Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Eng-Burn … «
»Halt deinen Mund!«, zischte Niall. »Und benutze diesen verdammten Namen nicht. Der Bach heißt Angus’ Burn!«
»Wie konnte ich das vergessen? Die Munroys haben das Recht und die Natur gepachtet. Wie konnte ich das nur vergessen?«
»Du brauchst gar nicht so zu spotten«, zischte Lady Caitronia. »Wir wissen ja, dass du jedem bösen Gerücht Glauben schenkst, wenn es sich nur gegen unseren Clan richtet. Dabei scheinst du nur zu vergessen, dass er genauso dein Großvater war. Und der kann sich nicht mehr gegen dieses Geschwätz wehren. Niall hat ganz recht. Hör endlich auf, über dein Fleisch und Blut herzuziehen!«
Dusten verdrehte genervt die Augen. »Nicht schon wieder diese Predigt, Tante Caitronia! Mich stört es einfach maßlos, dass ihr die Augen vor der Wahrheit verschließt. Ihr verseht Großvater mit einem Heiligenschein und stellt ihn als das arme Opfer dar. Das ist Heuchelei. Und wenn ich etwas zutiefst verabscheue …«
»Schluss jetzt! Über das Thema wird hier nicht mehr gesprochen. Schon gar nicht bei Tisch. Mach du nur gemeinsame Sache mit dem alten Verräter!«, schimpfte Lady Caitronia wenig damenhaft.
Es folgte ein eisiges Schweigen. Lili beobachtete, wie nun alle gleichermaßen wütend auf ihre Teller starrten und das Essen lustlos in sich hineinschlangen. Dabei schmeckte der Haggis hervorragend – fast so gut wie bei ihrer Mutter.
»Der Haggis ist vorzüglich«, bemerkte sie in die Stille hinein. Keiner reagierte, bis auf Dusten. Der warf ihr einen intensiven Blick zu. Seine Augen waren genauso tiefblau wie die von Niall, doch das war offenbar die einzige Gemeinsamkeit der beiden Cousins. Nialls Gesicht war wie versteinert. Auch Dusten blickte plötzlich sehr ernst. Was mag sie wohl so gegeneinander aufbringen? Und was hat es mit ihrem gemeinsamen Großvater auf sich?, fragte sich Lili. Die Stimmung war jedenfalls zum Zerreißen gespannt.
»Das ist nach dem Haggis-Rezept unserer Großmutter Mhairie zubereitet«, erklärte Dusten, und seine Miene erhellte sich sichtlich. »Sie, liebe Lili, hätten es früher einmal kosten sollen, als sie es sich nicht hat nehmen lassen, zu den Festtagen selbst zu kochen. Und wenn sie dazu am St. Andrew’s Day Robert Burns’ Ode an den Haggis deklamierte – ein wahres Vergnügen!«
Die übrige Tischgesellschaft hüllte sich weiterhin in Schweigen. Lili aber wandte sich höflich an Dusten.
»Dann ist es ja umso trauriger, dass sie heute nicht mit uns essen kann. Sie ist doch hoffentlich nicht krank?«
Lili hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als sie einen leichten Stoß in die Seite verspürte. Niall wollte sie damit offenbar zum Schweigen bringen, und sie musterte ihn fassungslos. Was hatte sie denn nun schon wieder Schlimmes gesagt? Sie hatte doch nur eine wohlerzogene Bemerkung gemacht. Am liebsten hätte sie Niall für seinen Rippenstoß zurechtgewiesen, aber dann ließ sie es bleiben. Trotzdem fühlte sie sich mehr als unwohl an dieser fein gedeckten Tafel. Was war das nur für eine merkwürdige Familie, in der man über nichts reden durfte? Weder über Caitlin noch über die Großmutter geschweige denn über den Großvater und das, was ihm zugestoßen war und was der alte Alec Dunbar als ausgleichende Gerechtigkeit empfand …
»Großmutter ist nicht mehr ganz bei Trost«, bemerkte Craig schließlich verächtlich und tippte sich an die Stirn.
»Glauben Sie nicht, was Ihnen über Mhairie erzählt wird. Sie ist die gesündeste alte Dame, die mir jemals begegnet ist. Und auch im Kopf ist sie völlig in Ordnung. Nur wird ihre Meinung in diesem Haus nicht gern gehört und …«
Dusten konnte seinen Satz nicht beenden, denn Niall sprang polternd von seinem Platz auf, feuerrot im Gesicht. Dabei stieß er sein Glas um. Der Wein ergoss sich über das weiße Tafeltuch, doch er schien es nicht zu bemerken. Aufgebracht langte er über den Tisch und wollte seinen Cousin am Kragen packen, doch der wich ihm aus.
»Sie sehen, liebe Miss Campbell, eine eigene Meinung sollte man unter diesem Dach nicht haben«, höhnte er.
»Ich habe dich gewarnt. Wenn du Ärger willst, dann sollst du ihn bekommen. Noch ein Wort, und du kannst die Feiertage allein in deiner Hütte verbringen.«
Dusten sprang ebenfalls auf. »Das ist der erste vernünftige Satz, den du heute gesprochen hast. Es wird mir ein Vergnügen sein, die Feiertage nicht mit euch verbringen zu müssen. Ich wollte nur nett sein. Und Großmutter nehme ich gleich
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