Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Robert Burns.
»Woher hast du das?«, fragte sie.
Artair lachte wieder sein ansteckendes Lachen. »Liebste, ich habe es nicht gestohlen, falls du dich fragst, wie eine solche Kostbarkeit in diese ärmliche Hütte kommt. Ein Kunde war vorübergehend klamm, und da habe ich mich in Büchern bezahlen lassen. Sehr zum Ärger von Vater, der immer sagt: Davon kriege ich meine Familie nicht satt.«
»Und deine Mutter?«
Artair seufzte traurig. »Sie ist bei der Geburt meiner kleinen Schwester gestorben, und auch die konnte nicht gerettet werden. Seitdem sind wir ein reiner Männerhaushalt. Es ist elf Jahre her.«
Mhairie trat auf Artair zu und schlang ihm die Arme um den Hals. »Jetzt habt ihr eine Frau, die sich um euch kümmert«, erklärte sie gerührt. »Ich habe zwar keinen Schimmer, wie man einen Haushalt führt, weil das seit Mutters Tod Donalda übernommen hat, aber ich werde es lernen.«
»Nein«, widersprach Artair heftig. »Du bist eine Prinzessin. Ich möchte dich verwöhnen. Ich will dir die Welt zu Füßen legen. Du sollst nicht die Böden in einer Hütte schrubben, bis du Schwielen an deinen schönen Händen bekommst. Ich habe da so meine Pläne.«
»Und die willst du mir nicht verraten?«
»Beizeiten schon, aber sag mir mal: Wann ist denn deine Mutter gestorben? Du hast das bislang noch niemals erwähnt.«
Mhairies Augen wurden auf der Stelle feucht. Es war bereits viele Jahre her, aber der Kummer hatte sich unauslöschlich in ihr Herz gebrannt, seit ihre Mutter von einem Tag auf den anderen durch ein Fieber aus dem blühenden Leben gerissen worden war. Wie oft hatte sie die Mutter seitdem schmerzlich vermisst. Mhairie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Nun erzähl schon – wie sehen deine Pläne aus?« Mhairie rang sich zu einem Lächeln durch.
»Ich werde versuchen, unsere Brennerei zu legalisieren, und mich ganz auf das Whiskygeschäft stürzen. Es kann nicht angehen, dass unser Clan als Crofter-Knechte der Munroys endet.«
»Aber das wäre doch wunderbar. Unser Anwesen ist riesig. Da könnten wir eine richtige Brennerei bauen lassen und in dem geräumigen Haus alle unter einem Dach leben.« Mhairie klatschte bei dieser Vorstellung vor Begeisterung in die Hände. »Doch meinem Vater musst du ein eigenes Häuschen bauen. Für ihn und seine Bücher. Er braucht seine Ruhe und Abgeschiedenheit.«
Artairs Augen glänzten. »Dein Vater liest auch so gern? Ich liebe Bücher.«
»Er tut nichts anderes. Früher ist er Mom zuliebe häufig in die Kirche gegangen, aber nach ihrem Tod hat er es nicht mehr so mit dem lieben Gott, sondern eher mit den Philosophen«, erwiderte Mhairie und schmiegte sich ganz eng an ihn. Sie küssten sich leidenschaftlich. »Dann steht unserer Ehe wirklich nichts mehr im Weg«, fügte sie übermütig hinzu, nachdem sich ihre Lippen voneinander gelöst hatten.
»Sind wir allein im Haus?«, fragte sie mit belegter Stimme.
»Ja, mein Liebling.«
Mhairie nahm ihn daraufhin bei der Hand und zog ihn sanft zu seinem Bett. Lachend ließen sie sich darauf fallen. Wieder küssten sie sich. Wenn Mhairie in diesem Augenblick geahnt hätte, dass dies ihr letzter Kuss sein würde, sie hätte ihn niemals beendet.
Ein Schrei, der von draußen hereindrang, ließ die beiden Liebenden auseinanderfahren.
»Was war das?«
Artair sprang auf und rannte zum Fenster.
»Rettet euch!«, brüllte die Stimme. »Rettet euch!«
»Du bleibst hier und versteckst dich«, befahl Artair Mhairie und eilte zur Tür.
Sie wurde kalkweiß und gehorchte. Zitternd trat sie ans Fenster und beobachtete Artair, wie er vor dem Haus aufgeregt mit Alec Dunbar redete, einem jungen Spund aus Dingwall. Ihrem Liebsten stand die nackte Panik ins Gesicht geschrieben. Obwohl es sicher leichtsinnig war, schob sie das Fenster auf, um zu lauschen.
»Sei vernünftig! Bring deine Familie in Sicherheit. Angus Munroy hat in Dingwall getönt, dass er euch zur Hölle jagen wird. Und du weißt, in anderen Tälern ist es längst an der Tagesordnung, dass die Crofter zum Auswandern gezwungen werden.«
»Aber ich kann doch nicht einfach vor ihm kuschen!«, schrie Artair außer sich vor Zorn. In diesem Augenblick kamen seine Brüder mit einem Handwagen voller Whiskyfässer dazu.
»Alec, kannst du die Fässer zum Haus von Sir Russel nach Marybank schaffen und seine Tochter in Sicherheit bringen?«
Er deutete zum Fenster nach oben, und Mhairie schaffte es nicht, rasch genug zurückzutreten. Sie fühlte sich ertappt,
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