Murray, Paul
das
stimmt«, sagte ich in geschäftsmäßigem Tonfall, der meine Antwort vielleicht
als Erklärung durchgehen lassen würde.
»Es sieht
ganz so aus, als hätten wir schon länger versucht, mit Ihnen in Kontakt zu
treten«, fuhr er fort, ohne den Blick vom Schirm abzuwenden. »Haben Sie unsere
Briefe bezüglich rechtlicher Schritte nicht erhalten?«
Er bemühte
sich weiter um einen freundlichen Ton, aber ich spürte, dass er gekränkt war -
als hätte ich ihn absichtlich in die Irre geführt. Ich erläuterte ihm, dass die
Briefe fälschlicherweise in der Küchenschublade abgelegt worden seien, was ihn
aber auch nicht sonderlich zu beeindrucken schien.
»Die
Küchenschublade«, sagte er zu sich selbst und mühte sich, die Worte zu
verstehen.
»Also, da
ist alles Mögliche drin«, präzisierte ich meine Erläuterung. »Reißnägel,
Tesafilm, so was halt.«
»Sicher«,
sagte er, verschränkte die Hände auf seiner Schädeldecke und lehnte sich auf
seinem Stuhl zurück. Ich kam mir ziemlich minderbemittelt vor. »Das kann
natürlich jedem passieren, Charles. Das ändert aber nichts an der Tatsache,
dass wir hier ein kleines Problem haben.«
»Ach ja?«
»Ja. Außer
natürlich, Sie sagen mir jetzt, dass Sie in Ihrer Brieftasche folgende Summe
bei sich tragen.« Mit einem spaßigen Lacher nannte er die Summe. »Ha, ha.« Aber
seine Augen flehten mich an, ich solle ihm wenigstens etwas anbieten,
ich solle nicht wegen einer so öden, profanen Schuld unsere so prächtig knospende
Freundschaft aufgeben. Mein Mut sank noch etwas tiefer. Zufälligerweise ähnelte
die von ihm genannte Ziffer der Summe, die ich diesen Frühling, als ich mit
Pongo, Patsy und Hoyland Maffey einen Tag auf irgendeiner Yacht weilte, beim
Bakkarat verloren hatte. Wie unwesentlich sie mir damals in der siedenden
Atmosphäre unter Deck erschienen war. Damals schien es nebensächlich zu sein,
ob ich gewann oder verlor, nach zu vielen Kahluas und mit Patsy am Arm - das
heißt, wenn sie nicht gerade draußen war und mit Hoyland irgendein kindisches
Versteckspiel spielte; sie klammerte sich an meinen Ellbogen und lachte und
feuerte mich an, während kleine Perlenohrringe schimmernd unter ihrem
ebenholzschwarzen Bubikopf hervorlugten; im Licht, das durch das
Panoramafenster hereinflutete, sahen die Karten alle gleich aus, sie lächelten
mich an, und der Croupier harkte wieder einen Stapel Chips vom Tisch...
»Es muss
doch irgendwas geben, das wir tun können«, sagte ich.
Der
Bankangestellte kaute pessimistisch an seinem Kugelschreiber. »Ich weiß nicht
was, Charles«, sagte er. »Wirklich nicht.«
»Die
Familie hat Vermögen, ich meine, es ist nicht so, dass wir unsere letzten
Pennys zusammenkratzen müssen. Könnten wir diese vorübergehende Geschichte
nicht mit einem ... einem Darlehen oder einem Zahlungsaufschub oder so regeln?
Wenigstens so lange, bis ich mit dem Steuerberater meines Vaters gesprochen
habe, und der kann dann ja die nötige Summe von unseren Anteilen abzweigen...«
Der
Bankangestellte schaute mich mit einem schmalen gequälten Lächeln an. Er
wusste, dass ich keine Ahnung hatte, wovon ich sprach. »Charles«, sagte er.
»Das ist ja alles gut und schön, ich würde das liebend gern für Sie
arrangieren. Und wenn ich persönlich zu entscheiden hätte, Charles, ja, Sie
haben Recht, genau das würde ich tun, einen Zahlungsaufschub vereinbaren. Aber
sehen Sie, ich muss auch die Interessen der Bank im Auge behalten.« Er schaute
mir ernst in die Augen und hoffte, ich würde das verstehen. »Die Schuld ist
jetzt schon so alt, und die Summe ist so groß - ich persönlich glaube Ihnen ja,
dass Sie das schaffen, aber die Zahlen ... die Zahlen sprechen dagegen. Ich
werde mich gern um die Angelegenheit kümmern, Charles, aber ich muss sicherstellen,
dass dabei auch die Bank auf ihre Kosten kommt.«
Ich
schluckte und schaute ihn hilflos an. Traute er mir nicht? Hielt er uns für
eine hinterhältige Horde von Hochstaplern, die versuchen würde, die
Gutherzigkeit seiner Bank auszunutzen? In einem lächerlich winzigen Spiegel,
der neben der Plastiktopfpflanze hing, sah ich zwei ringende Hände und fragte
mich verwundert, wem die gehörten und was die da machten.
»Die Sache
ist die, Charles ... die Hypothek, so wie ich das hier sehe, kommt mir etwas unregelmäßig vor. Das ist es, was mir Sorgen macht.« Der Kugelschreiber landete
wieder in seinem Mund.
»Ach ja?«, sagte ich und fuhr mir
beunruhigt über die Stirn.
»Ja.
Normalerweise,
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