Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Verwandte in den Highlands? Oder Vorfahren, die hier einmal lebten?«
»Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Lili. Warum nur war es Lady Caitronia so überaus wichtig, dass ihre Familie keinerlei Beziehungen in die Highlands unterhielt? Der Verdacht, dass mehr dahintersteckte als eine bloße Höflichkeitsfrage, drängte sich angesichts der Hartnäckigkeit geradezu auf, mit der Lady Caitronia immer wieder darauf zurückkam.
»Nun greifen Sie endlich zu! Sonst vergessen wir vor lauter Plaudern noch das Wichtigste.«
Lili füllte sich daraufhin gerade so viel von dem Haggis auf, dass es nicht unhöflich wirkte. Dann heftete sie den Blick auf ihren Teller und tat so, als konzentriere sie sich voll und ganz auf den Genuss des schmackhaft zubereiteten Schafsmagens, und fragte sich zum wiederholten Male an diesem Tag, wo sie da wohl hineingeraten war.
17
Inverness, Abend des 24. Dezember 1913
Lili schreckte aus ihren Gedanken auf, als die Tür zum Salon so temperamentvoll aufgerissen wurde, wie es sich die dienstbaren Geister in diesem Haus niemals trauen würden. Sie blickte auf und beobachtete, wie ein Fremder mit forschem Schritt das Esszimmer durchschritt. »Guten Abend allerseits! Entschuldige bitte, Tante Caitronia, dass ich mich verspätet habe, aber ich hatte noch so viel zu tun. Ich sehe, ihr seid schon beim Essen.«
Statt einer Begrüßung fragte die Lady den hochgewachsenen Mann mit dem blond gelockten Haar und dem kantigen Gesicht ohne Umschweife: »Wo hast du Großmutter gelassen, Dusten?«
»Sie ist erschöpft von der Reise und lässt sich entschuldigen. Ich habe sie gleich auf ihr Zimmer gebracht und versorge sie nach dem Essen mit einer Portion Haggis. Deshalb bin ich ja auch nur gekommen, denn es ist ungelogen der beste Haggis, den es im Hochland … ach, was rede ich … in ganz Schottland gibt.« Er lachte jetzt aus voller Kehle. Dieses Lachen war dem nicht ganz unähnlich, das Lili an Niall so liebte.
Sein Lachen verstummte, als er den Gast erblickte. Es ging in ein wohlwollendes Lächeln über, während er interessiert fragte: »Und wer ist die junge Dame? Ich wusste gar nicht, dass wir ein so hübsches Familienmitglied haben.«
Lili wurde rot, und Shona funkelte den Cousin ihres Mannes wütend an. Er aber kümmerte sich nicht darum, umrundete den Tisch und reichte Lili die Hand zur Begrüßung. Sein Händedruck war warm und kräftig.
»Ich bin Dusten, das schwarze Schaf der Familie. Und Sie – sind Sie vielleicht das uneheliche Kind meines werten Onkels?«
»Dusten!«, fauchte Lady Caitronia.
»Das ist doch nur ein Scherz. Wir wissen doch, was für ein tugendhafter Mensch Onkel Brian war.« Der ironische Unterton war unüberhörbar.
»Ich finde es höchst unangemessen, wie du über meinen Vater Scherze treibst. Er ist tot, und du weißt genau, dass wir darüber untröstlich sind«, mischte sich Craig ein.
»Ach, wenn ihr doch nur eure Gesichter sehen könntet. Ihr wisst doch, in wessen Armen er gestorben ist. Ihr tut gerade so, als sei er ein Heiliger gewesen. Ich mache auch Scherze über meinen Vater, der noch viel länger tot ist. Und der war ebenfalls kein Unschuldsengel. Das verschweige ich auch nicht. Nun zieht doch nicht solche Gesichter!«
Er wandte sich wieder an Lili. »Aber nun verraten Sie es schon – wer sind Sie?«
»Sie ist meine Verlobte«, ertönte Nialls Stimme, der leise ins Zimmer getreten war, in scharfem Ton. Er eilte mit langen Schritten zu seinem Platz neben Lili und legte ihr besitzergreifend den Arm um die Schultern. Isobel war ihm mit gesenktem Kopf gefolgt und nahm wortlos auf der anderen Seite neben ihm Platz.
Dieses Verhalten missfiel Lady Caitronia. »Kind, was ist das für ein Benehmen? Begrüß bitte deine Großmutter, wie es sich gehört!«
Widerwillig stand Isobel noch einmal auf, trat auf Lady Caitronia zu und hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
Dusten aber rührte sich nicht vom Fleck und starrte Lili fassungslos an. »Sie wollen meinen Cousin heiraten?«
»Ja, Dusten, mach den Mund zu. Du tust gerade so, als wäre das ein Verbrechen«, lachte Niall, doch das Lachen klang in Lilis Ohren gezwungen.
Ganz anders als das von Dusten. »Aber, aber, lieber Niall«, erwiderte er glucksend, »so habe ich es doch nicht gemeint. Ich wollte deiner Verlobten nur nicht unverhohlen und im Kreis der lieben Familie noch mehr Komplimente machen. Aber nun sage ich es rundheraus: Ich finde Sie bezaubernd, jedenfalls auf den ersten
Weitere Kostenlose Bücher