Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
hatte, entdeckte sie seine Attraktivität stets aufs Neue. Voller Stolz beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie die Hälse der allein reisenden Damen sich unauffällig in seine Richtung reckten.
Auch Mrs Denoon schien entzückt, denn entgegen ihrer sonstigen Redseligkeit schien es ihr die Sprache verschlagen zu haben. Sie strahlte Niall an und nickte Lili verschwörerisch zu.
Niall setzte sich und fragte die Denoons höflich: »Hatten Sie eine angenehme Reise?«
»Ja, der Strathpeffer Spa Express bringt die Gäste beinahe direkt ins Badehaus«, erwiderte Doktor Denoon und musterte Lilis Ehemann ebenfalls wohlwollend.
»Ja, aber ich glaube allmählich, meine Frau braucht mehr als nur Moorbäder«, entgegnete Niall plötzlich unverblümt. »Sie sind doch Arzt, Doktor Denoon. Ob Sie einmal mit dem Kollegen sprechen könnten, der meine Frau betreut? Er sagt immer, es ist alles in Ordnung, es braucht nur Zeit.«
Lili blickte ihren Mann entgeistert an. Das ging entschieden zu weit. »Ich glaube nicht, dass Doktor Denoon sich in die ärztliche Behandlung vor Ort einmischen möchte«, erklärte sie in scharfem Ton.
»Ach was, das sind Badeärzte. Hier muss ein Spezialist für Frauenleiden her.«
Vor lauter Empörung blieb Lili die Luft weg und Mrs Denoon spitzte ihren Mund, was sie immer tat, wenn sie ernstlich böse wurde.
»Sir Niall, ich verstehe, dass Sie gern ein Kind mit Lili hätten, aber das kann seine Zeit dauern. Ich wurde ein halbes Jahr nicht schwanger, und mein Mann hat mich deshalb nicht gleich nach Strathpeffer verfrachtet. Sie müssen sich in Geduld üben. Was meinen Sie, wie schnell es dann geht!«
Nialls Miene verfinsterte sich, und er suchte Zustimmung bei Doktor Denoon, doch auch der schien Nialls Meinung nicht zu teilen. Er runzelte die Stirn. »Ich für meinen Teil glaube, dass Lili völlig gesund ist. Sie hat selten zuvor so wohl ausgesehen.«
»Ich dachte nur, ich könnte Sie als Fachmann ansprechen«, murmelte Niall verärgert und löffelte nun stumm die Vorsuppe in sich hinein.
Lili war die Szene entsetzlich peinlich, und sie ahnte jetzt auch, warum Niall doch noch gekommen war. Er hatte auf einen ärztlichen Rat Doktor Denoons gehofft.
Lili warf den Denoons verstohlene Blicke zu und hob bedauernd die Schultern. Nialls Schweigen hatte etwas Strafendes. Keiner traute sich, ein neues Gespräch anzufangen, doch als die Vorsuppe abgeräumt wurde, räusperte sich Doktor Denoon ein paarmal und schien bereit zu sein, einen neuen Versuch zu wagen.
»Und Sie züchten Schafe, Sir Niall?«
Niall nickte und tat so, als tupfe er sich den Mund ab, doch er schien sich hinter der Serviette zu verstecken.
»Wir sind überaus glücklich, dass es unsere Lili so gut getroffen hat«, bemerkte Mrs Denoon.
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte Niall steif.
Während Lili krampfhaft nach einem Thema suchte, das zur Entspannung beitrug, ergriff Doktor Denoon das Wort. »Ach, Lili, was ich Ihnen bereits vorhin erzählen wollte … wir haben neulich zufällig den Mann wiedergesehen, der uns damals gemeinsam mit Ihrem Vater den Whisky lieferte. Und stellen Sie sich vor, er behauptet steif und fest, Ihr Vater stamme ganz aus Ihrer Nähe, also von dort, wo Sie jetzt wohnen. Aus dem Tal von …«
Er unterbrach sich erschrocken, weil sich aus Lilis Glas ein Riesenschwall Rotwein über die weiße Tischdecke bis auf seine Hose ergoss.
»Oh, wie ungeschickt von mir!«, rief Lili aufgeregt aus, während sie am ganzen Körper zitterte. Sie hatte sich keinen anderen Rat gewusst, als dem Glas einen Stoß zu versetzen.
Und schon kam der Kellner angerannt und versuchte, das Missgeschick zu beseitigen. Der Wein hatte sich über Doktor Denoons gesamte Hose verteilt, doch als der eifrige Kellner darauf herumwischte, brummte er unwirsch: »Lassen Sie das! Bringen Sie uns ein neues Tischtuch und neuen Wein. Und gut ist es.«
Lili aber entschuldigte sich wortreich für das »unverzeihliche Missgeschick« und wagte schließlich, Niall einen Seitenblick zuzuwerfen. Sie konnte nur beten, dass er Doktor Denoons Worte über die Herkunft ihres Vaters überhört hatte. In diesem Augenblick sagte ihr Mann zu Doktor Denoon: »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihnen eben nicht richtig zugehört habe. Erwähnten Sie Lilis Vater?« Dann wandte er sich Lili zu und lächelte sie an. »Schau nicht so entsetzt, Liebling, es ist nur ein Glas umgekippt. Ich komme natürlich für den Schaden auf.« Zur Bekräftigung seiner
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