Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
du weiterhin so viel im Bett liegst. Wir reisen morgen ab.«
»Aber dann wirst du nicht zur Hochzeit in Scatwell sein.«
»Genau, Großmutter, ich mag vernünftig sein, aber das ertrage ich nicht. Soll ich dir beim Packen helfen?«
»Nicht nötig, Lausebengel, das schaffe ich schon allein«, entgegnete Mhairie und kletterte aus dem Bett.
»Du siehst sofort zehn Jahre jünger aus«, lachte Dusten.
»Weißt du, dass ich immer schon nach Ullapool wollte und mich nie getraut habe? Dort hat meine große Liebe Artair Makenzie gelebt, nachdem er aus Nova Scotia zurückgekehrt war. Über zwei Jahre hielt er sich in meiner Nähe auf. Ich ahnte nichts davon und hielt ihn für tot«, sinnierte die alte Dame verträumt.
»Dann wird es höchste Zeit, dass du dir diesen Wunsch erfüllst«, entgegnete Dusten, während er zwei Gläser mit Whisky eingoss und eines davon seiner Großmutter reichte.
»Slàinte auf unsere Reise!«, rief er aus und hob sein Glas.
»Slàinte auf ein glückliches Leben!«, erwiderte Mhairie und stürzte den Whisky in einem Zug hinunter. Er brannte höllisch in ihren Eingeweiden, aber es war ein angenehm wärmendes Gefühl, das sich wie Wellen in ihrem Körper ausbreitete.
45
Scatwell, April 1914
Lili war völlig außer Atem, als sie das Anwesen der Munroys erreichte. Sie hatte die ganze Strecke im Laufschritt zurückgelegt. In der Hoffnung, die Wahrheit, die in Großmutter Mhairies Worten gelegen hatte, hinter sich zu lassen.
Sie hatte bereits die Eingangstür erreicht, als diese aufschwang und Niall ins Freie trat. An seiner finsteren Miene konnte sie unschwer erkennen, dass ihr Schwager und seine Frau inzwischen ganze Arbeit geleistet hatten. Trotzdem versuchte sie, sich nicht die geringste Verunsicherung anmerken zu lassen.
»Guten Tag, Niall! Dich habe ich heute noch gar nicht erwartet. Eigentlich wolltest du doch erst morgen zurück sein.«
»So ein Pech, nicht wahr?«, giftete er.
Lili legte den Kopf schief. »Wie meinst du das?«
»Tu nicht so unschuldig! Shona hat mir alles brühwarm berichtet. Du hast nicht nur eine Lanze für die Makenzies gebrochen, sondern du warst auch auf dem Weg zu Großmutter Mhairie.«
Lili straffte die Schultern. Sie wusste, dass es nur zwei Möglichkeiten gab: alles zu leugnen, sich bei ihm anzuschmiegen und über ihre intrigante Schwägerin zu schimpfen oder zu dem Besuch bei Großmutter Mhairie zu stehen und einen Riesenkrach zu riskieren. Bevor ihr Verstand eine Entscheidung getroffen hatte, hatte ihr Herz bereits gesprochen. »Ich finde es grausam, wie ihr mit eurer Großmutter umgeht. Ja, ich war bei ihr.«
»Hatte ich dir das nicht ausdrücklich verboten?«
Lili blickte ihn herausfordernd an. »Na und? Ich habe ein eigenes Gewissen. Und ob du es glaubst oder nicht, ich habe eine gute Erziehung genossen. Ich hatte leider keine Großeltern, weil sie bereits tot waren, als ich geboren wurde, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, mit welchem Respekt Doktor Denoons Mutter behandelt wurde. Wehe, einer der Enkel hätte es der alten Dame gegenüber an Respekt fehlen lassen! Und sie war im Gegensatz zu Großmutter Mhairie ein schrecklicher alter Drache mit Haaren auf den Zähnen. Deine Großmutter hingegen strahlt Güte aus und …«
»Lili, du hast keine Ahnung, wovon du sprichst. Du weißt doch gar nicht, was Großmutter sich alles schon geleistet hat.«
Lili stöhnte laut auf. »Dann erzähl es mir doch und hör auf, ständig merkwürdige Andeutungen zu machen. Komm, wir wandern zur Hochebene hinauf, und du erklärst mir endlich, was ihr eurer Großmutter vorwerft. Sie kann ganz sicher nichts dafür, dass an Hogmanay dieser Blaan Makenzie aufgetaucht ist.«
Lili spürte, wie wild ihr Herz allein bei der Nennung dieses Namens zu pochen begann. Trotzdem hakte sie sich bei ihm unter und zog ihn von der Tür fort.
»Lass uns auf den Berg dort drüben steigen, während du mir alles erzählst.«
Niall sträubte sich zunächst, doch dann gab er seinen Widerstand auf und steuerte mit ihr auf den Wald zu. Von dort aus führte ein bequemer Weg zur Hochebene hinauf.
»Was werft ihr eurer Großmutter vor?« Lili kannte die Antwort, aber sie wollte sie endlich aus Nialls Mund hören.
Niall schwieg finster.
»Was? Bitte, Niall, rede mit mir!«
»Ich verlange, dass du meine Anordnungen befolgst.«
Lili blieb wütend stehen. »Nein, das werde ich nicht tun. Ich bin nicht dein Eigentum. Bis vor ein paar Monaten noch bin ich spielend mit einer Klasse
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