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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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werden.
    Oma schloß die Augen.
    So begann man, eine Hexe zu sein. Es ging dabei nicht darum, Pschikologie gegen dumme alte Männer anzuwenden, oder um irgendwelche Mixturen. Es spielte auch nur eine untergeordnete Rolle, sich mit Kräutern auszukennen.

Oma Wetterwachs öffnete ihr Selbst für die Welt und prüfte alles, was sie empfing.
    Sie ignorierte ihre Ohren, bis sich die vom Publikum verursachten Geräusche auf ein dumpfes Summen reduzierten.
    Ein dumpfes Summen, in dem Nanny Oggs Stimme erklang.
    »Dame Timpani singt als Quizella, und hier heißt es, sie sei ein großer Star«, meinte Nanny. »Nun, ich weiß nicht, was ein großer Star ist, aber eins ist mir klar: Der graue kann ganz schön ärgerlich sein.«
    Oma Wetterwachs nickte, ohne die Augen zu öffnen.
    Sie hielt sie geschlossen, als die Oper begann. Nanny begriff zwar, daß sie Oma besser ihren eigenen Angelegenheiten überlassen sollte, aber gleichzeitig fühlte sie sich verpflichtet, das allgemeine Geschehen zu kommentieren.
    »Da ist Agnes!« entfuhr es ihr plötzlich. »He, das ist Agnes!«
    »Hör auf zu winken und setz dich«, brummte Oma, während sie versuchte, ihren Wachtraum festzuhalten.
    Nanny beugte sich über den Balkon.
    »Sie trägt die Kleidung einer Zigeunerin«, sagte sie. »Und jetzt tritt eine junge Frau vor, um zu singen…« Sie blickte auf das gestohlene Programmheft. »Hier ist die Rede von der berühmten Abschiedsarie. He, das nenne ich eine gute Stimme…«
    »Agnes singt«, murmelte Oma.
    »Nein, die junge Frau namens Christine.«
    »Schließ die Augen, du dumme Alte«, zischte Oma Wetterwachs. »Und dann behaupte noch einmal, Agnes hätte mit dem Gesang nichts zu tun.«
    Nanny Ogg schloß gehorsam die Augen und lauschte einige Sekunden. Dann hob sie die Lider. »Da singt Agnes!«
    »Ja.«
    »Aber direkt vor ihr steht die junge Dame mit dem strahlenden Lächeln, und sie bewegt die Lippen und so!«
    »Ja.«
    Nanny kratzte sich am Kopf. »Da stimmt was nicht, Esme. Können wir zulassen, daß man Agnes die Stimme stiehlt?«
    Omas Augen blieben weiter geschlossen. »Sag mir, ob sich die Vorhänge der Loge dort drüben bewegt haben.«
    »Ja, ganz kurz, Esme.«
    »Aha.«
    Oma Wetterwachs entspannte sich wieder. Sie lehnte sich zurück, während die Melodien der Arie erklangen, öffnete einmal mehr ihr Bewußtsein…
    Kanten, Wände, Türen…
    Sobald man einen Bereich abgrenzte, wurde er zu einem eigenen Universum. Einige Dinge blieben darin gefangen.
    Die Musik drang durch eine Seite des Kopfes und verließ ihn auf der anderen. Mit ihr kamen andere Dinge und Fragmente, Erinnerungen an Schreie…
    Oma ließ ihr Ich tiefer sinken, unter die Schichten des Bewußten, in die Finsternis jenseits des Feuerscheins.
    Furcht wartete dort; sie schlich wie ein großes dunkles Tier umher. Sie lauerte in jeder Ecke, steckte in den Steinen. Alter Schrecken hockte in den Schatten. Er gehörte zu den ältesten Schrecken überhaupt. Der Mensch hatte gerade erst gelernt, aufrecht zu gehen, als ihn jenes Entsetzen zwang, auf die Knie zu sinken. Es war die Angst vor der Unbeständigkeit, die Erkenntnis, daß alles von vergänglicher Natur war. Eine herrliche Stimme oder eine wundervolle Gestalt… Die Ankunft solcher Attribute konnte man nicht kontrollieren, und es ließ sich auch nicht bestimmen, wann sie einen verließen. Oma hatte nicht genau danach gesucht, aber vielleicht stellte es das Meer dar, in dem es schwamm.
    Noch tiefer…
    Und da war es. Es raste durch die Nacht der Seele dieses Ortes wie ein reißender, kalter Strom.
    Als sich Oma näherte, stellte sie folgendes fest: Es handelte sich um ein doppeltes Ding, um zwei Teile, die einander umschlangen. Sie dehnte ihre Wahrnehmung aus…
    Verschlagenheit. Lügen. Betrug. Mord.
    »Nein!«
    Oma Wetterwachs blinzelte.
    Zahllose Personen starrten sie an.
    Nanny zerrte an ihrem Kleid. »Setz dich, Esme!«
    Oma sah zum Kronleuchter, der friedlich über dem vollen Zuschauersaal hing.
    »Sie haben ihn erschlagen!«
    »Wie bitte?«
    »Und ihn in den Fluß geworfen!«
    »Esme!«
    »Pscht!«
    » Würdest du dich bitte endlich setzen, gnä’ Frau?«
    »… und jetzt nimmt sich der Pelz auch noch die Marzipanpralinen vor!«
    Oma griff nach ihrem Hut, eilte seitwärts durch die Reihe und zermalmte erlesene Ankh-Morpork-Schuhe unter ihren dicken Lancre-Sohlen.
    Nanny zögerte. Der Gesang hatte ihr gefallen, und sie wollte applaudieren. Doch ein zusätzliches Paar Hände war gar nicht vonnöten. Als die

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