Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Craig spuckte vor Caitlin aus, die Gäste waren wie versteinert.«
Ein unangenehmes Kribbeln durchlief Lilis Körper. »Und du, Niall, was hast du getan?«
»Ich wollte sie aus dem Salon schaffen, aber sie schlug wild um sich und schrie, dass sie nicht länger tatenlos zusehen werde, wie wir den Namen ihrer Familie in den Staub träten. Nun, da sie wisse, dass ihr Onkel Gordon mit dem Mord an Großvater nur dessen Verbrechen an Artair Makenzie gerächt habe …«
»Und hatte sie recht? Hat dein Großvater ihren Großvater ermordet?«, hakte Lili unerbittlich nach.
Niall blickte sie fassungslos an. »Bist du verrückt? Es war ein Unfall. Der Makenzie muss betrunken ins Wasser gefallen sein. Niemals wurde wegen Mordes gegen Großvater ermittelt.«
»Und dann?«
»Craig hat sie gepackt und zur Tür geschleift …«
»Und du, was hast du getan?«
»Sie hat nach mir gerufen. ›Niall, bitte hilf mir! Komm mit mir fort von hier! Isobel darf hier nicht aufwachsen. Komm!‹«
Niall stockte und stierte vor sich auf den Boden.
»Und du hast ihr nicht geholfen?«
»Sie hat sich losgerissen, ist noch einmal zurückgerannt und hat mir den Sgian Dubh aus dem Strumpf gezogen. ›Du hast mich auf dem Gewissen!‹, hat sie gebrüllt, und dann ist sie weggerannt.«
»Und sie lief schnurstracks zum Bach, nicht wahr?«
»Wir haben sie erst gegen Abend gefunden.«
Sie schwiegen für lange Zeit. Nicht einmal das Rotwild, das hinter ihnen vorüberzog, nahmen sie wahr. Lili hatte sich auf einen Stein gesetzt. Niall aber stand wie betäubt da und blickte in die Ferne, als erwarte er von dort Absolution für seine Feigheit.
Lilis Gedanken wirbelten ungeordnet durcheinander, bis sie bei der entscheidenden Frage angelangt war: Konnte sie unter diesen Umständen überhaupt noch Nialls Frau werden? Sollte sie nicht lieber dem Drängen ihres Herzens folgen und sich in Dustens Arme flüchten?
»Lili, nachdem du alles weißt, schwöre, dass du mich niemals verlässt.« Der stattliche, stolze Mann fiel vor Lili auf die Knie, legte ihr den Kopf in den Schoß und begann zu schluchzen.
Nach einer Weile strich sie ihm zögernd über die roten Locken. Sie fühlte sich wie betäubt. Von dem starken, herrischen Mann war nur noch ein Häuflein Elend übrig geblieben. Ihre Gefühle schwankten zwischen Mitleid und Hilflosigkeit. Einerseits wollte sie vor seinem Schmerz wegrennen, andererseits war sie nicht in der Lage, ihn von sich zu stoßen und seinem Schicksal zu überlassen. War dies nicht der Augenblick, nach dem sie sich bislang vergeblich gesehnt hatte? Dass sie seine Mauer durchbrechen und ihm endlich nahe sein könne? Durfte sie ihn zum Dank für seine Aufrichtigkeit im Stich lassen? War es nicht ihre Aufgabe, dem Hass endlich ein Ende zu bereiten?
Bei dem Gedanken, dass es allein in ihrer Macht lag, die verfluchte Familienfehde beizulegen, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Und sie wusste auch, dass er nicht stark genug war, mit dem Wissen zu leben, dass sie eine Makenzie war. Nein, das Geheimnis würde sie mit ins Grab nehmen. Sollten ihre Kinder doch ruhig Munroys werden. Solange sie nicht im Hass gegen die Makenzies aufwuchsen.
Lili holte tief Luft. »Niall, wir haben die Chance, ein neues Leben zu beginnen«, erklärte sie mit fester Stimme. »Aber nur unter gewissen Voraussetzungen.«
Niall hob den Kopf und blickte sie dankbar an. »Ich tue alles, was in meiner Macht steht. Und ich bin so froh, dass ich es dir gesagt habe. Diese Schuld hätte immer zwischen uns gestanden.«
»Darum lass uns an die Zukunft denken, Niall. Ich möchte nach der Hochzeit bestimmen, was im Haus geschieht. Das soll nicht heißen, dass Shona und deine Mutter keine Aufgaben mehr haben. Aber ich kann nicht in einem Haus leben, in dem ich nicht mehr als ein Gast bin.«
Niall rang sich zu einem Lächeln durch. »Den Wunsch kann ich dir erfüllen. Ich werde in Zukunft jeden in die Schranken weisen, der sich erdreistet, dich zu beleidigen. Selbst wenn diese Person Ainsley heißt.«
»Das werden wir gleich auf der Hochzeit ausprobieren«, lachte Lili. Doch dann wurde sie wieder ganz ernst. »Du wirst deine Großmutter in Zukunft mit dem Respekt behandeln, den sie verdient.«
Nialls Gesicht verfinsterte sich merklich. »Dann soll sie aufhören, Schauergeschichten über die Munroys zu verbreiten.« Das klang trotzig.
»Ich verlange, dass nicht länger Hasstiraden gegen die Makenzies geschleudert werden. Dann hat Großmutter Mhairie auch keinen Grund
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