Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
je heiraten.«
Angus’ Gesicht schien wie versteinert, er hatte die Lippen fest zusammengepresst, doch dann murmelte er hasserfüllt: »Also doch. Sie geben diesem Nichtsnutz den Vorzug.«
»Ja, er ist nicht so reich und mächtig wie Sie, aber er hat Charakter. Einen edlen, guten Charakter. Etwas, das Ihnen völlig fehlt. Sie sind ein grober Klotz und glauben, Sie könnten die Menschen mit Ihrer Unverschämtheit einschüchtern. Aber so werden Sie niemals das Herz einer Frau gewinnen! Ja, ich liebe Artair Makenzie über alles und werde ihm in die Ferne folgen. Dorthin, wohin Sie ihn vertrieben haben.«
»Schade nur, dass er Ihre Worte nicht mehr hören kann«, zischte Angus in einem so gefährlichen Ton, dass er ihr trotz des Mutes, den sie aufbrachte, um ihm die Stirn zu bieten, einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
»Ich werde es ihm sagen, wo immer ich ihn wiedertreffe.«
»Das wird schwierig, Mhairie, denn man hat ihn im Wald verscharrt …«
Mhairie starrte ihn aus schreckensweiten Augen an. Ein stummer Schrei entrang sich ihrer Kehle.
Angus aber sprach ungerührt weiter. »Blicken Sie nicht so drein wie ein verschrecktes Kalb. Ich kann nichts dafür. Ich war es nicht, sondern einer meiner Männer. Der Makenzie wollte fliehen und legte aus dem Hinterhalt das Gewehr auf meine Männer an. Mein Gefolgsmann war schneller.«
Mhairie wollte sich am Schreibtisch festhalten, geriet aber ins Wanken.
Angus sprang auf sie zu, doch er konnte sie nicht mehr auffangen.
»Mhairie! Mhairie!«
Mhairie aber war lautlos zu Boden geglitten und rührte sich nicht mehr.
38
Marybank, Juni 1850
Als Mhairie die Augen aufschlug, lag sie angezogen auf ihrem Bett. Ihr Patenonkel Murray Maccain war bei ihr und blickte sie besorgt an.
»Was ist geschehen?«
Mhairies Augen füllten sich mit Tränen. »Artair ist tot.«
Der Arzt stöhnte laut auf. »Und jetzt? Was hast du vor?«
»Sobald ich wieder auf den Beinen stehe, verlasse ich dieses Haus. Ich ziehe nach Edinburgh oder Glasgow …«
»Mhairie, das kannst du dir und dem Kind nicht antun. Stell dir vor, du müsstest mutterseelenallein in einer dieser Städte leben. Du bist mittellos und könntest von Glück sagen, wenn du überhaupt Arbeit in einem Haushalt fändest, aber auch das wäre nicht einfach. Hörst du? Und wenn du Pech hast, wirst du auf der Straße landen oder – so hübsch, wie du bist – noch ganz woanders.«
Mhairies Augen weiteten sich vor Schrecken. »Du meinst, ich …« Sie stockte und konnte die Worte nicht einmal aussprechen. »Ist der Kerl weg?«
»Nein, mein Kind, er wartet unten im Salon. Er will das Haus erst dann verlassen, wenn du erkannt hast, dass er es gut mit dir meint.«
»Was soll ich bloß tun? Ich kann doch nicht den Mörder meines Geliebten zum Mann nehmen. Das ist unmöglich.«
Der Doktor räusperte sich. »Ich fürchte, du hast keine andere Wahl. Du darfst nicht an dich denken, sondern an das Kind. Wenn du weggehst, wird es niemals die Luft der Highlands atmen, niemals über die endlosen Hochebenen wandern, im Conon baden oder das malerische Spiegelbild der Hügel in allen Grün- und Brauntönen, die der Herrgott geschaffen hat, im Wasser des stillen Loch Meig bewundern …«
Stumme Tränen liefen Mhairie die Wangen hinunter. »Ich kann nicht.«
»Dein Kind wird arm sein, vielleicht muss es hungern. Wenn es als Munroy aufwächst, wird es im Überfluss zu essen und zu trinken haben, in einem reichen Haus wohnen, eine gute Schule besuchen …«
»Aber es wird dann nie erfahren, was sein angeblich großzügiger Vater seinem wahren Vater angetan hat. Ich bin zum Schweigen verurteilt. Dabei möchte ich es in die Welt hinausschreien, was Angus Munroy für ein übler Verbrecher ist.«
»Mhairie, ich verstehe dich, aber wenn du diese Gelegenheit verstreichen lässt, dann wirst du unweigerlich ins Elend gestoßen. Ich meine, ich würde dich natürlich nicht gehen lassen, sondern du könntest bei uns wohnen. Stell dir vor, was geschieht, wenn im Tal bekannt wird, dass du ein Kind erwartest! Aber Angus, der würde alles für dich und sein vermeintliches Kind tun.«
»Ich hasse ihn!«
»Aber er liebt dich aufrichtig.«
»Ha, Liebe? Der weiß doch gar nicht, was Liebe ist! Er will mich besitzen wie sein Land, wie seine Tiere …«
»Du weißt, warum er mit seinen Leuten zu den Makenzies geritten ist, nachdem er sie so lange in Ruhe gelassen hatte, während die umliegenden Täler bereits entvölkert waren? Es herrschen
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