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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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Feuerzeug, ich geh jetzt
die...«
    »Da ... da
steht jemand...«
    »Das ist
wahrscheinlich bloß ein Baum oder so.« Ich packte Laura an den Schultern,
drehte sie um und schob sie vom Fenster weg. »Wie wär's, wenn du mitkommst und
mir beim Kerzensuchen hilfst?«
    »Okay.« Sie
folgte mir gehorsam in die Halle. »O mein Gott, Charles, ist das deine Hand?«
    »Ja,
entschuldige.« Offenkundig war sie nicht darauf erpicht, gezwickt zu werden.
    Die Küche
war leer. Laura lehnte am Tisch, während ich zahllose Schubladen durchsuchte.
»Wie lange sind Christabel und Frank schon zusammen?«

»Weiß
nicht. Hältst du mal eben das Feuerzeug. Pass auf, heiß. Einen Monat oder so.«
    »Und? Ist
es was Ernstes?«
    »Jedenfalls suchen sie eine
Wohnung zusammen.«
    »Oh«, sagte sie nachdenklich.
    Ich ging
in die Hocke und setzte die Suche im Schrank unter der Spüle fort. In dem
schwummrigen Licht wühlte ich zwischen Topfschwämmen, seltsam geformten
Bürsten, harten Plastikflaschen mit Bleich- und Waschmitteln, Landkarten, in
Frankreich, Deutschland, Slowenien abgestempelten Briefen ... Moment mal!
    Landkarten?
Briefe? Und dann fielen mir die Kerzen in die Hände, sodass ich die Klärung
dieses Rätsels auf später verschieben musste. »Hier, nimm.« Dann zündete ich
meine Kerze an ihrer an und eilte ihr voraus zurück Richtung Speisezimmer. Gut
möglich, dachte ich, dass sich der Stromausfall im Nachhinein als Glücksfall
erweisen könnte. Laura konnte ihre Bestandsaufnahme nicht mehr fortsetzen und
würde sicher bald nach Hause gehen. Für Frank wäre die Dunkelheit nur noch ein
zusätzlicher Anreiz zum Zuschlagen, weshalb man unbedingt die Kerzen aufstellen
und das Zimmer räumen musste - und zwar pronto. »Äh ... Charles, hast du
eigentlich einen Job, oder... ?« Im Schein des Kerzenlichts hüpfte ihr Gesicht
artig auf mich zu. »Was?«
    »In so
einem Haus zu leben, muss wahnsinnig interessant sein.«
    »Oh...«
Bildete ich mir das nur ein, oder hörte ich da eine Veränderung im Tonfall
heraus, eine geneigte Aufmerksamkeit, die vor wenigen Augenblicken noch nicht
da gewesen war? »O ja, es ist schon interessant, sicher, es kann aber auch sehr
strapaziös sein.«
    »Oh,
entschuldige«, sagte sie, als ihre schlenkernde Hand die meine streifte.
    »Schon
gut. Ist doch genau wie in dieser einen Szene aus La Dolce
Vita. Was meinst du?«
    »Hmm, ja,
ich hab gerade gedacht, dass...«
    Wie auf
Stichwort drang von irgendwo über uns ein dumpfes Stöhnen nach unten. Laura
packte meinen Arm.
    »Wer ist
da?«, rief eine krächzende Stimme. »Wer geht da unten?«
    »Wir
sind's nur«, rief ich nach oben, während Laura sich an mich drückte. »Laura und
ich.«
    »Wer ist
das?«, flüsterte Laura. Der fette Geruch von Wein und Rigbert's stieg mir in
die Nase.
    »Mrs P.«
Eine Stufe nach der anderen knarzte träge. Mrs P tauchte am Treppengeländer
auf. Im Halbdunkel war schemenhaft ein langes weißes Nachthemd zu erkennen.
    »Stromausfall«,
sagte ich. »Wir haben die Kerzen gefunden, Sie brauchen nicht extra
runterzukommen.« Das regelmäßige Knarzen hörte nicht auf. Lauras Finger
umklammerten meinen Arm fester. »Weißt du was?«, sagte ich leise. »Warum gehst
du nicht schon mal vor ins Speisezimmer? Ich komm nach, wenn ich sie wieder im
Bett habe.«
    Laura
zögerte eine Sekunde und starrte noch einmal die weiße Gestalt an. Dann ließ
sie meinen Arm los und stürzte davon in die Dunkelheit. »Nun denn«, sagte ich
an Mrs P gewandt. »Wie Sie wissen, haben wir Gäste, und ich bezweifle, ob es
passend ist, dass Sie hier im Nachthemd herumwandern...«
    »Was ist
passiert?«, fragte sie. »Was passiert mit unserem Haus?«
    »Ein
Stromausfall, das habe ich doch gerade gesagt.« Allmählich ging sie mir auf
Nerven. »Wenn Sie eine Kerze wollen, bitte, wenn nicht, auch gut. Ich glaube,
Sie sollten dann wieder in Ihr Zimmer gehen. Nun ja, um ehrlich zu sein, Sie
können einem schon etwas Angst einjagen.« Das offene Haar fiel ihr wirr über
den Rücken, das altmodische Nachthemd hatte an Ärmeln und Kragen Knöpfe. Sie
stand jetzt so nah vor mir, dass mir ihre glasigen Augen auffielen. »Mrs P...«
    Sie ging
die letzten paar Stufen hinunter, wobei sie sich mit einer Hand am Geländer
festhielt. Sie murmelte vor sich hin und schaute mich dann ernst an. »Sie
kommen, sie kommen zurück. So fängt es immer an.«
    »Was fängt
so an? Wo gehen Sie hin?«
    Sie war
jetzt unten angekommen, ging ohne innezuhalten an mir vorbei, bog dann

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