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Mum@work: Roman

Mum@work: Roman

Titel: Mum@work: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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Modelle zur Anprobe sein?«, fragt er mich und hält mir Hosen entgegen, die meine Oma dem Roten Kreuz geschenkt oder in Weihnachtspaketen zwischen Apfelsinen und Jacobs-Kaffee in die Ostzone geschickt hätte. Überall auf dem blaugrauen Stoff sind weiße Flecken, so als hätten sich die Designer nicht zwischen Jeans und Kuhkostüm für den Karneval entscheiden können. Und immer noch erscheinen sie mir alle oben zu kurz und unten zu lang. Doch Tanja schubst mich in die Umkleidekabine, aus Sicht- und Hörweite von diesem Teenager. Ist Kinderarbeit in Deutschland nicht verboten?
    »Die probierst du jetzt an«, sagt Tanja. »Ich suche noch nach ein paar anderen - von der letzten Saison. Vielleicht gefallen die dir besser. Bisher machst du keinen sehr glücklichen Eindruck.«
    Ach was?!
    Die erste Hose schafft es bis über meine Oberschenkel, die zweite scheitert schon am Knie. Aber die dritte flutscht wie von selbst nach oben und endet wie ein Stützkorsett für meine Schwangerschaftsrestspeckrolle drei Zentimeter unter dem Bauchnabel. Mindestens.
    »Sagt Ihnen ein Modell zu?«, erkundigt sich der Jüngling, der sich bedrohlich nahe an der Umkleidekabine herumzudrücken scheint. Gleich reißt er bestimmt den Vorhang auf.
    »Nun, nein ... äh ... eigentlich nicht.«
    Ich gehe vorsichtig in die Hocke, um die Jeans-Performance bei der müttertypischen Aufräumbewegung zu prüfen. Irgendwie zieht es am Po.
    »Soll ich Ihnen ein, zwei Größen größer holen?«
    Was soll das denn heißen? Ich trete doch jetzt schon auf den Hosenbeinen herum. Hält der mich etwa für dick? Hat er geguckt? Ich drehe mich vorsichtig um, doch der Kabinenvorhang macht einen unberührten Eindruck.
    »Nein, ich glaube, das ist einfach nicht der richtige Schnitt für mich.« Mutig ziehe ich den Vorhang ein Stück zur Seite und zaubere sogar ein entschuldigendes Lächeln hervor. Den Jeanskauf habe ich mental schon längst verschoben. Hier wird das jedenfalls nichts.
    »Welchen Schnitt hatten Sie sich denn so vorgestellt?«
    O Mann, ist der hartnäckig. Sonst kümmern sich die Verkäufer doch auch nur um ihre Kollegen, den neusten Tratsch und maximal um die Ordnung in den Regalen.
    »Na ja, vielleicht oben ein bisschen hochgeschlossener, so bis zum Bauchnabel oder etwas drüber, und unten darf's auf jeden Fall mit Schlag sein, aber vielleicht nicht zu lang und ...«
    Der Verkäufer sieht mich an, als hätte ich gerade einen Schottenrock bestellt. Dann entdecke ich Tanja neben ihm, die theatralisch mit den Augen rollt, ihren Jeansberg in den Armen sinken lässt und flüstert: »Hochgeschlossen! Kathi, das kann nicht dein Ernst sein. Du willst keine Hose, die bis zum Bauchnabel geht, oder?«
    »Bis zum Bauchnabel?«, mischt sich der Verkäufer ein. »Davon hab ich gehört, das muss so in den Achtzigern gewesen sein, oder? Meine Mutter hat davon einen ganzen Schrank voll. Scheußlich.«

20. Kapitel
    Computer Heute:
    BetterMedia-Webportal Mum@Work
    eine Woche vor Start praktisch noch unbrauchbar
    - Von Clemens Malzbecher -
    Hamburg, 11. September - Das Webportal Mum@Work, mit dem der US-Konzern BetterMedia nach seinem von unzähligen Krisen geplagten Computerprogramm MAMA.Com in Deutschland wieder Boden gutmachen will, steckt tiefer in der Krise als bisher angenommen. Eine Woche vor dem geplanten Start ist Mum@Work noch praktisch unbrauchbar, wie Recherchen von Computer Heute ergeben haben. Das Portal soll als Erweiterung von MAMA.Com die telearbeitenden Mütter und Väter in Echtzeit mit ihrem Arbeitgeber verbinden, Software zur Verfügung stellen, den Personalabteilungen direkten Kontakt zu den Mitarbeitern ermöglichen etc. - so zumindest das Versprechen von BetterMedia. Doch erste Testläufe endeten katastrophal, da in der Mehrzahl der Fälle noch nicht mal ein Login auf Mum@Work möglich war.
    Auch die Pannen bei MAMA.Com - immerhin schon von zehntausenden Kunden genutzt - sind längst nicht behoben. Noch immer meldet sich der Feuchtigkeitsfiihler in den MAMA.Com-Windeln erst, wenn es ohnehin zu spät ist. Das dürfte die Nutzer trösten, die von den inzwischen fast chronischen Lieferengpässen bei den Windeln betroffen sind.
    Neu gemeldet wurde, dass die Webcam für Telekonferenzen sich mitunter verselbstständigt und eine Verbindung zur Zentrale herstellt, ohne dass es der Telearbeiter weiß - mit teils peinlichen Folgen, wähnen sich die zu Hause im Schlafanzug tätigen Mitarbeiter doch in Sicherheit vor indiskreten

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