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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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angewidert auf den blendend weißen Kragen
des Automators. Das hier ist nicht die erste unverhoffte Unterredung dieser
Art; offenbar beinhaltete der von ihm unterschriebene Vertrag eine geheime
Zusatzklausel, wonach er dem Automator künftig als Vertrauter und Beichtvater
zur Verfügung zu stehen hat. Er atmet erneut tief durch und sammelt sich, bevor
er spricht. »Tja also, ich weiß es nicht, Greg. Ich weiß nicht, warum es sie
kümmern sollte.«
    »Ich meine, es ist doch nicht so, als - Sie haben doch wohl
niemandem ein Sterbenswörtchen von dem erzählt, was wir hier oben besprochen
haben, oder?« Er fixiert Howard mit zusammengekniffenen Augen, nimmt ihn wie
ein Jäger ins Visier.
    »Ich habe nichts verlauten lassen«, sagt Howard.
    »Na bitte!«, stößt der Automator hervor, als sei es Zweck
der Übung gewesen, Howard als Vollidioten dastehen zu lassen. »Sie sind auf der
falschen Fährte, Howard. Das hier hat nichts mit Juster zu tun. Die Jungs
haben ein kurzes Gedächtnis, diese Sache ist für sie längst Schnee von
gestern.«
    Der Automator hat natürlich recht: Die Jungen wissen
nicht, was vorgefallen ist, wieso sollten sie also darauf reagieren? Und
trotzdem, auch wenn der volle Umfang der Fakten im Zusammenhang mit der
Juster-Episode nur innerhalb dieser vier Wände bekannt geworden ist, kommt es
Howard so vor, als ob der Geist dieser
Fakten sich davon nicht hat aufhalten lassen, sondern wie Giftgas über die
Treppen hinunter- und durch die Flure gestrudelt und langsam bis in die letzte
Ecke und die äußerste Hirnwindung vorgedrungen ist. Rational betrachtet ist es
widersinnig, das weiß er; dennoch bekommt er es jeden Vormittag im Unterricht
zu spüren, schlägt ihm dort dasselbe Dunkel entgegen wie an jenem Tag im Büro
des Direktors.
    Er verkneift es sich wohlweislich, das dem Automator vorzusetzen.
Stattdessen sagt er: »Es gehen Gerüchte um, dass Pater Green ... dass er am Tod
des Jungen nicht ganz unbeteiligt war.«
    Der Automator presst die Lippen aufeinander und wendet
sich halb ab. »Das ist mir bewusst«, sagt er.
»In dem Fall
müsste es für die anderen so aussehen, als säßen wir hier und ließen zu -«
    »Verdammt, Howard, ich sagte, es ist mir bewusst!« Er geht
zum Aquarium, in dem drei neue Fische schwimmen - die »Seabrook-Sondershow«,
wie der Automator sie nennt, große, blaugoldene Importe aus Japan. »Jerome
Green hat uns keinen Gefallen damit getan, dass er so Knall auf Fall gekündigt
hat. Ich weiß, was das für einen Eindruck macht. Aber ich kann mich dazu
natürlich nicht äußern, sonst mache ich alles noch schlimmer. Und ich kann mir
Jerome nicht vom Hals schaffen, so gern ich das täte.«
    »Vielleicht würde es schon helfen, wenn die Schule etwas
mehr Anteilnahme anjusters ... an seinem Tod bezeugt.«
    »Anteilnahme?«, wiederholt der Automator, als hätte Howard
plötzlich zu Suaheli gewechselt.
    »Wenn deutlich wird, dass es uns nicht gleichgültig ist.
Dass wir es nicht einfach unter den Teppich kehren.«
    » Selbstverständlich ist es uns nicht gleichgültig,
Howard. Das versteht sich für jedermann von selbst. Was schwebt Ihnen vor,
sollen wir alle in Unterhosen in den Wald gehen, einen Kreis bilden und
flennen? Ein Denkmal für Juster im Schulhof errichten, ja? Herr im Himmel,
reicht es denn nicht, dass dieser Bengel uns unser ganzes denkwürdiges Jahr
ruiniert hat? Dass wir seinetwegen das Konzert zum 140-jährigen Jubiläum
abblasen müssen? Jetzt sollen wir alle auch noch bis Juni heulen und klagen?«
    Howard erwidert seinen Blick und bewahrt Haltung. »Vielleicht
ist es eine Frage des Ethos«, sagt er trocken.
    Der Automator funkelt ihn an, wendet sich dann ab und
schiebt ein paar Blätter auf seinem Schreibtisch hin und her. »Alles gut und
schön, Howard, aber ich habe eine Schule zu leiten. Wir müssen uns etwas
ausdenken, wie wir die Moral heben, den Laden wieder in Schwung ...« Er
verstummt; ein frischer Funke blitzt in seinen Augen auf. »Augenblick. Einen
Augenblick mal.«
    Am selben Nachmittag verkündet der Automator dem eigens
dafür einberufenen Jahrgang der Achten, dass das - nach dem jüngsten,
tragischen Geschehen auf Eis gelegte - Konzert anlässlich der 140-Jahr-Feier
nun doch stattfinden wird. Zum Zeichen des Respekts und im Geiste der
Erinnerung jedoch soll nunmehr ein Anteil aus dem Erlös der Veranstaltung der
Sanierung von Daniel Justers geliebtem Schwimmbecken zugute kommen.
    »Eigentlich war es Howards Idee«, erläutert der

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