Mum@work: Roman
auch, aber jetzt beschäftigt sich Tobias auf einmal damit.«
Meiki hat bei ihren Hausaufgaben etwas falsch gemacht.
Ich zeige Tanja die Nachricht. Wir sehen uns verständnislos an. »Anrufen«, sagt sie. Ich nicke.
»Hallo, Tobias, ich bin's. Ich verstehe gar nichts. Was ist mit meinem BlackBerry, und was hat das Ganze mit Meikis Hausaufgaben zu tun?«
»Hallo, Kathi, also, es ist so, dass ... warte mal kurz.«
Im Hintergrund ist lautes Geschepper zu hören.
»... Max, geh da mal weg, bitte. Meiki, Vorsicht! Scherben!«
»Was ist denn bei euch los?«
»Nichts weiter. Max hat nur an der Tischdecke gezogen, auf der noch die Weinkaraffe stand.« »Und?«
»Na, die Karaffe ist natürlich hin. Aber es hat sich niemand wehgetan. Bisher jedenfalls nicht.«
»Ein Glück! Aber die Karaffe war unser Vorzeige-Designerstück!!! Damit wollte ich noch Andrea und Oliver beeindrucken, wenn sie das nächste Mal kommen.«
Andrea und Oliver sind ein echtes Yuppie-Paar. In unserem Bekanntenkreis sind sie die einzigen DINKS (Double Income No Kids), mal von Tanja und Karsten abgesehen, aber das hat sich ja nun auch bald erledigt. Andrea und Oliver sind dazu noch hochgebildet und kulturell sehr interessiert. Ein Besuch bei ihnen endet für mich jedes Mal in einer schweren Krise, angesichts ihrer gestylten Kleidung, ihrer gestylten Frisuren, ihrer gestylten Wohnung mit den Designermöbeln, dem Designergeschirr und dem selbst öffnenden Sensormülleimer aus Hochglanzedelstahl.
Ganz zu schweigen vom letzten taiwanesischen Avantgarde-Film mit Chen, Chang oder Chuan, den sie im Programmkino gesehen haben und von dem sie nun sehr enthusiastisch berichten. Ich hatte davon immerhin die Plakate gesehen, als ich neulich mit Mareike in Lauras Stern war.
Die Kleidung ist mir ja bekanntlich ziemlich egal, aber die Filme nicht. Auch die Frage nach der Literatur endet regelmäßig in einem Fiasko. Neulich fragte mich Andrea mal wieder, was ich denn gerade so lese.
Eigentlich eine ganz harmlose und dazu simple Frage mit einfacher Antwort: Mama Muh baut ein Baumhaus mit Mareike, und mit Max das Kribbel-Krabbel-Buch. »Das ist ganz süß, da kann man so mit den Fingern spielen und einen Elefantenrüssel imitieren und ...« An dieser Stelle verstummte ich. Andrea hatte gerade das letzte Kapitel vom neusten Houellebecq angefangen.
Und diese Wohnung: Bei Oliver und Andrea gibt es Tischdecken, die noch nie mit dem triefenden Boden einer Ketchupflasche in Berührung gekommen sind. Auch das weiße Ligne-Roset-Sofa kennt keine mit Nutellasprengsätzen bestückten Kinderhände, steht dafür aber auf edelstem Mahagoni-Holzparkett direkt unter einem echten Werk moderner Kunst. Ziemlich undefinierbar, aber furchtbar teuer.
Bei uns habe ich ein paar von Meikis Frühwerken aufgehängt - gerahmt, aber nicht von der Künstlerin signiert - und Andrea hat sie einmal tatsächlich mit Kennerblick betrachtet. Ein echter, aber seltener Triumph. Andrea arbeitet nämlich als Kuratorin für die Stadt Hamburg. Das heißt, sie sammelt für Ausstellungen in der Kunsthalle in aller Welt die Monets, Malewitschs und Münchs ein, die ich mirschon immer mal in Ruhe ansehen wollte, wenn die Kinder endlich ein bisschen größer sind.
Aber Andrea und Oliver sind eigentlich durchaus verständnisvoll, essen bei uns ihren Kuchen auch kommentarlos von bunten Plastiktellem und trinken ihren Kaffee aus Tassen mit Sprung. Selbst mit ein bisschen Dreck gehen sie ganz souverän um. Im Gegensatz zu ihrem Haushalt gibt es bei uns die Kategorie »sauber« nämlich einfach gar nicht. Dafür haben wir anzubieten:
a) nicht so dreckig
b) etwas dreckig
c) ziemlich dreckig
d) sehr dreckig und
e) würg
Vielleicht ändert sich das mit der gerade engagierten Putzfrau graduell. Aber nun ist die tolle Rotweinkaraffe kaputt. Das hätte beim nächsten Besuch alles rausgerissen - und sogar den Blick von unserem Altpapierberg abgelenkt, auf dem sich Ikea- und Jako-o-Kataloge zwischen Mäxchens Spiegel-Konfetti und Mareikes Glitzerprinzessinnenbildern stapeln. Bei Andrea und Oliver liegen natürlich wohlgeordnet art, Geo, Die Zeit und irgendwelche Fachzeitschriften auf der Ablage vor dem gigantischen Bücherregal, das von viel Geld, Zeit und Muße zeugt.
Wir sind bei unserem Möbelzyklus inzwischen wieder bei Kiefer angekommen. Den Anfang machte natürlich das eigene Jugendzimmer in Kiefer, lackiert. Dann kam das Ivar-System, unlackiert und sehr schlicht, das schließlich in
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