanja übernimmt es, den diplomatischen Scherbenhaufen zusammenzukehren. »Überarbeitet - Managerin - wichtige Geschäftsinteressen -gestresst«, sind die Wortfetzen, die zu mir durchdringen.
»Wie, du willst jetzt doch keinen Neustart?«, fragt Tobias, langsam leicht genervt.
»Doch, will ich. Ich meinte eben den Verkäufer.«
»Welchen Verkäufer?«
»Na, diesen Milchbubi vor mir in dieser albernen Jeans, der mir bestimmt gleich genau so eine Hose andrehen will.«
»Kathi!«, Tanja klingt etwas vorwurfsvoll.
Der Verkäufer tut so, als hätte er nichts gehört.
»Reset abgeschlossen«, meldet Tobias. »Jetzt hast du vierhundert Aufgaben und sechshundert Termine weniger. Das ist doch nicht schlecht.«
»Sehr witzig. Trotzdem vielen Dank. Du hast mich vor der größten Katastrophe gerettet.«
Der Jeansverkäufer wendet sich mir zu. Keine Sekunde Ruhe. »Dann sollen es also diese drei
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