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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nachdenklich das Kinn. Noch immer liefen Musiker und Chorsänger umher; sie fragten sich vermutlich, was als nächstes geschehen würde. Der Geist war so anständig gewesen, sich während der Pause jagen und töten zu lassen, was rein theoretisch bedeutete, daß der dritte Akt beginnen konnte, sobald Herr Trubelmacher die vermißten Angehörigen des Orchesters aus den nächsten Tavernen geholt hatte. Die Show mußte weitergehen.
    Ja, dachte Nanny. Sie muß weitergehen. Es ist wie vor einem Gewitter, wenn sich dunkle Wolken zusammenballen.
    Nein. Es war wie beim Liebesakt. Diese Metapher hatte einen weitaus angemesseneren oggischen Charakter. Man gab alles dabei und erreichte früher oder später einen Punkt, an dem man weitermachen mußte – weil man es sich gar nicht vorstellen konnte aufzuhören. Der Inspizient konnte den Darstellern und allen anderen einige Dollar vom Lohn abziehen, was diese nicht daran hinderte, sich bei der nächsten Vorstellung erneut auf der Bühne einzufinden. Die Show ging weiter, immer.
    Nanny erreichte eine Leiter und kletterte zu den Soffitten hinauf.
    Sie war nicht sicher gewesen. Und sie mußte jetzt sicher sein.
    Leer und dunkel erstreckte sich der Bereich über der Bühne. Vorsichtig ging Nanny über einen Laufsteg, bis sie sich über dem Zuschauersaal befand. Die brummenden Stimmen des Publikums drangen dumpf durch die Decke unter ihr.
    Sie sah Licht an der Stelle, wo das dicke Seil des Kronleuchters in einer Öffnung verschwand. Nanny trat zur knarrenden Falltür und sah in die Tiefe.
    Enorme Hitze versengte ihr fast das Haar. Wenige Meter weiter unten brannten Hunderte von Kerzen.
    »Wäre schlimm, wenn das Ding hinunterfiele«, murmelte Nanny. »Hier würde vermutlich alles wie Zunder brennen…«
    Ihr Blick wanderte nach oben, bis zu jener Stelle, an der das Seil halb durchgeschnitten war. Sicher wäre ihr überhaupt nichts aufgefallen, wenn sie nicht genau danach Ausschau gehalten hätte.
    Wieder sah sie sich in der Düsternis um, bis sie etwas halb verborgen im Staub liegen sah.
    Hinter ihr bewegte sich ein Schemen in den Schatten, stand auf, beugte sich vor und lief davon.
     
    »Über Polizisten weiß ich Bescheid«, sagte Oma Wetterwachs. »Sie haben große Helme und große Füße, und man kann sie schon aus einer Entfernung von einem Kilometer sehen. Zwei haben sich unter die Zuschauer gemischt und sind auf den ersten Blick zu erkennen. Du siehst nicht wie ein Polizist aus.« Sie drehte die Dienstmarke hin und her. »Die Vorstellung, daß es geheime Polizisten gibt, gefällt mir nicht besonders«, fügte sie hinzu. »Wozu braucht man geheime Polizisten?«
    »Man braucht sie, weil es manchmal geheime Verbrecher gibt«, erklärte André.
    Oma lächelte fast und betrachtete die Gravur auf der Rückseite der Marke. »Hier steht ›Sondergruppe Ankertaugasse‹…«
    »Wir sind nicht sehr viele«, sagte André. »Unsere Abteilung wurde gerade erst eingerichtet. Kommandeur Mumm vertritt folgenden Standpunkt: Da wir in Hinsicht auf die Diebes- und Assassinengilde kaum etwas unternehmen können, sollten wir besser nach anderen Verbrechen Ausschau halten. Nach verborgenen Verbrechen. Dafür sind Wächter mit… besonderen Fähigkeiten nötig. Ich kann ziemlich gut Klavier spielen…«
    »Über welche Fähigkeiten verfügen der Troll und der Zwerg?« erkundigte sich Oma. »Mir scheint, sie taugen nur dazu, herumzustehen und von allen Leuten als dumme Wächter erkannt zu werden, die… Oh, ich verstehe.«
    »Ja, und sie müssen nicht einmal ausgebildet werden«, sagte André. »Kommandeur Mumm meint, sie seien die offensichtlichsten Polizisten, die man sich vorstellen kann. Übrigens führt Korporal Nobbs Papiere mit sich, die beweisen, daß er ein Mensch ist.«
    »Sind sie gefälscht?«
    »Ich glaube nicht.«
    Oma Wetterwachs neigte den Kopf zur Seite. »Wenn dein Haus in Flammen stünde – was würdest du als erstes herausholen?«
    »Ach, Oma… «, begann Agnes.
    »Hm, den Brandstifter?« erwiderte André.
    »Du bist ein Polizist, völlig klar.« Oma gab ihm die Dienstmarke zurück. »Bist du gekommen, um den armen Walter zu verhaften?«
    »Ich weiß, daß er Herrn Unterschaft nicht ermordet hat. Ich habe ihn beobachtet. Er hat den ganzen Nachmittag über versucht, die Verstopfung der Aborte zu beseitigen…«
    »Es kann kein Zweifel mehr daran bestehen, daß Walter nicht der Geist ist«, warf Agnes ein.
    »Ich war fast sicher, daß Salzella dahintersteckt«, sagte André.

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