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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weitere Erklärung. »Überlebenstraining«, fuhr dieser fort. »Tolle Sache. Sie sind mit ein paar Leuten ein Wochenende lang irgendwo im Wald. Ohne dass Sie Proviant dabeihaben. Ohne Hilfsmittel. Ein irres Gemeinschaftserlebnis. Sollte übrigens zur Grundausbildung eines jeden Polizisten gehören.«
    »Und das …«, Häberle musste kurz nachdenken, »… das haben Sie in Ulm absolviert. Bei diesem Konarek?«
    Ollerich nickte. Die Gänse waren verstummt.

38
     
    Bleibach schwitzte. Zwar hatten ihn die netten Damen von der Maske vor dem Auftritt dezent geschminkt und gepudert, doch nun drohte der Schweiß das Make-up gründlich zu zerstören und sein Gesicht glänzen zu lassen. Dass er hier in die Zange genommen werden würde, war ihm von vornherein klar gewesen. Doch die sechs hochkarätigen Gesprächspartner hatten es offenbar darauf abgesehen, ihn in dieser Talk-Show des Ersten Deutschen Fernsehens zu blamieren, zumindest aber zu diffamieren oder – ebenso schlimm – lächerlich zu machen.
    Sogar Moderator Heinrich Mühlheimer, der sich stets weltmännisch gab, war mit seinen kritischen Bemerkungen weit über das erträgliche Maß hinausgeschossen, wie Bleibach es empfand, der an diesem Abend erhebliche Mühe hatte, seine gewohnte Gelassenheit zu bewahren und sachlich zu argumentieren. Die angedrohte Strafanzeige lag wie ein Schatten auf seiner Seele. Vermutlich hatte Joanna Malinowska den Zeitpunkt bewusst gewählt. Und jetzt saß sie irgendwo vor einem Fernsehgerät und lauerte nur darauf, dass ihm ein Fehler unterlief. Nicht auszudenken, wenn sie bereits bei der Polizei gewesen wäre und sich die Medien auf das pikante Thema gestürzt hätten. Vermutlich wäre sogar diese Talk-Show mit ihm abgesagt worden.
    »Gestatten Sie den Hinweis, Herr Bleibach«, meldete sich der selbstgefällige Journalist eines Nachrichtenmagazins zu Wort, »ich kann mich bei Ihren Auftritten des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie komplexe Themen auf den kleinst-möglichen Sachverhalt reduzieren, um daraus für sich und Ihre Thesen Kapital zu schlagen – sprich: um damit indirekt zum Ausdruck zu bringen, nur Sie allein seien imstande, dieses Land vor dem Untergang zu bewahren.« Bleibach wollte antworten, doch der Journalist dozierte weiter: »Verzeihen Sie die Anmerkung, aber ich tu mich noch heute schwer, Sie einer politischen Richtung zuzuordnen, zumal Sie sich selbst auch nicht festlegen wollen oder können. Vielleicht auch nicht dürfen, je nachdem, wer Sie protegiert.«
    Bleibach, der vergeblich darauf gehofft hatte, Mühlheimer würde ihm endlich das Wort erteilen, ließ sich nicht länger in die Defensive drängen: »Ich weiß, dass es die sogenannten Mainstream-Medien nicht wahrhaben wollen, dass plötzlich jemand die Massen gegen die etablierten Netzwerke mobilisiert. Dies ist Ihnen, meine Damen und Herren, suspekt.« Er blickte in die Runde, ließ sich aber nicht unterbrechen, obwohl eine energische Dame bereits angriffslustig genau darauf lauerte und wild mit den Händen fuchtelte. »Aber ich wiederhole es hier und heute und vor allen Bürgern, die in diesem Moment zuschauen: Hinter mir gibt es keine finstere Gruppierung und keine Verschwörung – und ich versichere Ihnen, ich möchte nicht mehr und nicht weniger sein als der Sprecher des Volkes.«
    »Oder der Führer!«, keifte die Frau dazwischen, die das konkurrierende Nachrichtenmagazin vertrat. »Hat Sie denn jemand dazu berufen oder gewählt?«
    Bleibach wollte erneut etwas sagen, entschied sich aber dagegen. Jetzt bloß keine Emotionen zeigen, warnte er sich selbst. Sie wollen dich fertigmachen, sie sind gekommen, um sich wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe auf dich zu werfen.
    Seine kurze Verschnaufpause nutzte ein Mann mit dicken Brillengläsern, um an die Bemerkung der Frau anzuknüpfen. »Auch wenn die Kollegin ein Wort benutzt hat, das in unserem Land grenzwertig erscheinen mag, so lassen einige Ihrer Aussagen aufhorchen, die Sie bezüglich der Einwanderungspolitik gemacht haben.« Der Mann blätterte in seinen Unterlagen. »Ich zitiere aus Ihrer Rede von Konstanz: ›Jeder, der zu uns kommt, muss sich an unsere Rechtsordnung halten‹. Daraus leite ich im Umkehrschluss ab, dass Sie einen Migranten, der sich auch nur das Allerkleinste zuschulden kommen lässt, sofort in sein Heimatland zurückschicken möchten.«
    Wieder hatte Bleibach keine Chance zu antworten, weil Friedbert Streitmann, ein juristisch gebildeter Fernsehjournalist, wie gewohnt

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