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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Sie schien so vulgäre Dinge wie einfaches Bimmeln abzulehnen. Vermutlich wäre ihr ein dezentes Hüsteln am liebsten gewesen.
    Dies war das nobelste Bekleidungsgeschäft in Ankh-Morpork. Einen deutlichen Anhaltspunkt für diesen hohen Status bot die offensichtliche Abwesenheit von Ware. Nur einige teure Einzelstücke wiesen auf die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hin.
    Man kam nicht hierher, um etwas zu kaufen, sondern um eine Tasse Kaffee zu trinken und ein wenig zu plaudern. Während des leise geführten Gesprächs mochten fünf Quadratmeter erlesenen Stoffes den Eigentümer wechseln, aber es fand keineswegs etwas so Unfeines wie Handel statt.
    »Bedienung!« rief Nanny.
    Eine Dame trat durch einen Vorhang und musterte die beiden Besucherinnen. Möglicherweise gebrauchte sie dafür nicht die Augen, sondern die Nase.
    »Seid ihr sicher, daß ihr den richtigen Eingang gewählt habt?« fragte sie. Madame Dämmerung war dazu erzogen worden, Diener und Geschäftsleute freundlich zu behandeln, selbst wenn sie so verwahrlost waren wie diese beiden Vogelscheuchen.
    »Meine Freundin möchte ein neues Kleid«, sagte die kleine Pummelige. »So ein piekfeines Ding mit Schleppe und gepolstertem Hintern.«
    »Und schwarz«, sagte die Dürre.
    »Und mit allem Drum und Dran«, fügte die Pummelige hinzu. »Kleine Handtasche mit Schnur, eine Brille am Stiel, was so dazugehört.«
    »Ich fürchte, das würde ätwas mehr kosten, als ihr glaubt«, erwiderte Frau Dämmerung.
    »Wie viel ist ätwas mehr?« fragte die Pummelige.
    »Ich meine, dies ist ein sehr exklusives Bekleidungsgeschäft.«
    »Deshalb sind wir ja hier. Wir wollen keine Lumpen. Ich bin Nanny Ogg, und das ist… Lady Esmeralda Wetterwachs.«
    Madame Dämmerung bedachte Lady Esmeralda mit einem skeptischen Blick. Kein Zweifel, die Frau zeichnete sich durch Haltung aus. Und sie starrte wie eine Herzogin.
    »Von Lancre«, fuhr Nanny fort. »Und sie könnte ein Konservatorium haben, wenn das ihrem Wunsch entspräche. Was jedoch nicht der Fall ist.«
    »Äh…« Frau Dämmerung beschloß zunächst, auf die beiden Besucherinnen einzugehen. »An welchen Stil habt ihr gedacht?«
    »An was Feines«, antwortete Nanny Ogg.
    » Ätwas genauere Angaben wären mir eine große Hilfe…«
    »Vielleicht könntest du uns das eine oder andere Stück zeigen«, sagte Lady Esmeralda und setzte sich. »Das Kleid ist für die Oper bestimmt.«
    »Oh, du besuchst die Oper?«
    »Lady Esmeralda besucht eine ganze Menge, unter anderem auch die Oper«, meinte Nanny Ogg. »Sie ist eine allseits bekannte Besucherin.«
    Madame Dämmerung war das typische Produkt ihrer gesellschaftlichen Schicht und neigte dazu, die Welt aus einer bestimmten Perspektive zu sehen. Wenn sich die Welt auf überraschende Weise verhielt, so reagierte sie zunächst mit Verwirrung – um dann die Dinge zu ignorieren, die nicht in ihr Bild paßten. Wenn eine Katastrophe die Zivilisation beendete und alle Überlebenden zwang, Kakerlaken zu essen, würde Madame Dämmerung weiterhin eine Serviette gebrauchen und auf Leute herabsehen, die Küchenschaben falsch herum verzehrten.
    »Ich… äh… zeige euch einige Muster«, sagte sie. »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie eilte ins lange Arbeitszimmer hinter dem Laden – dort gab es weitaus weniger vergoldete Dinge –, lehnte sich an die Wand und rief die Chefnäherin.
    »Mildred, ich habe eben mit zwei sehr seltsamen Frauen gespro…«
    Sie unterbrach sich. Die beiden… Kundinnen waren ihr gefolgt!
    Sie schlenderten nun durch den Mittelgang zwischen den Schneidern, nickten den Leuten zu und betrachteten die Kleidungsstücke an einigen Puppen.
    Madame Dämmerung trat ihnen rasch entgegen. »Es wäre euch sicher lieber, wenn…«
    »Wieviel kostet das hier?« fragte Lady Esmeralda und betastete eine für die Herzoginwitwe von Quirm bestimmte Kreation.
    »Ich fürchte, dieses Gewand ist nicht verkäuflich…«
    »Wieviel würde es kosten, wenn es verkäuflich wäre?«
    »Dreihundert Dollar, glaube ich«, sagte Madame Dämmerung.
    »Fünfhundert Dollar halte ich für einen angemessenen Preis«, erwiderte Lady Esmeralda.
    »Tatsächlich?« meinte Nanny. »Oh, ja, das hältst du für angemessen, wie?«
    Das Kleid war schwarz. Zumindest theoretisch. Es hatte die gleiche Schwärze wie der Flügel eines Stars. Es handelte sich um schwarze Seide mit schwarzen Perlen und schwarzen Pailletten. Es war gewissermaßen Schwärze auf Urlaub.
    »Scheint meine Größe zu sein. Wir nehmen es.

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