Mummenschanz
Nanny vor.
Der Mann musterte sie von Kopf bis Fuß.
»Ach? Kannst du dich identifizieren?«
»Natürlich. Ich weiß immer, wer ich bin.«
»Ha! Zufälligerweise weiß ich, wie Nanny Ogg aussieht, Gnädigste, und zwar nicht wie du .«
Nanny Ogg setzte zu einer Antwort an – und verhielt sich dann wie jemand, der fröhlich auf die Straße trat, ohne an die heranrasende Kutsche zu denken.
»Oh…«, sagte sie.
»Und woher willst du wissen, wie Frau Ogg aussieht?« fragte Oma.
»Oh, ist es schon so spät? Wir sollten besser gehen…«, meinte Nanny.
»Weil sie mir ein Bild geschickt hat, jawohl«, sagte Ziegenberger und holte seine Brieftasche hervor.
»Daran sind wir überhaupt nicht interessiert«, behauptete Nanny und zog an Omas Arm.
»Ich interessiere mich sogar sehr dafür«, sagte Oma, nahm Ziegenberger ein zusammengefaltetes Stück Papier aus der Hand und betrachtete es.
»Ha! Ja… das ist Gytha Ogg«, räumte sie ein. »Zweifellos. Ich erinnere mich, wie der Künstler in jenem Sommer nach Lancre kam.«
»Damals habe ich das Haar länger getragen«, murmelte Nanny.
»Es hat dir besser gestanden«, brummte Oma. »Ich wußte gar nicht, daß du Kopien von dem Bild hattest.«
»Oh, du weißt ja, wie das ist in der Jugend«, sagte Nanny verträumt. »Hab den ganzen Sommer gekritzelt.« Sie erwachte aus ihren nostalgischen Erinnerungen. »Und ich wiege heute nicht mehr als damals«, fügte sie hinzu.
»Allerdings hat sich das Gewicht verschoben«, kommentierte Oma giftig.
Sie gab Ziegenberger das Bild zurück. »Das ist tatsächlich Nanny Ogg. Aber damals war sie etwa sechzig Jahre jünger und trug erheblich weniger Kleidung als heute. Hier siehst du die aktuelle Gytha Ogg.«
»Soll das heißen, diese Frau hat die Bananensuppenüberraschung erfunden?«
»Hast du sie probiert?« fragte Nanny.
»Ich nicht, aber Herr Reinfall, unser Chefdrucker.«
»War er überrascht?«
»Nicht annähernd so sehr wie Frau Reinfall.«
»Bei manchen Leuten ist die Wirkung ziemlich stark«, sagte Nanny. »Vielleicht hab ich’s mit dem Muskat übertrieben.«
Ziegenberger starrte sie groß an. Zweifel regte sich in ihm. Wenn man sah, wie Nanny Ogg lächelte, dann glaubte man, daß sie etwas wie Froide für den Gaumen und niche nur dafür schreiben konnte.
»Hast du das wirklich geschrieben?« fragte er.
»Aus dem Gedächtnis«, erwiderte Nanny stolz.
»Und jetzt möchte sie etwas Geld«, fügte Oma Wetterwachs hinzu.
Herr Ziegenberger verzog das Gesicht, als hätte er gerade eine Zitrone gekaut und mit Essig hinuntergespült.
»Wir haben ihr das Geld zurückgeschickt «, sagte er.
»Siehst du?« Enttäuschung kroch über Nannys Gesicht. »Ich wußte es, Esme…«
»Sie möchte etwas mehr Geld«, sagte Oma.
»Nein, möchte ich nicht…«
»Nein, das möchte sie nicht!« pflichtete Ziegenberger ihr bei.
»Sie möchte es doch «, beharrte Oma. »Sie möchte etwas Geld für jedes verkaufte Buch.«
»Ich will keineswegs wie eine Prinzessin behandelt werden«, meinte Nanny. { * }
»Sei still«, sagte Oma scharf. »Ich weiß genau, was du willst. Wir wollen Geld, Herr Ziegenberger.«
»Und was passiert, wenn ich euch keins gebe?«
Oma durchbohrte ihn mit einem strengen Blick.
»Dann gehen wir und überlegen, was zu tun ist«, antwortete sie.
»Das ist keine leere Drohung«, sagte Nanny. »Viele Leute hatten allen Grund zu bedauern, daß Esme überlegte, was zu tun war.«
»Na schön, kommt zurück, wenn ihr darüber nachgedacht habt!« erwiderte Ziegenberger und eilte fort. »Meine Güte! Autoren, die bezahlt werden wollen! Ist das zu fassen…«
Er verschwand zwischen den Bücherstapeln.
»Äh«, sagte Nanny. »Das hätte etwas besser laufen können, oder?«
Oma sah zu einem nahen Tisch, auf dem lange, breite Papierstreifen lagen. Sie wandte sich an einen Zwerg, der die Auseinandersetzung mit großem Interesse beobachtet hatte.
»Was ist das?« fragte sie.
»Das sind Korrekturfahnen des Almanachs.« Der Zwerg bemerkte die Verwunderung in Omas Miene und fuhr fort: »Es ist gewissermaßen ein Probedruck des Buches. Damit wir sicher sein können, daß der Text alle vorgesehenen Rechtschreibfehler enthält.«
Oma griff danach. »Komm, Gytha.«
»Ich möchte keine Schwierigkeiten, Esme«, sagte Nanny Ogg, als sie Oma folgte. »Immerhin geht es nur um Geld.«
»Das Geld spielt jetzt kaum mehr eine Rolle«, erwiderte Oma Wetterwachs. »Wir rechnen ab.«
Herr Eimer griff nach einer Violine. Sie
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