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Munzinger Pascha

Munzinger Pascha

Titel: Munzinger Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Capus
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glaubten von neuem ein Rhinozeros zu finden, schlichen uns näher, wurden aber bald enttäuscht; es waren nur zwei wilde Rinder. Ich näherte mich bis vielleicht auf zweihundertfünfzig Schritte und schoß. Darauf fielen gleich beide Tiere um, da sie hintereinander gestanden hatten. Die Kugel hatte das voranstehende durchbohrt und das hintere leicht verletzt, so daß es noch entfliehen konnte.
    Wir brachten nun den Tag damit zu, das Rind zu zerlegen und das Fleisch in lange schmale Streifen zu schneiden, die, wenn sie in der Sonne und Luft getrocknet sind, viele Monate sich halten, ohne zu verderben. Nach einer üppigen Mahlzeit legten wir uns in den Schatten der drei immergrünen Bäume, die ein dichtes Schattendach über die Quelle spannten.
    |120| Es war ein wahrer Feiertag. Den zivilisierten Menschen in seinen steifen Kleidern und Manieren ergreift in seinem unruhigen Treiben oft ein Sehnen nach der alten, einfachen Zeit, wo man auf Äußerlichkeiten einen geringen Wert legte und eine faule, behagliche Armut den oft sehr trügerischen Genüssen einer nie zufriedenen Zivilisation vorzog. Der noch nicht verrostete Europäer gewöhnt sich sehr leicht an die Sitten wilder Völker und gefällt sich darin, weil diese Barbaren natürlicher sind und sich das Leben noch behagen lassen, während ein Wilder, nach Europa verpflanzt, sich nie wohl fühlen wird, gleich einer tropischen Pflanze, die in einen botanischen Garten verbannt ist. Das Interesse, das uns die Reisebeschreibungen aus Afrika und Amerika, das uns Romane aus dem Leben der Wilden einflößen, hat denselben Grund. Die Schilderung einfacher, natürlicher Sitten und Gefühle erinnert uns an das verlorene Paradies; wir fühlen, daß wir mit aller Kultur zu weit gegangen sind; das Äußerliche hat das Innerliche ersetzt, die Höflichkeit ist an die Stelle der Freundschaft getreten, die Materie an jene des Geistes. Dies waren ungefähr die Gedanken, die sich mir an jener Quelle aufdrängten. Ich streckte mich faul auf dem Rasen aus, hing ihnen nach, und der Traum meiner Jugend war wenigstens für einen Tag erfüllt. Mich umgaben unzivilisierte Menschen, keine Engel, aber Naturkinder, deren Laster sich noch unter die Zehn Gebote bringen lassen; ich befand mich in einer fast nie beschrittenen, nur von wilden Tieren |121| bewohnten Wildnis; auf einer Jagd, wo die Gefahr den Reiz erhöht.
    Gegen Abend errichteten wir unser Nachtlager. Wir bauten einen soliden Zaun aus den Ästen des Dornenbaumes, häuften eine große Menge dürren Holzes auf und zündeten zwei Feuer an. Niemand dachte an Schlaf, und wirklich war es kaum Nacht, als von ferne zwei Löwen im Duett zu brüllen anfingen. Die Feuer loderten frisch angezündet zum Himmel empor, die Gewehre wurden sorgfältig nachgesehen. Die Löwen näherten sich immer mehr und kamen endlich zum Wasser, wo sie von neuem ihr Gebrüll anfingen, das von ferne majestätisch, von nah ziemlich gemein tönt. Sie näherten sich mehrmals unserer Umzäunung, jedoch ohne sie anzugreifen. Löwen sind leicht zu verscheuchen, wenn man ein brennendes Holzscheit nach ihnen wirft oder sie mit der Steinschleuder trifft. Endlich ging der Mond auf; die zwei Löwen schienen sich entfernt zu haben, während ein dritter die ganze Nacht sich um die Quellen herumtrieb. Es schien uns gegen Mitternacht, als wenn er sich auf etwas gestürzt habe; wir hörten ein Schnauben, einen unterdrückten Schrei und dann eine ununterbrochene Stille. Der Morgenstern fand uns wachend neben unseren halberloschenen Feuern.
    Im Licht des Morgens fanden wir etwa hundert Schritt von der Quelle entfernt die Reste eines Rinds, das der Löwe in der Nacht getötet und gefressen hatte. Von dem ganzen Tiere waren nur die Haut und die zwei Vorderbeine übrig.
    |122| Während der eine Diener das Frühstück bereitete, streifte ich mit dem anderen zwischen den Steinblöcken und Dornen am Saum des Berges entlang in der Hoffnung, vielleicht auf ein weidendes Nashorn zu stoßen. Wir waren schon auf dem Rückweg und dachten ans Frühstück, als uns ein tragikomisches Abenteuer zustieß, das uns teuer hätte zu stehen kommen können. Die Felsenwände über der Quelle nämlich sind belebt von Tausenden von mittelgroßen Affen, die diese Gegend als ihr Revier betrachten. Wir waren wohl noch fünf Minuten davon entfernt, als wir bemerkten, daß die ganze Affenschaft ein scheußliches Gebrumme anfing. Wir sahen wohl, daß es uns galt. Hat der Affe Angst, so schreit er; ist er zornig, so

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