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Munzinger Pascha

Munzinger Pascha

Titel: Munzinger Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Capus
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Mit einer Karte der nördlichen Grenzländer Abessiniens und einem Vorwort von J.   M.   Ziegler.« Zwischen den Buchseiten stecken Zeitungsausschnitte aus dem ›Oltner Wochenblatt‹: »Werner Munzinger aus Olten hat wieder von sich hören lassen«, und der ›Neuen Zürcher Zeitung‹: »Unser junger Landsmann ist ganz dazu angetan, in die Fußstapfen der Erdforscher und Weltumsegler ersten Ranges zu treten und mehr und mehr die Augen von Europa auf sich zu ziehen.«
    An jenem Morgen hat der Kurier noch mehr Post aus Massaua gebracht. Weiß auf rotem Grund prangt ein Schweizerkreuz auf dem Umschlag, darunter steht »Schweizerische Eidgenossenschaft. Bundesrat«. Werner zieht seinen Dolch und schlitzt den Umschlag auf:
     
    . . . beauftragt Sie der Bundesrat hiermit, an der deutschen Expedition zur Auffindung des verschollenen Dr.   Eduard Vogel teilzunehmen. Sie reisen als Vertreter der
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Schweizerischen Eidgenossenschaft und erhalten zu diesem Behufe aus der Bundeskasse einen Kredit von
5000
,– sFr. Während der Expedition stellen Sie völkerkundliche und geographische Forschungen an und ergänzen die Sammlungen des Polytechnikums. Die schweizerische Landesregierung wünscht Ihnen . . .
     
    28.   Oktober 1861, Ende der Regenzeit. Die Expedition bricht von Keren auf. Vorerst führt der Weg auf der bekannten Karawanenstraße ins abessinische Hochgebirge. Werner Munzinger reitet auf seinem Maultier voran, hinter ihm der deutsche Geograph Doktor Theodor Kinzelbach, gefolgt von sieben Dienern zu Fuß und ebenso vielen Maultieren, die schwer mit Mehl, Reis, Kaffee, rotem Pfeffer und wissenschaftlichen Instrumenten beladen sind. Nach wenigen Tagen verläßt der Trupp die Karawanenstraße und zieht westwärts gegen Wadai, wo sich vor fünf Jahren die Spur des unglücklichen Doktor Eduard Vogel verloren hat. Der Weg ist übersät mit dem Geröll eines längst zerfallenen Gebirges und überwachsen von stahlhartem Dornengesträuch, dessen Stacheln sich tief in die wundgescheuerten Hufe der Maultiere bohren. Ganze Tage müssen Kinzelbach und Munzinger zu Fuß gehen und die Tiere mühsam im Zaum halten. Mal führt der Weg über Hochplateaus in zweitausend Metern Höhe, dann stürzt er ab in schreckliche Schluchten, überquert tückische Flüsse, um am anderen Ufer qualvoll wieder himmelan zu steigen. Und jeden Tag zeichnen die beiden Forscher an ihrer Landkarte und füllen in enger, platzsparender Schrift die Seiten ihrer kleinformatigen Tagebücher. |140| Eines Abends wird die Karawane beim Abstieg in ein Tal von der Dämmerung überrascht.
     
    In der Hoffnung, auf ein Dorf zu stoßen, eilen wir das Tal hinunter; die Aussicht auf ein freundliches Lagerfeuer und eine heiße Milch spornt unsere Schritte an. Den Dienern vorauseilend, komme ich mit Hrn. Kinzelbach im Tal an und erblicke zur Linken Lagerfeuer. Wir stolpern über Stockund Stein in der sehr finsteren Nacht. Das Licht läuft vor uns her; wir rufen unsere Gefährten mit Flintenschüssen und haben kaum noch drei und nicht sehr sichere Schüsse, als wir neben dem hohen Lagerzaun ankommen. Da wir weder Tür noch Tor sehen, rufen wir, aber die Hirten, durch das Schießen erschreckt, halten uns für abessinische Soldaten und bedeuten uns, uns schnell fortzumachen. Ein Wort gibt das andere; die Leute des Dorfes, die einen Trupp Soldaten vor sich zu haben meinen, öffnen plötzlich den Zaun und dringen mit wildem Kriegsgeschrei auf uns ein. Die Lanzen blitzen in der Nacht. Ich sehe die Gefahr und bitte Kinzelbach, sein Gewehr bereitzuhalten, da in keinem Fall Flucht etwas nütze; ich ziehe meinen Revolver aus dem Halfter; aber da ich als alter Bewohner des Landes wohl weiß, daß viele Hunde des Hasen Tod sind und Feuerwaffen in der Regenzeit auch den Dienst versagen können; da ich bedenke, daß es hier zu Land fast ebenso mißlich ist, zu töten als getötet zu werden, stecke ich die Waffe wieder an ihren Platz und trete, meine Nilpeitsche in der Hand, in die Mitte der tobenden Hirten. Ich fasse den ersten besten, der mir ein bejahrter Mann zu sein scheint, und frage ihn, was sie zu dieser Handlungsweise
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bringe. Auf mein Zureden besänftigt sich der Haufen; ich beklage mich über die verweigerte Gastfreundschaft. Die Leute erwidern, sie hätten uns für Soldaten gehalten; schon gestern seien sie von solchen übel zugerichtet worden; sie bitten, die Sache nicht übelzunehmen und jetzt mit ihnen zu übernachten. Da aber die Gastfreundschaft einmal

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