Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Munzinger Pascha

Munzinger Pascha

Titel: Munzinger Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Capus
Vom Netzwerk:
Glückspilz. Außerdem mußt du deinem Schwiegervater sechs junge Kühe, drei Ballen Baumwollstoff und eine Wolldecke schicken. Schwiegermama erhält drei Maß Getreide nebst vier silbernen Armbändern. Laß mich nur machen, ich kaufe das alles für dich ein. Du machst dich unterdessen schön.«
    Das Kind hört irgendwann zu schreien auf, die |113| Frauen arbeiten den ganzen Tag, die zwei streitenden Männer werden bis zum Abend nicht einig. Aber bevor die Sonne untergeht, kommt der Mönch zu Werners Haus zurück, und ausnahmsweise hüpft und springt er nicht, sondern wankt unter der schweren Last eines ganz in weiße Tücher gehüllten Bündels. Als er stolpert, lacht das Bündel. Werner kennt dieses Lachen.
    Er übernimmt das weiße Bündel und trägt es ins Haus. Die Tür geht zu, eine blaue Nacht bricht an, und der Rest der Menschheit muß draußen bleiben. Denn die Tradition der Bogos will, daß das Brautpaar einen vollen Monat ungestört im ehelichen Heim bleibt und nie aus dem Haus geht. So weiß kein Mensch, was zu jener Zeit im Steinhaus geschieht. Aber immerhin könnte es sein, daß sich im Licht des Vollmondes ein neugieriger Schatten durch Werners Garten schleicht und die Brautleute belauscht.
    »Glaubst du, daß wir jetzt gerade unser erstes Kind gemacht haben?«
    »Was bist du dumm. Sind alle weißen Männer so dumm?«
    »Wieso?«
    »Hast du schon einmal ein Baby gesehen? Das ist eine komplizierte Sache   – so etwas macht man nicht auf die Schnelle an einem Abend.«
    »Ach?«
    »Nein, das solltest du wissen. Wie alt bist du eigentlich?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Da sollte ein Mann wissen, wie man Kinder macht.«
    |114| »Dann sag mir: Was haben wir jetzt gerade gemacht?«
    »Jetzt haben wir die Nase des Babys gemacht. Eine hübsche Nase, ich fühle sie in meinem Bauch. Aber es bleibt eine Menge Arbeit: zehn Fingerchen mit diesen winzigen Fingernägeln, zehn Zehen, zwei Ärmchen und zwei Beinchen, Bauch, Hals und Kopf, Augen, Ohren, Mund und Zähne, Zunge, Lunge, Magen . . . gut, daß wir neun Monate Zeit haben. Sonst würde ich womöglich ein halbfertiges Baby zur Welt bringen.«
    »Da müssen wir aufpassen. Die Nase ist gut geraten, sagst du?«
    »Eine wunderschöne Nase.«
    »Was ist als nächstes dran?« »Der Mund.«
    »Das Mündchen?«
    »Ein prächtiges kleines Schmollmündchen . . .«
    Schon am nächsten Morgen nisten im Strohdach über Werners still gewordenem Haus die Tauben. Der Vorplatz ist nach einer Woche übersät mit Ziegenmist und abgenagten Knochen, und dicke Spinnweben verwehren den Zutritt. Die Nachbarn werfen im Vorbeigehen heitere Blicke auf das verwahrloste Haus. Der hüpfende Mönch kommt jeden Abend in der Dämmerung, legt eine Schale Reis, ein gebratenes Hähnchen oder ein paar Datteln vor die Tür, segnet hastig das Haus und verschwindet in Richtung Zad’amba.

|115| 21
    Am Morgen des einunddreißigsten Tages verläßt Werner Munzinger das Brautgemach und tritt hinaus auf den Hof. Oulette-Mariam gesellt sich zu ihm. Unter halbgeschlossenen Lidern sieht sie auf ihren Mann hinunter, der an der Feuerstelle kniet und Holz aufschichtet, das Reisig unten und dickere Äste obendrauf.
    »Du kannst kein Feuer machen, Werner Munzinger.«
    »Natürlich kann ich das.«
    »Du kannst kein Feuer machen.«
    »Wirst gleich sehen, wie mein Feuer brennt.«
    »Das meine ich nicht. Du
solltest
kein Feuer machen.«
    »Frauensache? Bitte!« Werner tritt zur Seite, um seiner Frau die Feuerstelle zu überlassen.
    »Auch ich sollte kein Feuer machen. Wir brauchen Dienstpersonal. Zwei Mägde für mich und zwei Diener für dich.«
    »Das kommt nicht in Frage. Mein Feuer zünde ich selbst an.«
    »Du bist dumm. Wer so viele Silbertaler hat wie du, kann nicht leben ohne Dienstpersonal.«
    »Ich kann!«
    »Du würdest schlecht leben. Du hättest im ganzen Bogos-Land keinen Freund mehr. Alle würden denken, |116| daß du geizig bist und dich nicht von deinen Silbertalern trennen kannst. Die Leute wissen genau, wieviel du mit deinen Handelsgeschäften verdienst. Zwei Mägde und zwei Diener sind das mindeste. Auf lange Sicht am günstigsten wäre es allerdings, Sklaven zu kaufen.«
    »Das kommt erst recht nicht in Frage.«
    Oulette grinst und zeigt ihre großen, weißen Zähne. »Wie du meinst. Dann nehmen wir Bedienstete.«
    Werner macht einen letzten Versuch. »Das Haus ist zu klein. Die zwei Räume brauchen wir für uns.«
    »Wir bauen zwei Hütten entlang der Hofmauer. Laß mich nur machen. Nimm dein

Weitere Kostenlose Bücher