Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
verloren gegangen, und sie sind dagegen, Weihnachten mit weltlicher Pracht zu begehen. Bei uns gibt es ein paar kleine Geschenke zu Weihnachten, aber die großen an Hogmanay. Hast du einen besonderen Wunsch?«
Lili seufzte. »Ich wünsche mir, dass die nächsten Tage im Kreis deiner Familie friedlich verlaufen. Das würde mich sehr glücklich stimmen.«
Sie blieben vor der Auslage eines Goldschmieds stehen. Lili drückte sich fast die Nase am Schaufenster platt.
»Was gefällt dir denn besonders?«, fragte Niall.
Lili hob die Schultern. »Ein Schmuckstück ist schöner als das andere, aber ich muss keines besitzen. Es ist merkwürdig, ich mag es bewundern, aber hätte immer Sorge, ich würde es verlieren. Meine Mutter hatte mir etwas hinterlassen, aber ich habe es Miss Macdonald geschenkt.«
»Aber jede Frau wäre doch begeistert, jene Kette dort hinten zu besitzen.«
Er deutete auf eine silberne Kette mit einem Anhänger der schottischen Distel, die mit rauchig braunen Cairngorm-Steinen besetzt war.
Lilis Augen leuchteten. »Doch, die gefällt mir durchaus.«
Niall lachte. »Das dachte ich mir. Du wärst die Erste gewesen, die zu diesem prachtvollen Schmuckstück Nein gesagt hätte. Andere bestürmen ihre Männer förmlich, es ihnen zu schenken.«
Lili wurde rot, aber sie hütete sich, den Gedanken auszusprechen, der ihr in diesem Augenblick kam: Er sprach von Caitlin und ihrer Vorliebe für Preziosen. Niall aber merkte nicht im Entferntesten, was er mit seinen unbedachten Worten angerichtet hatte.
»Mein Liebling, geh schon einmal vor. Hier beginnt die Straße mit den Bekleidungsgeschäften. Im ersten, Graham’s Tartan House, gibt es viel zu sehen«, schlug er ihr vor und verschwand fröhlich pfeifend im Laden des Goldschmieds.
Ob er mir die gleiche Kette kaufen würde wie einst Caitlin?, fragte sich Lili und stieß einen tiefen Seufzer aus. Warum nur spukt sie mir schon wieder unablässig durch den Kopf?
Der Klang eines Dudelsacks ließ sie aufhorchen. Er kam aus einem der Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Jemand spielte den Gillie Cullum. Ihr kam es plötzlich wie eine Ewigkeit vor, dass sie mit Isobel auf der Bühne gestanden hatte. Dabei war es gerade einmal vier Wochen her. Lili löste sich von ihrem Platz vor dem Schaufenster und überquerte die Straße. Beim Näherkommen erkannte sie, dass es ein Geschäft war, das Bücher und Schreibwaren verkaufte. Zögernd betrat Lili den Laden, doch ehe die Verkäuferin sie nach ihren Wünschen fragen konnte, fiel ihr Blick auf ein kleines Büchlein, das in roten Samt eingebunden war. Beim näheren Hinsehen erkannte sie, dass es ein Tagebuch war. Lili griff danach und hielt es in ihrer Hand. Es fühlte sich gut an. Nachdem ihr die eilfertige Verkäuferin das Tagebuch mit lobenden Worten angepriesen hatte, kaufte sie es und ließ es sich einpacken.
Auf der anderen Straßenseite entdeckte sie Niall. Er sah sich beunruhigt nach allen Seiten um. Er sucht mich, dachte Lili und eilte ihm entgegen.
»Ich habe noch etwas für Isobel gekauft«, erklärte sie nicht ohne Stolz, denn es hatte ihr große Freude bereitet, etwas so Wertvolles von ihrem eigenen Geld zu erstehen.
»Und ich bin auf der Suche nach dir wie ein Trottel durch Graham’s House of Tartans geirrt.«
Lili stöhnte auf. Wie von Zauberhand war erneut jegliche Nähe zwischen ihnen verflogen. Niall war ihr fremd und kam ihr wieder herrisch und unduldsam vor.
»Ich habe Isobel doch nur ein Tagebuch gekauft«, erklärte Lili, um sich zu rechtfertigen.
Niall wurde kalkweiß und starrte sie an, als hätte sie seiner Tochter ein Buch erstanden, bei dessen Inhalt selbst Erwachsene noch errötet wären.
»Du hast was ?«
»Ich habe Isobel ein Büchlein gekauft, dem sie ihren Kummer und ihre Sorgen anvertrauen kann. Es ist doch zurzeit alles nicht einfach für sie.«
Sie hatte gehofft, Niall mit diesen Worten zu beschwichtigen, aber nun verfärbte sich sein Gesicht von Kreideweiß zu tiefer Zornesröte. »Sie ist noch ein Kind, und ich wünsche nicht, dass sie sich Tag und Nacht in ihrem Zimmer vergräbt, um Tagebuch zu schreiben. Ich weiß doch, wohin das führt. Das ist nicht gesund.« Nialls Stimme war jetzt so laut geworden, dass einige vornehme Damen sich neugierig umwandten.
»Niall, es ist ein leeres Buch, in dem sie ihre ureigensten Gedanken niederschreiben kann.«
»Ich will nicht, dass du es ihr gibst. Hörst du? Und nun kein Wort mehr!«
Lili war den Tränen nahe. Das war
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