Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
aufgestellt. Darunter stand in großen Buchstaben Zu seinem 85. Geburtstag, zum Gedenken an Angus Munroy, der im Jahr 1889 durch Mörderhand aus dem blühenden Leben gerissen wurde.
»Aber … aber Niall hat angeordnet, dass dieser, ich meine …«, stammelte Lili.
Lady Caitronia gab ein meckerndes Lachen von sich. »Wenn du glaubst, nur weil mein Sohn von einer dummen Person wie dir verhext worden ist, verzichten wir darauf, am heutigen Tage meinen Schwiegervater zu ehren, dann hast du dich geirrt. Also, wage nicht noch einmal, dich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Nicht genug damit, dass du dich in die Haushaltsführung gedrängt und ihm eingeflüstert hast, dass der Name Makenzie nicht mehr in den Mund genommen werden darf – du bist eindeutig zu weit gegangen. Das Andenken an den großen Angus Munroy lassen wir uns von einer dahergelaufenen Lehrerin nicht verbieten.«
»Was willst du eigentlich, Lady Munroy? Unfrieden in der Familie stiften? Aus meinem Bruder einen weibischen Schwächling machen?«, mischte sich Craig ein, der sich leise angeschlichen hatte.
Lili traf dieser Angriff so überraschend, dass ihr die Worte fehlten. Stattdessen traten ihr Tränen in die Augen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sich die Familie über Nialls Anweisungen einfach so hinwegsetzten werde.«
Aber wie konnte sie, die Tochter von Gordon Makenzie, unter dem Bild dieses übermächtigen Patriarchen ihre Hochzeit mit einem Munroy feiern?
Da erblickte sie Niall und winkte ihn heran.
»Was ist das? Habe ich nicht gesagt, Großvaters Geburtstag wird heute nicht offiziell gefeiert?«, fragte er in strengem Ton. »Das da wird sofort wieder weggeschafft. Habt ihr verstanden?«
Lady Caitronia aber stellte sich vor dem Tisch in Positur und breitete schützend die Arme aus. »Du hast kein Recht, die Familientradition zu brechen, mein lieber Sohn. Wach auf, er war auch dein Großvater!«
»Richtig, Mutter, er war mein Großvater, und deshalb entscheide ich als Familienoberhaupt, dass wir heute nur unsere Hochzeit feiern und nicht Großvaters Geburtstag.« Ohne sich weiter um seine Mutter zu kümmern, ordnete Niall an, dass die Dienstmädchen, die gerade Girlanden aufhängten, das Bild fortschafften.
»Das werde ich dir nie verzeihen«, zischte Craig. »Du Feigling, du!«
Lili konnte dabei zusehen, wie die Adern auf Nialls Stirn gefährlich anschwollen. Sie befürchtete einen Zornesausbruch, aber er reichte ihr seinen Arm. »Kommen Sie, Lady Munroy, unsere Gäste erwarten uns.«
Kaum waren sie außer Hörweite, flüsterte sie ihm zu: »Danke, dass du so für mich eingetreten bist. Aber ich glaube, deine Familie hasst mich jetzt noch mehr als zuvor.«
Niall blieb stehen und sah ihr tief in die Augen. »Dafür liebe ich dich umso mehr. Und du bist eine wunderschöne Braut.«
Lili rang sich zu einem Lächeln durch, während sie sich von hinten von boshaften Blicken förmlich durchbohrt fühlte.
»Sei unbesorgt, mein Liebling! Es wird alles gut. Du hast mir die Augen geöffnet, wie verkehrt es ist, sich im Hass zu verrennen. Da musste erst ein Mädchen von weit her kommen, um mir meine Verbohrtheit vor Augen zu führen. Caitlin hätte mich niemals zu dieser Einsicht bewegen können, weil sie eine Makenzie war. Ich will diese Sippe nicht mehr hassen, aber ich möchte sie auch nicht in meinem Haus wissen.«
In diesem Augenblick sah sie, wie Akira, Großmutter Mhairies guter Hausgeist, schüchtern den Salon betrat. In der Hand hielt sie einen Brief. Das brachte Lili in Erinnerung, wie schmerzhaft sie Dusten in der Kirche vermisst hatte. Sofort stellte sich Lady Caitronia Akira in den Weg und wollte ihr den Brief abnehmen, doch die weigerte sich, ihn ihr auszuhändigen, sondern deutete auf Lili. Jetzt war auch Niall ihrem Blick gefolgt.
»Da bin ich aber gespannt, womit sich mein guter Cousin rausredet, dass Großmutter und er nicht in der Kirche erschienen sind. Das ist ein unglaublicher Affront.« Niall streckte die Hand nach dem Brief aus, doch Akira schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, Sir Niall, der Brief ist an Ihre Frau adressiert. Ich bin angehalten, ihn Lady Munroy nach der Trauung persönlich zu übergeben.«
Nialls Hand zuckte zurück, als habe er sich verbrannt. Die tief eingekerbte Zornesfalte auf seiner Stirn bewies, wie sehr es ihm missfiel, dass der Brief an die Braut gerichtet war. Doch er nahm sich zusammen, gab Akira eine Münze als Dank für ihre Mühe und ermunterte Lili, den Brief zu lesen.
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