Murder in the night - Mord bei Nacht
wäre die Farm in der Zeit sicher völlig heruntergekommen. Trotzdem war Helvellyn wohl so eine Art Anker für Derek, hierher ging er zurück, wenn er Ruhe brauchte, nachdenken musste.”
“Und dann kam der Unfall?”
Caro nickte. “Ja, plötzlich war die Farm unsere Haupteinnahmequelle. Wir waren darauf angewiesen, dass sie lief. Also entschieden wir uns, es mit biologischer Landwirtschaft zu versuchen. Alle unsere Rücklagen stecken in der Farm.”
“Was ist mit Thomas?”
“Du willst wissen, ob er Derek genug gehasst hat, um ihn umzubringen? Thomas war sein Leben lang Farmer, und für ihn muss es unbegreiflich gewesen sein, dass Helvellyn Farm nicht das Wichtigste in Dereks Leben war. Eine Zeit lang haben wir davon geträumt, nach Dereks Karriereende einen eigenen Trainingsstall in der Nähe von London zu eröffnen. Liz hätte nicht zugelassen, dass Helvellyn Farm in fremde Hände fällt, das wäre für Thomas die Chance gewesen, endlich doch noch zu bekommen, was er immer schon wollte.”
“Dann muss er ziemlich enttäuscht gewesen sein, als ihr euch entschlossen habt, hierher zu ziehen?”
“Enttäuscht? Vermutlich hat er geschäumt vor Wut.” Ein freudloses Lächeln huschte über Carolines Lippen. “Aber Dereks Tod ändert an Thomas’ Situation gar nichts. Derek hat dafür gesorgt, dass die Farm nach seinem Tod an mich fällt.”
“Thomas geht also leer aus?”
Caroline nickte. “Die beiden standen sich nicht wirklich nahe, aber ich glaube fast, dass Thomas die ständigen Reibereien mit Derek fehlen werden. Außerdem schwört Emma, dass Thomas die Nacht völlig betrunken in seinem Bett verbracht hat.”
“Glaubst du ihr?”
“Du nicht?” Caroline zuckte die Schultern, und Sarah, die sich ziemlich sicher war, dass Emma für ihren Mann das Blaue vom Himmel herunterlügen würde, zog es vor, das Thema zu wechseln.
“Hatte Derek andere Feinde?”
“Er war kein einfacher Mensch. Er konnte charmant und überheblich in derselben Sekunde sein. Ich bin sicher, er hat sich bei seinen Reiterkollegen nicht immer beliebt gemacht. Trotzdem waren alle von seinem Unfall betroffen, das hat eine Menge alte Rivalitäten vergessen gemacht.”
“Was ist mit den anderen Hundezüchtern?”
“Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Natürlich gab es da Rivalitäten, aber dass jemand ihm deshalb den Tod wünschen würde ...” Caroline schluckte und wischte sich mit der Hand über die Augen.
“Und die Farmer in der Nachbarschaft? Ärger oder Neider?”
“Neid?” Caro lachte bitter. “Die Farm ist ein Zuschussgeschäft. Wusstest du, dass die Böden drei Jahre frei von chemischen Düngern sein müssen, ehe man eine offizielle Anerkennung als Biohof bekommt? Wir wussten, dass die Umstellung Zeit braucht, aber langsam ging uns das Geld aus. Der Umbau der Cottages zu Ferienwohnungen war eine verzweifelte Maßnahme, unsere Unkosten hereinzubekommen. Wir haben alles selbst gemacht, um Geld zu sparen. Und jetzt soll alles umsonst gewesen sein?”
“Ein Gutes hat es jedenfalls, dass du gestern Nacht nicht auf der Farm warst. Wenigstens kann dich niemand verdächtigen, etwas mit Dereks Tod zu tun zu haben.” Der Versuch, ihrer Stimme einen festen Ton zu geben, misslang. Sie wussten beide, wie ernst es war. Schließlich hatte niemand ein besseres Motiv als Caroline, den untreuen Ehemann und seine Geliebte zur Hölle zu wünschen.
Sixteen
“Sieh dir bloß dieses Foto an. Julia hat es bei der Schafschur von mir gemacht. Ich weiß gar nicht, wer unglücklicher aussieht, das Schaf oder ich.” Sarah rückte ihren Laptop zurecht. “Weißt du noch, wie ich früher mit Papa die entwickelten Abzüge auf der Wäscheleine getrocknet habe?”, fuhr sie mit gespielter Heiterkeit fort.
“Den Geruch nach Chemikalien werde ich nie vergessen.” Caroline hatte ihre Strickjacke eng um den Körper gewickelt, als friere sie. Ihr Gesicht war angespannt.
“Das sind die Bilder, die ich auf der Zugfahrt gemacht habe. Der Bahnhof von Windermere.”
“Ist das nicht Emma da vorne?” Caroline beugte sich vor und zum ersten Mal sah Sarah einen Funken von Interesse in ihren Augen. “Ich wusste gar nicht, dass sie dich abgeholt hat.”
“Hat sie auch nicht.” Sarah lächelte. “Ulkig, dass du das sagst; ich habe auch kurz gedacht, das wäre Emma, als ich die Bilder vor drei oder vier Tagen zum ersten Mal gesehen habe. Aber das kann nicht sein, die Fotos habe ich auf der Zugfahrt gemacht. In – wie heißt noch mal
Weitere Kostenlose Bücher