Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
gestört. Niall hatte nämlich die große Hoffnung gehegt, Lili endlich zu schwängern, doch er war nicht einmal in der Lage gewesen, überhaupt in sie einzudringen.
»Vielleicht solltest auch du eine Kur machen«, hatte Lili ihm vorsichtig geraten.
Das aber hatte Niall entschieden abgelehnt und es stattdessen immer wieder vergeblich versucht. Für Lili war es ein schreckliches Wochenende gewesen. Wie gern wäre sie mit ihm Arm in Arm durch Strathpeffer geschlendert, hätte an der Trinkhalle ein Schlückchen Heilwasser zu sich genommen und mit ihm eines der Konzerte besucht, die jeden Samstag im Ben Wyvis Hotel stattfanden. Doch sie hatten die meiste Zeit auf dem Zimmer verbracht, und Niall hatte bei jeder männlichen Regung seines Körpers geglaubt, sie ins Bett zerren zu müssen.
Deshalb war sie nicht sonderlich traurig, dass Niall an diesem Abend nicht kommen würde, denn mit Sicherheit hätte er dann auch über Nacht bleiben wollen.
Lili erhob sich, fuhr sich noch einmal über ihr aufgestecktes Haar, griff nach Handtasche und Cape und stieg die breite Treppe ins Foyer hinunter. Von dort aus ging es in das Restaurant. Mit einem Blick auf ihre neue goldene Armbanduhr, die Niall ihr zur Hochzeit geschenkt hatte, stellte sie fest, dass sie auf die Minute pünktlich war. Und da erblickte sie auch bereits die Denoons an einem Tisch, der für vier Personen gedeckt war. Bevor sie sich bemerkbar machen konnte, wandte sich Mrs Denoon um und stieß einen Entzückensschrei aus.
»Lili, du bist ja eine richtige Dame geworden!«
Die Gäste der benachbarten Tische starrten neugierig zu ihnen herüber.
Lili winkte ab. »O nein, ich bin immer noch die Alte! Das ist doch nur das Kleid.«
Doktor Denoon schob ihr einen Stuhl zurecht. »Aber Kleider machen Leute«, sagte er und fügte bewundernd hinzu: »Ich muss meiner Frau recht geben. Sie sehen bezaubernd aus.«
Lili wurde rot. Das waren ihr zu viele Komplimente auf einmal.
»Du siehst kerngesund aus, mein Kind, warum bist du hier zur Kur? Hast du denn irgendwelche Beschwerden?«, fragte Mrs Denoon ohne Umschweife.
»Nein, ich fühle mich prächtig. Es ist nur …« Sie stockte. »Wir wünschen uns so sehr ein Kind, und mein Mann meint …«
»Aber Sie sind doch erst seit April verheiratet. Da muss man sich in Geduld üben«, unterbrach der Doktor sie energisch.
»Mein Mann hat Sorge, dass es nicht mehr so einfach ist in meinem Alter …«
»Kindchen, Sie sind doch noch keine dreißig.«
»Ich habe noch mit zweiunddreißig unseren Jüngsten bekommen«, bestätigte Mrs Denoon.
»Aber ich habe noch kein Kind und werde sechsundzwanzig, auch wenn man es mir nicht ansieht. Niall hat mich vor der Heirat nie nach meinem Alter gefragt, aber nun macht er sich Sorgen. Er wünscht sich doch so sehnsüchtig einen Sohn.«
»Das ist ein frommer Wunsch, aber du könntest ja auch eine Tochter bekommen«, wandte Mrs Denoon ein.
»Ja, ich weiß, aber ich bin auch hier, damit ich ganz zur Ruhe komme«, seufzte Lili.
Mrs Denoon musterte sie prüfend. »Hauptsache ist doch, du bist glücklich. Das bist du doch, oder?«
»Ja, und wie«, beteuerte Lili mit belegter Stimme.
»Lili, ich kenne dich von Kindesbeinen an. Du siehst prächtig aus, keine Frage, aber du strahlst nicht so, wie ich es von einer frischgebackenen Ehefrau erwarten würde. Ich sage das ganz frei heraus, bevor dein Mann kommt … Wo steckt er eigentlich?«
»Mein Mann ist bezaubernd. Er tut alles für mich. Es ist nur so … seine Familie ist anstrengend. Seine Familie mag mich nicht besonders, und das macht es nicht gerade einfach. Aber heute Abend kann er …«
»Da bringen Sie mich auf einen wichtigen Gedanken – Familie! Also, ich traf da neulich einen Mann …«
Weiter kam Doktor Denoon nicht, denn in diesem Augenblick trat Niall überraschend an den Tisch. »Verzeihen Sie meine Verspätung«, entschuldigte er sich. »Aber Sie wissen, die Arbeit …« Er machte eine Verbeugung und begrüßte die Denoons formvollendet, bevor er sich Lili zuwandte. »Liebling, ich hoffe, ich komme noch rechtzeitig, um mit deinem Besuch zu speisen.« Er blickte ihr tief in die Augen, und sie sah ihm förmlich an, dass er sich am liebsten auf der Stelle mit ihr aufs Zimmer zurückgezogen hätte.
Lili war froh, dass sie den Denoons noch nicht erklärt hatte, warum ihr Mann nicht erscheinen werde. Und sie freute sich aufrichtig über sein überraschendes Auftauchen. Wie immer, wenn sie ihn ein paar Tage nicht gesehen
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