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Mum@work: Roman

Mum@work: Roman

Titel: Mum@work: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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Heimarbeitsdamen sind aber mit den Nerven schon fast am Ende.«
    Heimarbeitsdamen? Ich dachte, ich wäre die einzige.
    »Die trauern schon den schönen Zeiten nach, als sie noch Arbeitslosengeld bekommen haben und nicht Hartz IV und dafür noch dauernd zu Hause Anrufe für BetterMedia entgegennehmen mussten.«
    Interessant.
    »Am schlimmsten ist es, seit die Pannen mit dieser albernen Fitnesssoftware auftreten.«
    Fitnesssoftware? Wo bin ich? Das muss ich recherchieren.
    Mit möglichst wichtigem Gesichtsausdruck wende ich mich meinem Laptop zu.
     
    Suchwort: Fitness
    Treffer: 150 in MAMA.Com
    Sieh an!
    Präsentation: MAMA.Com-FitWare
    Die kenne ich ja noch gar nicht. Spannende Software, die ich da verk aufen soll.
    Mit der MAMA.Com-FitWare fördern Sie mit geringstem Aufwand die eigene Fitness! Der typische Büroalltag ist - auch im Home-Office - eine gravierende Gefahr für Ihre Gesundheit. Sie verbringen Stunden vor dem PC, ohne die geringste Bewegung. Nacken- und Rückenschmerzen treten mit der Zeit vermehrt auf. Sie vergessen vor lauter Stress, zwischendurch auch mal kleine Pausen einzulegen. Dabei wollten Sie schon lange Ihr ganz großes Fitnessprogramm starten, doch es fehlt Ihnen einfach die Zeit. Überstunden, die Familie - wo bleibt da die Zeit für regelmäßiges Training im Verein oder im Sportstudio?
    Die Lösung: Die MAMA.Com-FitWare
    Toll, das muss ich unbedingt mal ausprobieren.
    Eine Art Kurzzeitwecker...
    O nein, nicht schon wieder ein schreiendes Baby!
    ...erinnert in regelmäßigen Zeitabständen an die Trainingseinheitenvon jeweils nur einer Minute Dauer. Diese werden Ihnen in Videos direkt auf dem Bildschirm gezeigt. Zusammen ergeben diese ein Gesamttraining von rund zehn bis dreißig Minuten pro Tag. Alle Übungen können in normaler Bürokleidung gemacht werden. Es werden keine Geräte benötigt, und man kommt nicht ins Schwitzen.
     
    »Neulich hat sich jemand beschwert, dass er mit der FitWare doch geschwitzt hat«, sagt ein Callcenter-Vertreter. »Die sind doch nicht normal! Und meine Telemitarbeiter müssen sich das alles am heimischen Küchentisch anhören.« In der Tat, wie unappetitlich!
     
    Eine spezielle Funktion der MAMA.Com-Fitware ist das Augenrelaxing, das der Überanstrengung der Augen vorbeugt. Bei länger andauernder Bildschirmarbeit erscheinen ein Warnhinweis und ein Vorschlag für eine Entspannungsübung.
    Genial, eine Arbeitsbremse.
     
    »Eine Callcenter-Dame musste sich dafür verantworten, dass nur MAMA.Com und das Augenrelaxing schuld sein sollen, dass einer Nutzerin wegen Nichterfüllung des Arbeitspensums gekündigt wurde. Das geht doch nicht.«
    »Ähnliches ist einer meiner Damen mit dem Vitalizer passiert. Der muss Dutzende von Nutzern zum Einschlafen bei der Arbeit gebracht haben!«
    Vitalizer? Das wird ja immer besser. Aber wieso einschlafen?
     
    Suchwort: Vitalizer
    Präsentation: Vitalizer
    Der Knüller der MAMA.Com-FitWare ist schließlich der Vitalizer -eine dreiminütige Tiefenentspannung, die durch meditative Musik und sphärische Bilder Körper und Geist vitalisiert und neue Power bringt. In fünf Sekunden startet exklusiv für SIE eine kostenlose Kostprobe.
     
    -  noch 4 Sekunden
    -  noch 3 Sekunden
    Help! Wo ist der Stopp-Button?
    Verschwunden. Im Nirvana.
    -  noch 2 Sekunden
    -  noch 1 Sekunde
    -  Wenigstens der Lautstärkeregler!
    -  Wo ist der denn?
    Zu spät.
     
    Der Konferenzsaal wird erfüllt von sehr sphärischen, sehr entspannten und sehr friedlichen Klängen, die so gar nicht in das Zentrum von geballter Medien- und Softwaremacht passen, in dem ich mich befinde.
    »Das ist der besagte FitWare-Vitalizer«, höre ich mich sagen. Ich fühle mich, als hätte ich der Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch eine Sekunde zu lange in die Augen geschaut.
    @-)
    »Das Stück heißt Prajna-Paramita-Hridaya Sutra«, lese ich nun vor, was auf meinem Bildschirm zwischen sanft schwebenden Yin- und Yang-Zeichen steht.
    »Gespielt auf Koto und Shakuhachi, das sind, Moment, eine Zither und eine Flöte aus Asien.«
    Ob die das interessiert?
    Wohl nicht, denn das Management um Deutschland-Chef Fridolin Berg wirft sich genervte Blicke zu - bis auf einen der ganz Wichtigen, der am Rand Platz genommen hat. Der hat die Augen geschlossen und atmet sehr regelmäßig. Der Rest der Runde starrt entweder mich an oder konzentriert sich demonstrativ auf irgendwelche Unterlagen auf den Tischen vor ihnen.
    »Geht es Ihnen gut, Frau Stein?«, erkundigt sich jetzt

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