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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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scharfzüngig anschloss: »Dann erklären Sie uns doch endlich, wie Sie das meinen.« Seine Rhetorik erinnerte in Kombination mit dem strengen, vorwurfsvollen Klang seiner Stimme an das Plädoyer eines Staatsanwalts. »Sie attackieren die politisch Verantwortlichen, Sie diffamieren Migranten, Sie machen Rundumschläge gegen den Warenimport aus dem Ausland und Sie tun so, als sei Geldverdienen etwas schrecklich Schlimmes und Grausames. So verstehe ich Sie, Herr Bleibach. So und nicht anders. Man muss sich Ihre Reden genauer anhören, zwei-, dreimal, dann erfährt man sehr viel von Ihnen, auch wenn Sie manches nicht sagen. Aber auch das Nichtgesagte ist eine Botschaft, die es zu verstehen gilt.«
    Bleibach verwarf den Gedanken, diesen selbstverliebten Redner zu unterbrechen. Allerdings, das war ihm inzwischen klar, würde er an diesem Abend keinen einzigen Satz mehr äußern können, falls er anderen nicht unhöflich ins Wort fiel. Mühlheimer jedenfalls entpuppte sich tatsächlich als der schwache Moderator, für den er ihn immer schon gehalten hatte. Er fand sichtlich Gefallen daran, wie die Journaille ihr Opfer zerfleischte. Bleibachs innere Unruhe wuchs. Er nahm einen Schluck Wasser und wäre jetzt am liebsten aufgesprungen, um den Zuschauern endlich einmal darzulegen, wie einseitig der Journalismus in diesem Lande war. Was maßten sich die Medien eigentlich an? Längst war doch von unabhängiger Presse keine Rede mehr.
    Der Vertreter einer großen seriösen Tageszeitung, der den Verlauf der Diskussion bisher mit Distanz verfolgt hatte, hob sich mit seiner emotionslosen Stimme von der Aufgeregtheit der anderen ab: »Die Frage ist doch«, begann er ruhig, »wer Sie dazu legitimiert hat, im Namen des Volkes zu sprechen. Natürlich kann man Ihnen zugute halten, dass Sie das Heer der Unzufriedenen hinter sich scharen. Aber ist es nicht möglich, dass Sie erst mit Ihren Worten diesen Leuten einzureden versuchen, sie hätten Grund dazu, unzufrieden zu sein? Erlauben Sie mir den Vergleich, aber mir kommt es ein bisschen so vor wie in der freien Marktwirtschaft. Sie wecken Bedürfnisse, wo keine da wären, wenn es kein entsprechendes Angebot gäbe. Ich habe in Ihren Reden bisher den Hinweis vermisst, dass dieses Land schneller aus der tiefen Wirtschaftskrise herausgekommen ist als andere. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich positiv entwickelt und dank politischer Entscheidungen ist unsere Wirtschaft wieder auf dem besten Wege, ihre Spitzenpositionen beizubehalten.« Er räusperte sich und trank einen Schluck Wasser.
    Bleibach sah auf die große Studiouhr hinter den Kameras. Er musste noch über eine halbe Stunde durchhalten. Gerade als er etwas erwidern wollte, bot die einzige Frau am Tisch mit ihrer nervösen Stimme das Kontrastprogramm zu ihrem Vorredner: »Sie beschwören die Apokalypse herauf, um selbst die Genesis zu schreiben und als Phönix aus der Asche zu steigen. Wenn man Ihre Vita genau liest, stellt man fest, dass Sie sich bisher nirgendwo politisch engagiert haben. Keine Mitarbeit in einem Kreisverband, kein Bemühen um ein politisches Amt. Sie haben studiert, sind eine Zeit lang irgendwelchen wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten nachgegangen und ziehen nun wie ein Prediger durch die Lande. Und alle Welt fragt sich, wie dies alles finanziert wird.«
    »Und wer die Herrschaften sind, denen das zugute kommt«, unterbrach der Fernsehjournalist spitz.
    Jetzt hakte Bleibach ein: »Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mich auch einmal wieder zu Wort kommen ließen, denn Sinn einer Talkshow – wenn ich dies richtig interpretiere – sollte es doch sein, den Betroffenen zu hören, anstatt sich selbst in Szene zu setzen.« Bleibachs Bemerkung wurde von der Runde mit Empörung und wildem Durcheinanderreden quittiert. »Wer setzt sich denn in diesem Land in Szene?«, keifte die Frau. Der Journalist eines Boulevardblatts, der sich bisher erstaunlicherweise zurückgehalten hatte, giftete: »Ich glaube, Sie verwechseln Ursache und Wirkung. Sie sind es doch, der es genießt, in Szene gesetzt zu werden. Ohne meine Kollegen und mich wären Sie nie dort hingekommen, wo Sie jetzt sind. Ihnen ist es zweifellos gelungen, eine Aufmerksamkeit zu erlangen, die Sie mit der Eigendynamik, die daraus erwachsen ist, nach oben gespült hat. Die Systematik der Medien sorgt dafür, dass Sie mittlerweile zu den bekanntesten Personen dieses Landes gehören. Und nicht die, die darüber berichten, setzen sich in Szene, sondern diese Kolleginnen

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