Mummenschanz
erwiderte Salzella. »Herzlichen Dank für diese Information. Nun, der arme alte Dr. Unterschaft wurde erdrosselt. Und dann hängte ihn jemand auf.«
»Salzella, ich glaube, du hast nicht den richtigen Sinn für…«
»Ich bin jetzt fertig Herr Eimer!«
»Ja, danke, Walter. Du kannst gehen.«
»Ja, Herr Eimer!«
Walter zog sehr gewissenhaft die Tür hinter sich zu. »Wenn dieses Problem nicht möglichst schnell gelöst wird…«, begann Salzella. »Ist alles in Ordnung?«
»Was?« Herr Eimer hatte zur geschlossenen Tür gestarrt und schüttelte nun den Kopf. »Oh. Ja. Äh… Walter…«
»Ja?«
»Ist… äh… alles in Ordnung mit ihm?«
»Oh, er kann manchmal… recht seltsam sein. Aber er ist harmlos – wenn du das meinst. Einige Bühnenarbeiter und Musiker sind nicht besonders nett zu ihm. Sie beauftragen ihn zum Beispiel damit, eine Dose mit unsichtbarer Farbe oder einen Beutel mit Nägellöchern zu holen. Er glaubt, was man ihm sagt. Wieso fragst du?«
»Oh… nur so. Er ist… dumm.«
»Nun, man kann ihn sicher nicht als sehr intelligent bezeichnen.«
»Nein, ich meine… Ach, schon gut.«
Oma Wetterwachs und Nanny Ogg verließen Ziegenbergers Büro. Ruhig und gelassen wanderten sie über die Straße. Das galt zumindest für Oma. Nanny humpelte ein wenig und mußte erst wieder das Gleichgewicht finden.
Alle dreißig Sekunden fragte sie: »Wieviel habe ich bekommen?«
»Dreitausendzweihundertsiebzig Dollar und siebenundachtzig Cent«, erwiderte Oma. Sie wirkte nachdenklich.
»Es war wirklich nett von ihm, selbst in den Aschenbechern nach Münzen zu suchen«, sagte Nanny. »Zumindest in den Aschenbechern, die er erreichen konnte. Wieviel habe ich bekommen?«
»Dreitausendzweihundertsiebzig Dollar und siebenundachtzig Cent.«
»Nie zuvor habe ich siebzig Dollar besessen«, meinte Nanny.
»Es sind mehr als siebzig Dollar. Es sind…«
»Ja, ich weiß. Ich arbeite mich allmählich zu der ganzen Summe vor. Nun, eins steht fest: Mit viel Geld riskiert man, sich die Haut wundzuscheuern.«
»Ich weiß überhaupt nicht, warum du dein Portemonnaie im Schlüpferbein aufbewahrst«, sagte Oma.
»Weil dort niemand danach suchen würde.« Nanny seufzte. »Wieviel habe ich bekommen?«
»Dreitausendzweihundertsiebzig Dollar und siebenundachtzig Cent.«
»Ich brauche eine größere Büchse.«
»Du brauchst einen größeren Kamin.«
»Ich könnte ganz sicher ein größeres Schlüpferbein gebrauchen.« Nanny stieß Oma an. »Ich bin reich«, stellte sie fest. »Von jetzt an mußt du nett zu mir sein.«
»Ja«, sagte Oma, »daran habe ich auch schon gedacht.«
Sie blieb stehen. Nanny stieß gegen sie; in ihrer Unterwäsche klimperte es. Vor ihnen ragte die Fassade des Opernhauses auf.
»Wir müssen in das Gebäude zurückkehren«, sagte Oma, »und uns Loge acht vornehmen.«
»Eine Brechstange«, entgegnete Nanny. »Und Greifklaue Nummer drei. Damit müßte es sich bewerkstelligen lassen.«
»Wir sind nicht dein Nev«, stellte Oma fest. »Außerdem gefällt es mir nicht, einzubrechen. Wir sollten ein Recht darauf haben, uns in der Oper aufzuhalten.«
»Putzfrauen«, sagte Nanny. »Wir könnten uns als Putzfrauen ausgeben und… Nein, so etwas kommt angesichts meiner neuen Stellung nicht mehr in Frage.«
»Nein, es wäre unter deiner Würde, für eine Putzfrau gehalten zu werden.«
Oma sah auf Nanny hinab, als eine Kutsche vor dem Opernhaus hielt. »Natürlich könnten wir uns die Loge acht einfach kaufen«, sagte sie betont geziert.
»Das klappt nicht«, sagte Nanny. Einige Bedienstete staksten die Treppe hinunter, um die Insassen der Kutschen zu begrüßen. Sie zeigten die typische steife Würde von Leuten, die daran gewöhnt waren, Adel zu empfangen. »Loge acht ist. tabu. Es werden nicht mal Karten dafür angeboten.«
»Wieso eigentlich nicht?« fragte Oma. »Morde geschehen, und trotzdem finden weitere Vorstellungen statt. Das bedeutet: Jemand ist bereit, für genug Geld seine eigene Großmutter zu verkaufen.«
»Es würde ein Vermögen kosten«, sagte Nanny.
Sie sah Omas triumphierenden Gesichtsausdruck und stöhnte. »Ach, Esme! Ich wollte das Geld fürs Alter beiseite legen.« Sie überlegte kurz. »Und es würde trotzdem nicht klappen. Ich meine, sieh uns nur an. Wir sehen einfach nicht aus wie die richtigen Leute…«
Enrico Basilica kletterte aus einer der Kutschen.
»Aber wir kennen die richtigen Leute«, sagte Oma.
»Ach, Esme!«
Die Ladenglocke läutete auf vornehme Art.
Weitere Kostenlose Bücher